FTD.de » Politik » International » Romneys Tag der Wahrheit
Merken   Drucken   18.09.2012, 20:24 Schriftgröße: AAA

Heimliche Videos im US-Wahlkampf: Romneys Tag der Wahrheit

Der US-Präsidentschaftskandidat redet Klartext: Mitt Romney wettert gegen Obamas Wähler, Sozialschmarotzer und Latinos. Ein zweiter heimlicher Mitschnitt dokumentiert dann noch die Meinung des Republikaners über Palästinenser.
© Bild: 2012 Reuters/JIM YOUNG
Der US-Präsidentschaftskandidat redet Klartext: Mitt Romney wettert gegen Obamas Wähler, Sozialschmarotzer und Latinos. Ein zweiter heimlicher Mitschnitt dokumentiert dann noch die Meinung des Republikaners über Palästinenser.
Der republikanische Präsidentschaftskandidat Mitt Romney hat mit abfälligen Äußerungen über die Anhänger des demokratischen Präsidenten Barack Obama für Wirbel gesorgt. Der Multimillionär charakterisierte 47 Prozent der Wähler und damit praktisch die Hälfte der US-Bevölkerung als Abzocker, die glaubten, sie seien Opfer und die Regierung müsse für sie sorgen. Das seien auch die Leute, "die keine Einkommensteuern zahlten", sagte Romney während eines privaten Empfangs für reiche Wahlspender. Obamas Wahlkampflager warf Romney postwendend vor, er habe die Hälfte der Bevölkerung beleidigt und "abgeschrieben".
Das im Mai aufgenommene Video war dem linksgerichteten Magazin "Mother Jones" zugespielt worden. Romney selbst räumte nach Veröffentlichung des ersten Mitschnitts in einer improvisierten Pressekonferenz in Kalifornien ein, er habe sich "nicht elegant ausgedrückt" und habe auf eine Frage hin "ins Blaue gesprochen". In der Sache selbst nahm Romney aber nichts von seinen Äußerungen zurück. Er habe damit die Unterschiede in den Visionen beider Spitzenkandidaten für die Nation deutlich machen wollen, sagte er.
"Dies ist letztendlich eine Frage der Richtungen für unser Land: Glaubst du an eine regierungsorientierte Gesellschaft, in der mehr und mehr Wohltaten verteilt werden, oder glaubst du stattdessen an eine privatwirtschaftliche Gesellschaft, in der die Menschen ihren Träumen nachgehen können?", so der Ex-Gouverneur von Massachusetts.
Obamas Wahlkampfmanager Jim Messina nannte die im Video aufgezeichneten Äußerungen des Multimillionärs "schockierend". Der Ex-Gouverneur von Ohio, Tim Strickland, bezeichnete es als unfassbar, dass Romney praktisch die Hälfte der Bevölkerung herabwürdige. Er spreche von Menschen, die auf Hilfe der Regierung angewiesen seien, weil ihr Einkommen nicht ausreiche, um für sich und ihre Familien zu sorgen. "Dass dies von einem vermögenden Mann kommt, der gerade mal 14 Prozent Steuern zahlt, macht die Äußerungen noch unglaublicher", sagte Strickland in einem Interview des Senders CNN.
"Es sind 47 Prozent, die zu ihm (Obama) halten, die abhängig sind von der Regierung, die sich als Opfer sehen und die glauben, dass die Regierung sich um sie kümmern muss", sagt Romney in dem mit versteckter Kamera gedrehten Mitschnitt. "Es ist nicht mein Job, mir um diese Leute Sorgen zu machen", fügte er mit Blick auf die Anhänger Obamas hinzu. "Ich werde sie nie davon überzeugen, dass sie selbst Verantwortung übernehmen und sich um ihr Leben kümmern sollten." Er müsse sich vielmehr um die "fünf bis zehn Prozent" der Wähler in der Mitte Gedanken machen, die sich noch nicht auf einen Kandidaten für den Urnengang am 6. November festgelegt hätten.
An einer anderen Stelle in dem Film behauptet Romney: "47 Prozent der Amerikaner zahlen keine Steuern." Der vermögende Ex-Gouverneur von Massachusetts und Mitbegründer der Beteiligungsgesellschaft Bain Capital steht in der Kritik, nicht transparent genug über seine Steuerzahlungen Auskunft zu geben und selbst von Steuervorteilen zu profitieren, in deren Genuss vor allem Wohlhabende kommen.
Weiter scherzt Romney darüber, dass er größere Chancen auf einen Wahlsieg im November hätte, wenn er von Latinos abstammen würde. Latinos sind von zunehmender Bedeutung bei US-Wahlen. Die Gruppe wächst sehr schnell, fast 50 Millionen Menschen zählte sie 2010. 2008 gaben 67 Prozent der Hispanics Obama ihre Stimme, bei den jüngeren waren es sogar 76 Prozent. Damals wählten sechs Millionen Latinos, im November dürfen mehr als 12 Millionen zur Wahlurne. Zwei von drei stimmen auch dieses Mal demokratisch, sagen Analysten voraus.
In einem weiteren Videoclip äußert sich Romney auch zum Nahost-Konflikt. Auf eine Frage, ob das Problem zu lösen sei, antwortet der Republikaner, die Palästinenser seien nicht an Frieden interessiert. Sie seien "der Zerstörung und Vernichtung Israels verpflichtet". Vor diesem Hintergrund sei er auch nicht dafür, dass Israel sich den Palästinensern beuge. "Die Idee, Israel dazu zu drängen, etwas aufzugeben, um die Palästinenser zum Handeln zu bringen, ist die schlechteste Idee auf der Welt."
  • dpa, 18.09.2012
    © 2012 Financial Times Deutschland,
Jetzt bewerten
Bookmarken   Drucken   Senden   Leserbrief schreiben   Fehler melden  

Den Parameter für die jeweilige Rubrik anpassen: @videoList
  • "Charlie-Hebdo"-Karikaturen: Eine sinnvolle Provokation

    Die Politisierung des Islam hat einen unheilvollen Nebeneffekt. Im Westen wächst die Furcht vor Fundamentalisten. Das darf nicht dazu führen, dass Satire unterdrückt wird. Nicht die Politik oder die Justiz sollte sie beurteilen, sondern das Publikum. mehr

  •  
  • blättern
Tweets von FTD.de Politik-News

Weitere Tweets von FTD.de

  12.09. Wissenstest zum Euro E wie kompliziert?

Das Bundesverfassungsgericht urteilt über den ESM, in Brüssel tagt die Euro-Gruppe, Bundespräsident Gauck fordert von Kanzlerin Merkel Klartext zur Euro-Rettung. Blicken Sie noch durch? Testen Sie Ihr Euro-Wissen.

Wie hoch soll das Stammkapital des Europäischen Stabilisierungsmechanismus ESM sein?

Wissenstest zum Euro: E wie kompliziert?

Alle Tests

Newsletter:   Newsletter: Eilmeldungen Politik

Ob Regierungsauflösung oder Umfragehoch für die Linkspartei - erfahren Sie wichtige Politik-Nachrichten, sobald sie uns erreichen.

Beispiel   |   Datenschutz
 



DEUTSCHLAND

mehr Deutschland

EUROPA

mehr Europa

INTERNATIONAL

mehr International

KONJUNKTUR

mehr Konjunktur

© 1999 - 2012 Financial Times Deutschland
Aktuelle Nachrichten über Wirtschaft, Politik, Finanzen und Börsen

Börsen- und Finanzmarktdaten:
Bereitstellung der Kurs- und Marktinformationen erfolgt durch die Interactive Data Managed Solutions AG. Es wird keine Haftung für die Richtigkeit der Angaben übernommen!

Impressum | Datenschutz | Nutzungsbasierte Online Werbung | Disclaimer | Mediadaten | E-Mail an FTD | Sitemap | Hilfe | Archiv
Mit ICRA gekennzeichnet

VW | Siemens | Apple | Gold | MBA | Business English | IQ-Test | Gehaltsrechner | Festgeld-Vergleich | Erbschaftssteuer