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Merken   Drucken   08.09.2012, 09:00 Schriftgröße: AAA

Kreative Zerstörung: Brainstorming ist Bockmist

"Gefährliche Ideen" entstehen nicht in kuschliger Runde, schreibt der finnische Innovationsforscher Alf Rehn. Wer etwas radikal Neues will, muss anders suchen von Claus G. Schmalholz
Kreativität ist nett und kuschelig? Von wegen, schreibt Alf Rehn   Kreativität ist nett und kuschelig? Von wegen, schreibt Alf Rehn
Seid ihr alle da? Ja! Und seid ihr auch alle kreativ? Wie in einem Kasperletheater geht es in vielen Unternehmen zu, findet Alf Rehn. Die Botschaft an die Mitarbeiter laute: Du bist kreativ und damit toll. Jetzt führen wir mal einen internen Workshop durch, und anschließend birst der ganze Laden vor Kreativität, vor tollen Ideen und neuen Konzepten.
Kreativität ist harte Arbeit
Quatsch, fährt Rehn harsch dazwischen. Was gemeinhin über Kreativität verbreitet werde, strotze "vor leeren Klischees, Gefasel, Bockmist und Schaumschlägerei". Ja, der Herr Rehn ist ein zorniger Mensch und einer mit einer Botschaft. Sie lautet: Kreativität hat nichts mit Brainstorming oder Mindmapping zu tun. Schon gar nichts mit konsensvernarrten Teamsitzungen. Kreativität sei harte Arbeit - ein mühseliges Ankämpfen gegen die Komfortzone des eigenen Denkens.
Neu und damit querzudenken, schreibt Rehn, das sei nicht jedem gegeben. Und falle niemandem leicht. "Es ist eine Illusion, dass jeder kreativ sein kann." Denn kaum jemand, hat der Managementlehrer an der Universität im ­finnischen Turku festgestellt, mag die Gemütlichkeit des Vertrauten verlassen, mit der Normalität zu brechen. Wo das Unbehagen anfängt, wo Tabus angegangen werden, tut sich oft erst echte Kreativität auf. Was bedeutet: Wer sich auf den Weg macht, muss sich überwinden.
Wer es dennoch wagt und schafft, und anschließend unvertraute, störrische und oft störende Ideen vorbringt, wird von Kollegen und Chefs schräg angeguckt: Spinnt der jetzt komplett?
Mit Kreativitätskultur vom Wettbewerber abheben
Vielleicht. "Die meisten - wenn nicht sogar alle - wirklich kreativen Ideen wurden zunächst mit Skepsis und Furcht aufgenommen", schreibt Rehn. Gleichwohl: Nur wer Vordenkern auf deren Pfaden folge, könne wirklich kreativ sein und Wettbewerber schlagen. Unternehmen, die die gleiche Kreativitätskultur pflegten wie alle anderen, könnten sich dagegen kaum vom Markt absetzen. Wie auch? Wer auf der sicheren Seite bleibt, bekommt das Erwartbare, das Langweilige. Das andere, das sind eben "gefährliche Ideen". So hat Rehn sein Buch genannt, dessen Cover eine Handgranate ziert: kreative Zerstörung.
Auf 240 luftig gesetzten Seiten plädiert Rehn dafür, sich zu zwingen, außerhalb der üblichen Schubladen nach Lösungen zu suchen und das Gefundene nicht mit einem "Ach, Unsinn!" abzutun. Warum zum Beispiel versuchen Ingenieure stets, fragt Rehn scheinheilig, ein immer besseres Produkt herzustellen, mit immer mehr Funktionen? Warum nicht mal umgekehrt an die Sache rangehen und das technisch schlechteste und billigste Produkt bauen?
Blöde Idee? Keineswegs, wie das Beispiel Flip zeigt, eine der meistverkauften Videokameras der Welt (jedenfalls bis das Smartphone kam ...). Sie passte in jede Hemdtasche, war über wenige Knöpfe simpel zu bedienen, und die Qualität war gut genug für normale Bildschirme. Die Leute griffen begeistert zu. Die anderen Videokamerahersteller kamen nicht mal auf die Idee, ein Konkurrenzprodukt auf den Markt zu bringen. Das wäre unter ihrem Niveau gewesen. Die meisten der Hersteller schwächeln heute oder sind gar pleite (ja, die Smartphones...). Die Flip-Erfinder hingegen verkauften ihre Firma rechtzeitig an einen Konzern und wurden reich.

Alf Rehn: Gefährliche Ideen, Campus, 240 Seiten, 24,99 Euro
  • FTD.de, 08.09.2012
    © 2012 Financial Times Deutschland,
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