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Merken   Drucken   05.09.2012, 16:13 Schriftgröße: AAA

Prozess gegen Holger Härter: "Mit einer Portion Wut im Bauch"

Zusammen mit Wendelin Wiedeking wollte er als Finanzchef bei Porsche das ganz große Rad drehen. Die VW-Übernahme scheiterte, und Härter steht seit heute wegen Kreditbetrugs vor Gericht. Dem erläutert er mit Verve Aktienoptionen und Wirtschaftsenglisch. von Heimo Fischer  und Lukas Heiny  Stuttgart
Es ist ein ungewöhnliches Bild - für einen Strafprozess. Porsches  ehemaliger Finanzvorstand Holger Härter steht am Flipchart und erläutert der Stuttgarter Wirtschaftsstrafkammer, wie es funktionierte, das System der Aktienoptionen, das ihm so viel Ärger eingebrockt hat. "Ich male das mal auf, um zu zeigen, was wir gemacht haben", sagt der 56-Jährige. Er zieht mit dem Filzstift scharfe Linien, malt Tabellen, doziert über Nettoanschaffungskosten, Liquidität und Riskoprofile. Seine Argumentation ist stringent und führt immer wieder zu der Aussage, die er den Reportern schon an der Gerichtstür zugerufen hat. "Ich weise den Vorwurf des Kreditbetrugs entschieden zurück."
Porsches ehemaliger Finanzvorstand Holger Härter im Landgericht ...   Porsches ehemaliger Finanzvorstand Holger Härter im Landgericht Stuttgart
Drei Jahre musste Holger Härter schweigen, wurde als Zocker und Finanzjongleur bezeichnet. Jetzt, vor Gericht, darf er reden. Seine Anwältin Anne Wehnert überlässt ihm die Bühne. Eine Stunde dauert der Vortrag Härters, der heute wie früher gern unrasiert auftritt. Und er ist nach wie vor überzeugt von seinem Finanzkonstrukt. "Es gab kein inhärentes Risiko", beteuert er.
Der Dreitagebart war schon sein Markenzeichen, als er für Porsche einen Plan konstruierte, mit dem der kleine Sportwagenbauer den viel größeren VW  -Konzern übernehmen wollte. Porsche wusste schon damals, dass es einen großen Partner brauchte, um die hohen Fertigungs- und Entwicklungskosten zu stemmen. Am Schluss ging Porsche das Geld aus, denn in der Krise gab es keine neuen Kredite. VW übernahm den Sportwagenbauer. Das hatten Härter und sein damaliger Vorstandschef Wendelin Wiedeking zwar auch geplant - allerdings unter der Herrschaft der Porsche-Holding.
Risiken von 1,5 Mrd. Euro verschwiegen?
Die Staatsanwälte starteten kurz darauf ihre Ermittlungen wegen Untreue und Marktmanipulation, durchsuchten Büros und Privathäuser. Dabei fanden sie auch Hinweise auf Kreditbetrug. Denn Porsche musste im März 2009 einen Kreditvertrag über 10 Mrd. Euro  verlängern. Zu dem Konsortium gehörte auch die deutsche Niederlassung der französischen BNP Paribas . Sie war mit 500 Mio. Euro an dem Darlehen beteiligt.
Kursinformationen und Charts
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Da die Krise akut und das Geld knapp war, erkundigten sich die Banken sehr genau nach der Finanzlage im Unternehmen. Porsche gab die Antworten. Staatsanwalt Reto Woodtli ist sich sicher: Porsche hat dem Geldhaus Finanzrisiken von 1,5 Mrd. Euro verschwiegen und den Liquiditätsbedarf zu niedrig angegeben.
Härter entgegnet, er sei fassungslos, dass ihm jemand so etwas zutraut. Und überhaupt: Die Staatsanwaltschaft habe erstens falsch gerechnet und zweitens den in der Finanzwelt benutzten englischen Begriff "net purchase price" nicht korrekt übersetzt. In der Anklageschrift sei da von "Nettoliquiditätsbedarf" die Rede, obwohl dort eindeutig "Nettoanschaffungskosten" stehen müsste. Richter Roderich Martis streicht sich ab und zu über den grauen Bart und schweigt. Nur als Härter ankündigt, ihm den Vortrag noch einmal in Schriftform nachzureichen, huscht kurz ein Lächeln über sein Gesicht.
Geschädigt wurde niemand
Die Materie ist schwierig, die Zielsetzung der Staatsanwaltschaft streitbar. Denn immerhin wurde niemand geschädigt. Auch die Bank hat sich nie über Porsche beklagt. Doch für die Ankläger geht es bei dem Vorwurf des Kreditbetrugs um mehr. Das Gesetz stelle eine Schutznorm dar, sagt Oberstaatsanwalt Hans Richter. Es gehe um das Vertrauen in der Geschäftswelt. Und dort dürfe man nicht lügen, schon gar nicht schriftlich - und auch nicht, wenn der Belogene gar nichts dagegen hat. Oberstaatsanwalt Richter räumt jedoch ein, dass man in ähnlich gelagerten Fällen eher zu einer Geldstrafe tendieren würde und die gesetzliche Höchststrafe von drei Jahren Gefängnis eine Ausnahme sei.
Neben Härter stehen in Stuttgart noch zwei ehemaliger Mitarbeiter vor Gericht. Der eine arbeitet heute noch bei Porsche, war damals Assistent des Finanzvorstands. Der andere ist krank und im Vorruhestand. Er leitete die Abteilung Steuern, heute nimmt er Tabletten gegen Bluthochdruck. Der Prozess setze ihm zu, sagt er dem Richter. Härter sagt nach der Verhandlung, er schlafe gut. "Ich habe mir nichts vorzuwerfen." Er würde alles wieder so machen. Ihm droht im Herbst womöglich eine weitere Klage wegen Bilanzfälschung, vielleicht auch wegen Untreue. Dann stünde er zusammen mit Wiedeking vor Gericht. Härter sagt, er habe davor keine Angst. Genauso wenig wie vor dem laufenden Prozess. "Ich werde dem mit einer entsprechenden Portion Wut im Bauch entgegentreten."
01:11:04 Kursinformationen und Charts
Name aktuell  absolut  
Porsche 42,26 EUR   +1,78%  0.74
Volkswagen 141,3 EUR   +0,57%  0.8
BNP Paribas 37,775 EUR   +1,70%  0.63
Euro 1,28167 USD   +1,48%  0.01864
  • FTD.de, 05.09.2012
    © 2012 Financial Times Deutschland,
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