Nils Jorra zieht eine Sehne vom Ibérico-Schweinerücken - feines Fleisch, dessen Lieferant sich zu Lebzeiten nahezu ausschließlich von Eicheln ernährt
Zu Wolfgang Otto kommen die, die ihre Lieblingsspeise intensiv kennenlernen möchten, wissen wollen, was ihr Wesen ausmacht - und vor allem, wie man sie lecker zubereitet. In Heinsberg bei Düsseldorf steht das Fleischkompetenzzentrum von Otto Gourmet. Die drei Otto-Brüder haben den Fleischversand vor sieben Jahren gegründet. Inzwischen beliefern sie 15.000 Privatkunden mit Wagyu-Rind aus den USA, Ibérico-Schwein aus Spanien oder französischem Pyrenäenlamm. Alle Tiere sollen ein luxuriöses Leben genossen haben. Und im Tod besonders exquisit schmecken. 178 Euro gibt der Durchschnittskäufer im Onlineshop aus, um 40 Prozent wachse sein Kundenstamm jedes Jahr, sagt Otto. 90 Prozent sind Männer, der typische Käufer ist um die 40 und verdient gut.
Das muss er auch, denn Wolfgang Otto glaubt, dass die Menschheit vom Billigfleisch erlöst gehört. Rund 50 Euro gibt ein deutscher Haushalt im Durchschnitt pro Monat für Fleisch aus. Jeder Bundesbürger kommt so auf gut 60 Kilo pro Jahr - die Hälfte davon vom Discounter. So kostet das Kilo Rind bei
Lidl oder
Aldi weniger als 10 Euro, manchmal sogar weniger als 5 Euro. Bei Otto gibt es das Kilo Porterhouse-Steak vom Wagyu für 420 Euro. Der Firmenchef will eine Trendumkehr ausgemacht haben. Zwar sei es für 99 Prozent der Menschen nur wichtig, ein sauberes Lebensmittel zu haben, das satt mache. Doch: "Ich glaube fest, dass sich die Leute wieder mehr dafür interessieren, was sie essen, wie sie kochen." Eine Million Kunden will er gewinnen.
Dazu geriert sein Unternehmen sich auch als Bildungsstätte. "Es geht darum, dem Produkt Fleisch eine Wertigkeit zu geben", sagt Otto, während er durch die Räume führt. Startup-Atmosphäre, unverputzte Wände, Farbdrucke, alte Spinde. Heute ist Perfect Meat Day an der Perfect Meat Academy, Otto hat zum Kochkurs geladen. 150 Euro haben die Teilnehmer gezahlt. Schließlich spricht einer, den man in der Branche schon mal Deutschlands ersten Fleischsommelier nennt. Otto doziert über die Unterschiede zwischen Supermarkt- und Gourmetfleisch, appelliert an alle, doch Genießer zu werden.