Dabei hat die Übergangsregierung die Teilnahme von Frauen an der Wahl aktiv gefördert. Eine Frauenquote sieht das neue Wahlrecht nicht vor. Aber die Parteilisten, über die 80 Sitze vergeben werden, müssen zur Hälfte mit Frauen besetzt sein, und das nicht nur auf den unteren Rängen.
Alle Kandidatinnen wurden von der libyschen Frauenunion zu einem Seminar eingeladen. "Die Unterstützung, die wir da gespürt haben, gab uns einen echten Schub", sagt Bin Amir, die sonst an Erfolg gewöhnt ist. Das "Forbes"-Magazin setzte sie auf Platz 28 der wichtigsten arabischen Geschäftsfrauen. Jetzt nach der Revolution will sie ihr Können im neu gewählten Nationalkongress einbringen. Und das nicht zuletzt für Frauenrechte: Die stehen auch bei anderen Parteien im Programm. Aber die Partei der Muslimbrüder etwa schränkt ein, dass dies strikt im Rahmen von islamischer Ethik, Werten und Gesetzen zu geschehen habe.
Bin Amir hätte sich mehr Echo gewünscht an diesem Abend. Es war schwierig, einen Saal zu finden. Die Konkurrenz ist groß, und die angefragten Medien zeigten kein Interesse. Der erste libysche Wahlkampf ist Knochenarbeit. Und selbst die Stimmen der Frauen fallen ihr nicht in den Schoß. Im Saal sitzen vor allem gut gebildete, weltoffene Frauen, die genau wissen, was sie wollen. Das ist nicht unbedingt typisch. "Auf dem Land werden viele ihren Mann oder die Söhne fragen, wen sie wählen sollen", sagt eine ältere Teilnehmerin. "Frauen hatten ein behütetes Leben, waren viel im Haus und sind nicht gewohnt, Entscheidungen zu treffen."