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Merken   Drucken   06.07.2012, 14:00 Schriftgröße: AAA

Bankenaufsicht: Getrennt marschiert, vereint geschlagen

Kommentar Engstirniger Nationalismus beherrscht die Euro-Zone. Es scheitern schon Personalabsprachen der Regierungen. Wie soll da eine gemeinsame Bankenaufsicht funktionieren? von Melvyn Krauss
Melvyn Krauss ist emeritierter Wirtschaftsprofessor an der New York University.

Die "Club Med"-Länder Frankreich, Italien und Spanien haben eine wirkungsvolle Waffe gegen Deutschland und Bundeskanzlerin Angela Merkel aufgetan: Silvio Berlusconi. Allein der Gedanke, der umstrittene ehemalige Ministerpräsident Italiens könnte an die Macht zurückkehren, scheint beim EU-Gipfel in Brüssel vergangene Woche ausgereicht zu haben, die einstige "Madame Non" zu einer "Frau Warum nicht?" zu machen.
Dass die politische Unterstützung von Italiens Ministerpräsidenten Mario Monti schwindet, während Berlusconi angeblich bereits auf seine Chance lauert, hat das Gipfeltreffen in Brüssel unter das Motto gestellt: "Was Monti will, bekommt Monti auch." Da sag noch einer, die Italiener seien nicht schlau.
Melvyn Krauss   Melvyn Krauss
Merkel-Fürsprecher betonen, die Kanzlerin sei vom "Club Med" nicht aufgemischt worden. Das Ergebnis von Brüssel habe an ihrer Conditio sine qua non - keine Haftung ohne Kontrolle - nichts verändert, aber das Argument überzeugt nicht.
Sollte die EZB eine echte europäische Bankenaufsicht werden, der alle Zahlen vorliegen und die tatsächlich Entscheidungen der Länder aufheben kann, könnten die deutschen Steuerzahler sicher sein, dass deutsche Kontrolle und deutsche Steuergelder Hand in Hand gehen. Dann wäre Merkel rehabilitiert.
Aber in Brüssel beschlossen die Staats- und Regierungschefs einzig, dass die EZB die Bankenaufsicht übernehmen soll - nicht, dass sie Zugang zu sämtlichen Zahlen hat und nationale Regulierer überstimmen kann. Das sind zwei Paar Schuhe.
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Welche Macht die EZB genau hat, muss erst noch beschlossen werden. Die Verhandlungen dürften langwierig und zäh werden. Ein Beispiel: Wird die Bundesbank ohne großen Aufstand zulassen, dass die EZB die finanziell angeschlagenen Landesbanken schließt?
Man sehe sich nur an, wie sich die spanische Regierung bei dem Gipfel in Brüssel benahm. Sie hat in Brüssel einen fantastischen Sieg errungen, indem sie für die Rekapitalisierung ihrer Banken direkten Zugang zum Rettungsschirm EFSF erhielt. Man sollte meinen, die Spanier wären "Europa" dafür dankbar.
Nicht so der spanische Ministerpräsident Mariano Rajoy. Nachdem er die kostbaren Zugeständnisse erhalten hatte - was die Finanzierungskosten Spaniens an den Märkten sofort reduzierte -, zeigte er seine Dankbarkeit, indem er die Personalabsprachen blockierte, auf die sich die Staats- und Regierungschefs nach langen und harten Verhandlungen geeinigt hatten. Danach wäre Jean-Claude Juncker Chef der Euro-Gruppe geworden, Klaus Regling Chef des Rettungsfonds ESM und Yves Mersch EZB-Direktor.
Und warum das Nein? Weil für Spanien kein Job abgefallen ist. Es stimmt, Rajoy zeigte sich undankbar, aber sein Verhalten belegt auch, wie stark der engstirnige Nationalismus heutzutage innerhalb der Euro -Zone ist. Das ist der wahre Skandal, den die Medien erst noch aufgreifen müssen.
Wie kann man von Europas Politikern erwarten, dass sie einer zentralen Einrichtung bei einer wirklich wichtigen Angelegenheit wie der Bankenaufsicht Machtbefugnisse der Länder übertragen, wenn sie aufgrund von engstirnigem Nationalismus und kleingeistigem Karrieredenken nicht einmal Personalentscheidungen treffen können?
Was wird Merkel tun, falls - oder doch eher wenn - sich erweist, dass die EZB eine Bankenaufsicht ohne Biss sein wird? Die "Club Med"-Länder werden gewiss einen anderen Weg finden, sie dann aufzumischen. Oder sie spielen noch einmal die Berlusconi-Karte.
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  • FTD.de, 06.07.2012
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Kommentare
  • 07.07.2012 13:23:01 Uhr   bankomat: Krieg der Finanzsysteme

    Finanzkrise ist noch ein harmloser Ausdruck für den Krieg der US- Großbanken gegen Europa.

    Sowohl die Subprime- Krise 2007 als auch die Lehman- Pleite 2008 gingen von den USA aus und haben beide die Funktion gehabt, die europäischen Finanzreserven wie ein Trojanisches Pferd mit toxischen Papieren zu unterwandern und dann zu plündern. Beide Ursachen sind bewusst vom amerikanisch - jüdischen Bankensystem inszeniert und ausgelöst worden, damit die getarnten toxischen Papiere zwangsweise von den braven Europäern übernommen und dann bezahlt werden müssen. Ein klar inszenierter Krieg, der mit den Waffen der Kreditwirtschaft ausgetragen wird.

    Und nun streiten Europäer untereinander, wer wohl der größere Schuldensünder innerhalb Europas ist ? Statt von Europa aus gemeinsam den Ball an die Verursacher der heimtückisch inszenierten Verschuldungskrise, die in den USA agierenden und von Verbrechern gesteuerten amerikanischen Banken wie Goldman-Sachs, Morgan- Stanley und Co. zurückzuspielen !

    Es wird langsam Zeit, daß unsere amerikahörigen Politiker aufwachen und den USA endlich die rote Karte zeigen !

  • 06.07.2012 20:09:47 Uhr   Alfred: Stimme zu
  • 06.07.2012 19:49:18 Uhr   EinBuerger: Frieden & Solidarität?
  • 06.07.2012 16:22:53 Uhr   Glasauge: Hat man denn...
  • 06.07.2012 14:48:32 Uhr   Markus: Schuldenunion
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