Exklusiv
Im Januar soll das Steuerabkommen in Kraft treten, mit dessen Hilfe deutsche Steuersünder ihr Schwarzgeld in der Schweiz legalisieren können. Der erneute Ankauf einer Steuer-CD durch Nordrhein-Westfalen könnte das Abkommen torpedieren.
von Jens BrambuschCherrueix
Das Land Nordrhein-Westfalen geht weiterhin unerbittlich gegen deutsche Steuersünder vor und torpediert damit das deutsch-schweizerische Steuerabkommen. Nach Informationen der FTD hat die Steuerfahndung in Absprache mit dem Finanzministerium in Düsseldorf erneut eine Steuer-CD aus der Schweiz angekauft. Nach Insiderinformationen handelt es dabei um Kundendaten der Zürcher Dependance der Privatbank Coutts, einer Tochter der britischen Royal Bank of Scotland. Die Coutts-Bank gilt als die Hausbank der Queen. Bereits im November hatte die FTD darüber berichtet, dass den Behörden Daten der Coutts-Bank angeboten worden seien.
Nach Informationen des Nachrichtenmagazins "Der Spiegel" könnten darüber hinaus möglicherweise noch weitere Einkäufe folgen. Derzeit würden noch zwei Datenpakete geprüft, hieß es.
Auf dem Datenträger sollen die Namen und Kontenverbindungen von etwa 1000 vermögenden Deutschen registriert sein. Es ist davon auszugehen, dass es um große Summen an hinterzogenen Steuern geht. Die CD soll für 3,5 Mio. Euro angekauft worden sein, eine vergleichsweise hohe Summe. Am Freitagabend war im Finanzministerium in Düsseldorf niemand für eine Stellungnahme zu erreichen.
Mit dem Kauf der neuen Daten-CD torpediert das SPD-geführte NRW das Steuerabkommen mit der Schweiz und brüskiert Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU). Das bereits verabschiedete Abkommen zwischen Bern und Berlin soll im Januar 2013 in Kraft treten. Ein Teil des Abkommens ist der Verzicht Deutschlands, Daten-CDs der Eidgenossen zu erwerben. In Schweizer Medien hatte es geheißen, weitere solche Geschäfte seien für die Regierung in Bern kaum erträglich.
Zudem beweist das Land NRW, dass es gegenüber der Schweiz nicht einknicken wird und sich demonstrativ vor seine Steuerfahnder stellt. Im März 2012 hatte die Bundesanwaltschaft in Bern Haftbefehl gegen drei Beamte aus Wuppertal und Düsseldorf erlassen, die an den Erwerb der Daten-CD von der Credit Suisse beteiligt waren. Die Schweiz wirft den Fahndern "Gehilfenschaft zum wirtschaftlichen Nachrichtendienst sowie Verletzung des Bankgeheimnisses" vor.
Für 2,5 Mio. Euro hatte das Land damals die Daten von 1107 deutschen Kunden gekauft. Hunderte Steuerstrafverfahren wurden daraufhin eingeleitet - darunter gegen Mitarbeiter der Credit Suisse, denen Beihilfe zur Steuerhinterziehung angelastet wurde. Im Herbst 2011 kaufte sich die Bank gegen die Zahlung von 150 Mio. Euro frei. Ein lohnendes Geschäft. Als Retourkutsche erließ die Schweiz den Haftbefehl gegen die Fahnder und stellte ein internationales Rechtshilfeersuchen, auf das die deutschen Behörden allerdings nicht reagierten.
Am 20. März 2012 beklagte die Bundesanwaltschaft der Schweiz dieses Verhalten bereits und verwies auf das Steuerabkommen. In einem Nachtrag zu dem Rechtshilfeersuchen, der der FTD vorliegt, heißt es, dass die Schweiz "aufgrund der gegenseitigen Abkommen zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Bundesrepublik Deutschland doch sehr erstaunt und äußerst verwundert" sei, dass das Ersuchen "bis dahin unbeantwortet" geblieben ist.
Es ist davon auszugehen, dass der neuerliche Kauf von Bankdaten das deutsch-schweizerische Steuerabkommen in Frage stellen wird. Das Abkommen sieht vor, dass in der Schweiz angelegtes Schwarzgeld legalisiert wird. Geplant ist dafür eine einmalige Nachversteuerung. Zudem sollen die Schweizer Institute bei deutschen Kunden künftig eine Abgeltungssteuer erheben. Im Gegenzug sollen die Kontobesitzer anonym bleiben und strafrechtlich nicht mehr belangt werden können.
SPD und Grüne kritisieren das Abkommen. "Die Regelungen sind ein Affront gegen ehrliche Steuerzahler", hatte NRW-Finanzminister Norbert Walter-Borjans bereits Ende vergangenen Jahres gesagt. Straftäter kämen "viel zu billig davon". Mittäter bei der Steuerhinterziehung von gestern würden zu Kontrolleuren für die Steuerzahlung von morgen.
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