Traditionshersteller in der Krise: GM verbannt Opel-Chef Stracke

Der US-Autokonzern GM geht die Sanierung seiner deutschen Tochter mit drastischen Mitteln an. Opel-Chef Stracke muss seinen Posten räumen - um womöglich in Russland zu arbeiten. Schlechte Zahlen und Ideenlosigkeit wurden ihm zum Verhängnis. von Margret Hucko Hamburg und Matthias Ruch New York

Der US-Autobauer General Motors greift bei Opel drastisch durch. Opel-Chef Karl-Friedrich Stracke muss sein Amt mit sofortiger Wirkung aufgeben. Er werde neue "Sonderaufgaben" übernehmen, teilte GM am Donnerstag mit. Nach FTD-Informationen aus Konzernkreisen könnte der 56-Jährige künftig in Russland eingesetzt werden. Kommissarisch wird GM-Strategiechef Steven Girsky die Leitung des Europa-Geschäfts übernehmen. Er führt bereits den Aufsichtsrat von Opel und fällt die wichtigen Entscheidungen im Hintergrund.

Nach FTD-Informationen stehen auch die Vorstände für Entwicklung und Finanzen, Rita Forst und Marc James, zur Disposition. Dazu wollte sich GM auf Nachfrage nicht äußern.

Strackes Weggang macht den jüngsten Planungen von Opel einen Strich durch die Rechnung: Erst Ende Juni hatte der Aufsichtsrat beschlossen, künftig wieder verstärkt über das Kerngeschäft, den Bau von Autos, zu reden. Durch die ständige Sorge, Opel könne in Europa mindestens ein Werk schließen und weitere Arbeitsplätze streichen, wurde das Image der Marke stark beschädigt. Die Zukunft des Werks in Bochum mit mehr als 3000 Beschäftigten gilt über das Jahr 2016 hinaus weiterhin als offen.

Intern wird Stracke bereits seit Monaten wegen angeblicher Ideenlosigkeit kritisiert. Ein für 2011 vorgesehener Wachstumsplan konnte erst Ende Juni 2012 verabschiedet werden. Innerhalb von drei Jahren war Stracke der vierte Opel-Chef. Der 56 Jahre alte Ingenieur hatte das Amt im April 2011 übernommen und war im Januar diesen Jahres zusätzlich zum Präsidenten von GM Europe ernannt worden. "Ich verlasse diese Position im Wissen, dass Opel/Vauxhall in eine gute Zukunft steuert", sagte Stracke am Donnerstag.

Statt der geplanten Rückkehr in die schwarzen Zahlen musste Opel für 2011 einen Verlust von 747 Mio. Dollar melden. Im ersten Quartal 2012 häufte Opel erneut einen operativen Verlust von 256 Mio. Dollar an.

Anteile ausgewählter Marken an den Neuzulassungen in Deutschland

Schlechte Zahlen sollen nun auch einer der Gründe für Strackes Ablösung sein. Am 2. August legt GM die Ergebnisse aus dem ersten Halbjahr vor. Opels Absatz war zuletzt deutlicher geschrumpft als der Markt insgesamt. Von Januar bis Mai setzte Opel gut 369.000 Autos in der EU ab, 15,6 Prozent weniger als im Jahr zuvor. Der Markt schrumpfte um 7,7 Prozent.

GM-Chef Dan Akerson verliere die Geduld mit Opel, hieß es aus Konzernkreisen in Detroit. Die gute Entwicklung in den USA und das Wachstum in Asien würden überschattet von der Misere in Europa, Investoren abgeschreckt. Im Frühjahr war die GM-Aktie über 27 Dollar gestiegen, mittlerweile kostet sie keine 20 Dollar. Am Donnerstag gab sie in New York erneut nach.

Akerson selbst hält sich nach FTD-Informationen derzeit in Deutschland auf. Der Aufsichtsrat von Opel soll nun möglich schnell einberufen werden, um die Nachfolge zu klären.

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Als einer der Kandidaten für Strackes Nachfolge gilt der Restrukturierungsspezialist Thomas Sedran. Der Ex-Alix-Partners-Berater ist erst seit April Strategievorstand bei Opel. Er gilt als Girsky-Vertrauter und treibt mit ihm die Kooperation mit PSA Peugeot Citroën voran. Mit der Hilfe der Franzosen will GM ab 2017 etwa 1,5 Mrd. Euro jährlich einsparen. PSA kündigte Donnerstag den Abbau von 6500 Stellen an. Branchenkenner vermuten, dass auch dieser Vergleich für Stracke negativ ausfiel: PSA hat es trotz Widerständen geschafft, Überkapazitäten abzubauen.

Strackes Ablösung alarmiert auch die Politik. Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier erinnerte ausdrücklich daran, dass ihm Stracke noch im Mai den Erhalt des Opel-Werks Rüsselsheim versichert habe.

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