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Merken   Drucken   04.09.2012, 14:47 Schriftgröße: AAA

Recht + Steuern: Deutsche Exporteure nicht auf Grexit vorbereitet

Eine Rückkehr Griechenlands zur Drachme oder gar ein Euro-Crash kann deutsche Exporteure teuer zu stehen kommen. Auf einen Währungskollaps sind ihre Verträge nicht ausgelegt.
© Bild: 2012 DPA/Bildfunk/Karl-Josef Hildenbrand
Eine Rückkehr Griechenlands zur Drachme oder gar ein Euro-Crash kann deutsche Exporteure teuer zu stehen kommen. Auf einen Währungskollaps sind ihre Verträge nicht ausgelegt. von Olaf Wittrock, Köln
Zugegeben, die Sache lädt zu Wortspielen ein. "Ihr griecht nix von uns", titelte die "Bild" vor zwei Jahren, als Griechenland immer tiefer in eine Staatskrise rutschte. Der "Grexit", der Exit Griechenlands aus der Euro-Zone, hat mittlerweile einen eigenen Wikipedia-Eintrag. Doch wenn das Szenario tatsächlich eintreten sollte, wäre Schluss mit lustig. Selbst US-amerikanische Unternehmen haben Notfall- und Reisepläne für den Tag in der Schublade, an dem Griechenland aus dem Euro kegeln könnte.
Aber was ist eigentlich mit den deutschen Unternehmen? Für sie, besonders für die "Exportweltmeister" unter ihnen, hätte eine Rückkehr Griechenlands zur Drachme oder gar ein Kollaps der Gemeinschaftswährung noch sehr viel unschönere rechtliche Folgen. "Sollte der Euro zusammenbrechen, entstünde ein enormer administrativer Aufwand. Für Unternehmen wäre es schwierig, die Lage in den Griff zu bekommen", warnt Max Falckenberg, Partner der Strategieberatung Roland Berger. Firmen mit Exportbeziehungen und Produktionsstandorten in Griechenland wären nicht nur kurzfristig mit Lohn- und Lieferantenzahlungen in neuen Währungen konfrontiert. "Sie müssten auch eine Neubewertung der gesamten Bilanz zu vermutlich unklaren Umrechnungskursen vornehmen."
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Doch anders als die amerikanischen Unternehmen üben sich die deutschen noch in vornehmer Zurückhaltung: Laserweltmarktführer Trumpf, Autozulieferer Dürr, Keksproduzent Griesson-de Beukelaer und viele andere weltweit aktive Unternehmen wollen oder können derzeit nichts zu derartigen Krisenszenarien sagen. Und selbst beim Münchner Gelddrucker Giesecke & Devrient, dem große Aufträge winken könnten, ist der Zerfall des Euro derzeit kein Thema. Sagt jedenfalls eine Sprecherin.
Experten empfehlen den Deutschen dennoch, sich dringend mit dem Was-wäre-wenn-Szenario zu befassen. Denn hinter einem Euro-Crash verbergen sich ganz konkrete rechtliche Unsicherheiten. "Der Gläubiger einer Geldforderung trägt das Inflationsrisiko", sagt Peter Etzbach, Partner der Anwaltssozietät Oppenhoff & Partner in Köln. "Sobald ein Land den Euro verlässt, könnte dem Gläubiger eine neue, eventuell abgewertete Währung aufgezwungen werden." Damit der Exporteur nicht plötzlich griechische Drachmen erhält, mit denen er in Deutschland nur wenig anfangen kann, sollte er laut Etzbach vorbeugen: Er sollte bei neuen Verträgen darauf dringen, dass seine Forderung in der Währung bezahlt wird, die bei Fälligkeit in Deutschland gilt.
Das ist leichter gesagt als getan. Denn praktisch müsste man in seinen Verträgen Klauseln für Währungswechsel vorsehen, von denen kein Jurist weiß, wie diese im Euro-Raum überhaupt konstruiert würden - ein einseitiger Austritt aus der Gemeinschaftswährung ist in den EU-Verträgen gar nicht vorgesehen. Eine pragmatische Lösung wären laut Etzbach deshalb Preisanpassungsklauseln: "Sie koppeln die Geldschuld, die vertraglich zugesichert wurde, an die Entwicklung eines bestimmten Index." Der Schuldner muss dann gegebenenfalls eine Geldentwertung ausgleichen.
Ob solche Vereinbarungen im Ernstfall halten, ist aber fraglich. Immerhin wäre es möglich, dass sich die EU mit den Griechen ganz anders einigt, um dem Staat die Sanierung zu erleichtern. Das wäre etwa der Fall, wenn Griechenland seine Euro-Schulden nach und nach wieder mit der Drachme abstottern dürfte. "Eine solche EU-Verordnung zum Austritt Griechenlands könnte Klauseln zur Wertsicherung kippen", warnt Etzbach.
In eine kuriose Lage könnten sich Unternehmen bringen, die ihre internationalen Handelsverträge typischerweise nach angelsächsischem Muster gestrickt haben. "Zahlreiche international gebräuchliche Vertragsmuster enthalten eine Definition des Euro, sodass die Währung der geschuldeten Zahlung regelmäßig bestimmt werden kann", sagt Marc Benzler, Partner bei Clifford Chance. Das heißt: Dort steht nicht etwa, dass eine Rechnung konkret in Euro zu bezahlen ist, sondern in "der europäischen Gemeinschaftswährung". Tritt plötzlich ein Mitgliedsstaat aus, stellt sich dann die Frage, ob der Rest-Euro überhaupt noch als eine "europäische Gemeinschaftswährung" gilt.
Um sich nicht in diese Lage zu bringen, helfen nur rechtzeitige Vertragsänderungen. Benzler empfiehlt neben Preisindexklauseln Sonderkündigungsrechte, Garantien oder auch Vereinbarungen, nach denen zur Not gleichartige Leistungen miteinander verrechnet werden dürfen. Wer bestehende Verträge derart umgestalten will, braucht allerdings die Zustimmung der Gegenseite - auch die Griechen müssten sich darauf einlassen.
 
  • FTD.de, 04.09.2012
    © 2012 Financial Times Deutschland,
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