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Merken   Drucken   09.05.2011, 11:00 Schriftgröße: AAA

Krisenmanagement: Auslandsjobber auf heißem Boden

Vulkanausbruch, Bürgerkrieg oder Atomunfall - wenn sich die Situation an externen Standorten dramatisch ändert, geraten Auslandsmitarbeiter häufig in Gefahr. Jedes zweite Unternehmen hat aber nicht einmal ein Krisenszenario für Expatriates in petto.

Wirbelstürme, Waldbrände, Springfluten - die Naturgewalten können in jedem Land der Erde zuschlagen. Und die Entwicklung im arabischen Raum zeigt: Innerhalb von Tagen bringen politische Unruhen das Alltags- und Wirtschaftsleben zum Erliegen, Produktion ist kaum mehr möglich, entsandte Angestellte müssen möglicherweise um ihr Leben fürchten.

Arbeiten im Ausland Wo der Job in der Fremde teuer wird

Einer Ad-hoc-Studie des Beratungsunternehmens ECA International zufolgen haben allerdings nur 51 Prozent der international tätigen Unternehmen überhaupt Krisenrichtlinien für solche Fälle abgesprochen. Das heißt, im Notfall steht die Führungsspitze vor drängenden Fragen: Zurückholen oder zunächst vor Ort in Sicherheit bringen? Reichen zustätzliche Sicherheitsleute und ein neues Quartier oder muss ein Evakuierungsflieger gechartert werden? Was ist mit der Familie des im Ausland tätigen Mitarbeiters? Kommt man noch an Bargeld heran? Wer kann helfen? Wie ist die Rechtslage in einem solchen Fall?

Chaos und Krise - was nun?

Wer tatsächlich nach dem Ereignis erst anfängt, diese wichtigen Fragen zu klären, hat schlechte Karten, die Krise für alle Seiten passabel zu meistern. Möglicherweise ist die Kommunikation unterbrochen, sind Geld und Transportfahrzeuge nicht mehr zu beschaffen, die Sicherheitslage prekär. Jede Absprache im Chaos der Krise oder die Suche nach den richtigen Kontakten kann wertvolle Zeit kosten.

Immerhin passt ein Fünftel der befragten Unternehmen wenigstens die Vergütung an, wenn entsandte Mitarbeiter in der Krisenregion aushalten müssen. Zusätzliche Kosten und das persönliche Risiko gelten die Firmen mit bis zu 30 Prozent des Gehalts extra ab. Als echte Gefahrenzulagen ausgewiesene Gehaltsbestandteile gibt es nur bei 6 Prozent der befragten Unternehmen.

Permanente Standortzuschläge

Grundsätzlich gilt jedoch in den meisten Unternehmen: Die ständige Auslandszulage sollte alle Eventualitäten abdecken. Das schließt auch Notfälle mit ein. Denn, sagen auch die Fachleute von ECA: Es ist schwierig zu sagen, ab wann eine ungemütliche Situation als Krise zu sehen ist und ab wann eine gefährliche Lage als gebannt gilt. Es stelle sich daher die Frage: Wer entscheidet? In gefährdeten Regionen sollten Mitarbeiter das bei der Gehaltsverhandlung von vornherein beachten und Vorkehrungen treffen. Die Unternehmen seien weitgehend auch bereit, diese Überlegungen mitzutragen. Ein Studienteilnehmer beschrieb die Vergütungspraxis seiner Firma so: "We pay as much as we have to to keep the right person in the right place."

Doch aktuelle Ereignisse scheinen zumindest bei den wenig vorbereiteten Firmen als Weckruf funktioniert zu haben. Der politische Umbruch in mehreren Ländern Nordafrikas, Arabiens und des Nahen Ostens sowie das Erdbeben und die Atomkatastrophe in Japan sind für 60 Prozent der Unternehmen ohne formale Krisenrichtlinien Anlass, sofort entsprechende Prozesse anstoßen zu wollen. Das Ziel: den Schutz, die Betreuung und die Vergütung von Mitarbeitern in Krisengebieten durch klare und spontan abrufbare Richtlinien zu verbessern. Damit im Fall der Fälle nicht wertvolle Zeit verloren geht, sollen Regeln für den Umgang mit der Krise entworfen werden.

Als Maßnahmen erwägen die Unternehmen üblicherweise Rückholung, Evakuierung in ein Nachbarland, die zeitweise Versetzung an einen nahegelegenen anderen Standort, zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen, höhere Belohnung und Anerkennung sowie verbesserte medizinische Versorgung. Im Vordergrund steht für die Unternehmen laut ECA auf jeden Fall, die Sicherheit der Mitarbeiter zu gewährleisten. Dass die Gehälter der Auslandsmitarbeiter in der Krise zwangsläufig steigen, ist also nicht gesagt.

Ohne solche Krisenfälle wie riesige Überschwemmungen, zerstörerische Twister oder wochenlange Vulkaneruptionen stellt sich heraus: In der Vergütungspraxis der Auslandsmitarbeiter hat sich einiges geändert. Beispielsweise sind Umzugszulagen heute nicht mehr üblich, da der Reiz eines Auslandsjobs für deutlich mehr Bewerber sorgt. Viele Arbeitnehmer halten Flexibilität und Mobilität im Job auch inzwischen für so normal, dass sie keine Extra-Gehaltsbestandteile dafür aushandeln. Im Gegenteil: Ein Auslandsaufenthalt ist in den Augen vieler ein wichtiger Baustein für die Karriere. Den temporären externen Job mit einem Bonus schmackhaft zu machen, ist daher in vielen Firmen nicht mehr nötig.

Brutto für netto

Allgemein entlohnen fast zwei Drittel der befragten Unternehmen ihre Mitarbeiter mit einer Summe, die einem Bruttogehalt ohne die in der Heimat üblichen Abzüge entspricht. 13 Prozent orientieren sich an der heimatlichen Bezahlungspraxis, 12 Prozent der Firmen zahlen eine Fixsumme. 13 Prozent der Unternehmen nutzen andere Vergütungssysteme. Jedes zweite Unternehmen gleicht die Gehälter jedes Jahr an - entsprechend der Inflation oder anderer Kostentreiber. 12 Prozent der Firmen überprüft die Bezahlung der Expatriates sogar alle sechs Monate, jedes Fünfte reagiert mit entsprechenden Anpassungen auf wechselnde Lagen, so die Befragten.

Derzeit würde beispielsweise ein nach Japan entsandter Maschinenbau-Fachmann aus dem mittleren Management, der mit Frau und zwei Kindern übersiedelt, ein Bruttogehalt von etwa 170.000 Euro verdienen. Je nach Unternehmen, Ausstattung des Arbeitsumfeldes und Entsendungsregion kann diese Summe jedoch auch stark davon abweichen. Japan gilt als extrem teures Land für Expatriates. Auch Skandinavien gilt alles andere als preisgünstig. Wegen seiner irrsinnig hohen Inflation galt zudem Angola in den vergangenen Jahren als einer der teuersten Auslandsstandorte. Ebenfalls mit hohen Kosten für die Firma verbunden ist die Entsendung von Mitarbeitern in die Schweiz und nach Südamerika.

ECA International ist ein Beratungsunternehmen, das sich auf Mitarbeiterentsendungen spezialisiert hat. Für die Studie wurden 150 international tätige Unternehmen zum Umgang mit Krisensituationen befragt, sowohl zu operativen Maßnahmen als auch in Bezug auf Vergütung.

Lebenshaltungskosten weltweit
1. Tokio Japan
2. Luanda Angola
3. NagoyaJapan
4. YokohamaJapan
5. Kobe Japan
6. OsloNorwegen
7. ZürichSchweiz
8. GenfSchweiz
9. Stavanger Norwegen
10. Bern Schweiz
11. Basel Schweiz
12. Kopenhagen Dänemark
13. KinshasaDemokratische Republik Kongo
14. MoskauRussland
15. Helsinki Finnland
16. Caracas Venezuela
17. LibrevilleGabun
18. Tel AvivIsrael
19. Rio de JaneiroBrasilien
20. AbujaNigeria
21. Jerusalem Israel
22. Seoul Südkorea
23. CanberraAustralien
24. Paris Frankreich
25. Sydney Australien
26. Sao PauloBrasilien
27. Stockholm Schweden
28. Manhattan (New York)USA
29. BakuAserbaidschan
30. BrasiliaBrasilien
...
40. Berlin Deutschland
...
57. München Deutschland
...
69. DüsseldorfDeutschland
...
75.StuttgartDeutschland
...
79. FrankfurtDeutschland
...
88. HamburgDeutschland
...
95.Bonn Deutschland
Quelle: ECA International, 2010
  • FTD.de, 09.05.2011
    © 2011 Financial Times Deutschland
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