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Merken   Drucken   05.09.2012, 09:32 Schriftgröße: AAA

Denkmalgeschützte Ruine: Ruinöses Steuersparmodell

Die Investition in eine denkmalgeschützte Immobilie kann ein lukratives Steuersparmodell sein - für Spitzenverdiener. Anderen droht eher die Pleite. von Raimund Diefenbach, Köln
Eine Immobilie sollte es sein. Keine Aktien, kein Fonds. Etwas Solides. Mit der Miete könnte er seine Altersversorgung aufbessern. Und der Clou: Er hatte ein Baudenkmal im Auge. Mit den Abschreibungen würde er Steuern sparen, und zwar so richtig - das war der Plan von Schreinermeister Klaus Olbertz, der eigentlich anders heißt, aber lieber unerkannt bleiben möchte.
Im Rahmen eines Modellprojektes zur energetisch-ökologischen ...   Im Rahmen eines Modellprojektes zur energetisch-ökologischen Ertüchtigung wird derzeit die vor mehr als 300 Jahren errichtete ehemalige Lateinschule in Halberstadt zu einem Wohnhaus umgebaut
Tatsächlich gehören Denkmalimmobilien zu den letzten Steuersparmodellen, die es für gut betuchte Anleger noch gibt. Der Staat fördert den Erhalt der Bauwerke und zahlt über Sonderabschreibungen kräftig mit, wenn der Investor eine heruntergekommene Jugendstilvilla oder eine alte Fachwerkmühle wieder zum Schmuckstück macht.
Doch die Investition in die Denkmalimmobilie ist kein Selbstläufer: Der Markt ist vielerorts überhitzt, und so mancher greift zu, obwohl die Anlage für ihn gar keinen Sinn ergibt. "Anleger sollten mit dem viel gepriesenen Steuersparmodell sehr vorsichtig sein", warnt Rechtsanwalt Marcus Hoffmann von Hoffmann & Partner. Seine Kanzlei in Nürnberg betreut außer Olbertz noch viele weitere Mandanten, die sich ein Denkmal angeschafft haben - und jetzt an den Rand des Ruins geraten sind.
Dabei ist das Modell, wenn es dann richtig angewandt wird, keine schlechte Sache. Wer eine denkmalgeschützte Villa ersteht, darf die Modernisierungskosten über zwölf Jahre abschreiben, und zwar zu 100 Prozent: Acht Jahre kann er jährlich neun, weitere vier Jahre sieben Prozent steuerlich geltend machen. Obendrauf gibt es noch die normale Abschreibung des Kaufpreises für die Altbausubstanz - 2,5 Prozent jährlich für Bauwerke, die vor 1925 errichtet wurden, für neuere Immobilien zwei Prozent. Wer selbst ins Baudenkmal einzieht, kann über zehn Jahre jeweils neun Prozent der Sanierungskosten absetzen und kommt auf 90 Prozent. In dem Fall gibt es zwar keine Abschreibung für die Altbausubstanz. Aber dennoch: "Bei Anlegern mit Spitzensteuersatz zahlt das Finanzamt praktisch die Hälfte der Sanierungskosten mit", sagt die Kasseler Steuerberaterin Annette Schaefer.
So hatte sich das eigentlich auch Klaus Olbertz vorgestellt. Die glänzenden Prospekte und Musterrechnungen, die der Bauträger für die Wohnung in einem denkmalgeschützten Chemnitzer Haus vorlegte, waren verlockend: Die vereinnahmten Mieten und die Steuerersparnis würden es dem Unternehmer erlauben, die Wohnung locker zu bezahlen, hieß es. Eine Miete von 5 Euro  pro Quadratmeter garantierte der Bauträger obendrein.
Olbertz unterschrieb. Und erkannte erst später, dass es mit der Steuerersparnis doch nicht so weit her war wie gedacht. Rund 50.000 Euro Gewinn macht sein Unternehmen im Jahr. Schon vor dem Kauf der Denkmalimmobilie zahlte er nach Abzug seiner Vorsorgeaufwendungen und sonstiger Kosten im Splittingtarif nur rund zwölf Prozent Steuern - da gibt es nicht viel zu senken. "Ich hätte die Immobilie unter diesen Bedingungen niemals kaufen dürfen", sagt er heute. Denn dann ging auch noch der Bauträger pleite. Das Geld ist weg.
Das Image von Patinahäusern als Geldanlage hat unter Geschichten wie dieser ziemlich gelitten, dabei kann sich das Modell durchaus rechnen. Die erste und wichtigste Regel: Eine denkmalgeschützte Immobilie ist nur für sehr gut verdienende Anleger lukrativ. Interessant wird es erst ab einem Single-Jahreseinkommen von 150.000 Euro, denn erst bei einem Spitzengehalt lohnt sich die Abschreibung wegen des Spitzensteuersatzes richtig.
Der zweite Knackpunkt ist der Preis. Allzu oft schlagen Bauträger und Objektanbieter den steuerlichen Entlastungsbetrag, der normalerweise dem Käufer zustehen würde, auf den Kaufpreis drauf. "Das ist vom Gesetzgeber so nicht vorgesehen", ärgert sich Hoffmann. Damit aber sind die Immobilien gemessen an ihren Mieterträgen völlig überteuert. Der Anwalt kennt Fälle, in denen sich Anleger Denkmalobjekte haben andrehen lassen, die mehr als das 32-Fache der Jahresnettokaltmiete gekostet haben. "Solche Preise sind sittenwidrig", sagt er. "In diesen Fällen raten wir unseren Mandanten, die Beteiligten wegen Wuchers zu belangen." Tatsächlich wäre die Hälfte des Preises realistisch gewesen. Als Faustregel gilt: Das 14- bis 18-Fache der Jahresnettokaltmiete ist als Kaufpreis akzeptabel.
Haut nun alles hin, und die Gründerzeitvilla ist gekauft, können die Handwerker loslegen - fast. Sämtliche Modernisierungsarbeiten müssen zuerst mit dem Denkmalschutzamt abgesprochen und von diesem abgesegnet werden. Erst dann dürfen die Arbeiten beginnen. Das treibt die Kosten, Renovierungen sind schnell mehr als doppelt so teuer wie bei normalen Häusern. Dafür soll die Steuerersparnis ein Trostpflaster sein. Ein ziemlich schönes - wenn die Investition gut durchdacht war.
  • Aus der FTD vom 05.09.2012
    © 2012 Financial Times Deutschland,
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