Dort begreift sie schnell: Schuld am Auftritt des Gerichtsvollziehers war die Schlamperei des Steuerbüros. Hemmert hatte ihrem Berater die für die Branche übliche Vollmacht erteilt, mit dem Finanzamt zu kommunizieren, deshalb schickte der Fiskus den Bescheid an die Kanzlei. Doch ihr Sachbearbeiter, ein Azubi, hatte es schlicht versäumt, das Schreiben weiterzuleiten. Genauso ging es mit den beiden Mahnungen, die später eintrafen.
Der Steuerberater weist die Verantwortung für den Ärger von sich: "Er leugnete alles, behauptete, die Post sei rausgegangen, hatte aber keinen Beleg dafür", ärgert sich die Betriebswirtin. "Auf die Frage, warum er mich nicht anruft, wenn er merkt, dass das Finanzamt Mahnungen schickt, zuckte er nur mit den Schultern." Hemmert blieb die Erkenntnis, "dass ich an den Falschen geraten war".
Wenige Berufsstände genießen bei ihren Kunden so viel Vertrauen wie Steuerberater. Bisher galt: Wer einmal einen Experten für seine Steuerangelegenheiten gefunden hat, behält ihn meist ein Leben lang. Von dieser Treue lebte die Branche lange Jahre höchst auskömmlich. Wettbewerbsdruck? War nicht vorhanden. Kreativität? Wurde durch eine starre Gebührenordnung und überholte Standesregeln gedeckelt.