In Griechenland eskalieren die Proteste am Rande eines Generalstreiks, auch in Spanien entlädt sich der Zorn gegen die strikten Reformen und Sparauflagen. Die gewaltsamen Auseinandersetzungen verunsichern die Anleger. Top-Ökonomen fordern Nachsicht mit Griechenland.
von Peter EhrlichFrankfurt und Birgit Jennen, Madrid
Der Widerstand gegen die europäische Sparpolitik hat sich mit teilweise gewaltsamen Protesten in Madrid und Athen sowie landesweiten Streiks in Griechenland massiv verstärkt. In Athen versammelten sich am Mittwoch Zehntausende Demonstranten in der Innenstadt, Fähren, Nahverkehr und Busse wurden bestreikt. Bereits am Abend zuvor waren bei Ausschreitungen in der spanischen Hauptstadt 64 Menschen verletzt und 35 festgenommen worden.
Schuldenkrise
Aufruhr in Madrid
Die Proteste richten sich gegen die von den EU-Partnern verlangten neuen Spar- und Reformprogramme, die die Regierungen beider Länder in den nächsten Tagen beschließen wollen. Die Unruhen und die immer stärker sichtbare Uneinigkeit der Troika-Partner Euro-Staaten, Europäische Zentralbank (EZB) und Internationaler Währungsfonds (IWF) über die Bedingungen für die nächsten Zahlungen an Athen verunsicherten auch die Anleger. Aktien- und Rohstoffpreise fielen. Die Zinsen für zehn Jahre laufende spanische Staatsanleihen stiegen über sechs Prozent. Auch der Euro sackte ab. Die Schuldenkrise belastet zudem die Konjunktur: In Frankreich stieg die Zahl der Arbeitslosen erstmals seit 1999 wieder über drei Millionen.
Angesichts des massiven Drucks wird es für die Regierungen immer schwieriger, den harten Sparkurs weiterzuführen. "Die wachsenden Proteste zeigen, dass es früher oder später einen Strategiewechsel geben muss", sagte Jeffrey Sachs, Professor an der Columbia University, der FTD. Der US-Ökonom Dani Rodrik sagte: "Wenn in westlichen Staaten die Wirtschaftspolitik von den ausländischer Gläubigern diktiert wird, ist es meist so, dass am Ende die Straße gewinnt." Er sei daher pessimistisch für den Euro.
Die Forderungen gegenüber Griechenland müssten nun reduziert werden, sagte Sachs. "Das kann in einem geordneten oder ungeordneten Verfahren passieren - aber es wird passieren." Der IWF fordert von den EU-Staaten, dass sie auf Teile ihrer Kredite an das Land verzichten, was Deutschland und andere bisher klar ablehnen. Die Troika hat in Griechenland eine Finanzierungslücke und Defizite bei der Umsetzung anderer Vereinbarungen festgestellt. Eine Verschiebung des gesamten Anpassungsprogramms um zwei Jahre würde 30 Mrd. Euro kosten, hieß es in Euro-Kreisen. Diese Größenordnung sei aber völlig inakzeptabel.
Als Zugeständnis an die Geldgeber einigte sich die Regierung in Athen auf Sparmaßnahmen über 11,88 Mrd. Euro. Dem müssen aber noch die beiden linksgerichteten Koalitionspartner des konservativen Premiers Antonis Samaras zustimmen. EZB-Direktoriumsmitglied Jörg Asmussen mahnte, das Land müsse sich seinen Verbleib im Euro "hart erarbeiten".
In Madrid kündigte die Bewegung 25-S neue Proteste an. Nach der Demonstration mit rund 6000 Teilnehmern am Dienstagabend vor dem Kongress beschuldigten sich Polizei und Demonstranten gegenseitig, die Gewalt provoziert zu haben.
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