Wenn Kunden ein Produkt anfassen oder erleben können, funktioniert die Markeninszenierung besonders gut, bestätigt Berater Multerer. "Marketing heißt für mich Kundenerlebnis. Es geht darum, ein gutes Gefühl zu erzeugen." Wer Kunden begeistern wolle, müsse sie daher überraschen und gern auch irritieren: "Für erfolgreiches Marketing muss ich Menschen in ihrem Verhalten stören. Das kann mit ganz kleinem Budget anfangen. Etwa damit, statt Weihnachtskarten Urlaubs- oder Ostergrüße zu verschicken", sagt Multerer.
Statt sich auf vielen Plattformen oder in mehreren Medien zu verzetteln, rät er, sich zunächst auf wenige Aktionen zu konzentrieren: "Wer anfängt, sollte vielleicht vier, fünf Kundenkontaktpunkte bespielen übers Jahr und dort gezielt Akzente setzen."
Das hat auch Sophie Utikal gelernt. 2009 gründete die Studentin in München die Internetseite Kleiderkreisel - ein werbefinanziertes, für die Nutzer kostenloses Tausch-, Verkaufs- und Verschenkportal für Mode. Die Idee zu dieser eher sozialen als kommerziellen Plattform stammt aus Litauen. Utikal adaptierte sie gemeinsam mit einer Schulfreundin für den deutschen Markt. Die Gründerinnen versuchten anfangs eine Menge, um kostengünstig auf sich aufmerksam zu machen. Sie verteilten Flyer und warben mit zahlreichen Beiträgen im Netz. Doch die vielen kleinen Schritte blieben ohne großen Erfolg.
Der stellte sich erst über gezielte Aktionen ein: Zunächst kam Kleiderkreisel mit mehreren Modebloggern in Kontakt. Die schreiben nicht nur, sondern verkaufen zuweilen selbst entworfene Klamotten über kleinere Shops - und nutzen dazu inzwischen auch die Münchner Plattform. "Wenn die heute für ihre Sachen werben, machen sie automatisch auch für unsere Seite Werbung", sagt Utikal. Inzwischen bloggen auch mehrere der so gewonnenen Partner direkt auf der Seite.
Im vergangenen Jahr lud Gründerin Utikal zu Modetauschpartys ein: "Zu den ersten Treffen ist kaum einer gekommen", sagt sie. "Aber dann haben wir die Veranstaltungskalender der Stadtmagazine angeschrieben, auch eine Pressemitteilung verfasst." Ergebnis: Fast 700 Tauscher feierten, und viele gingen mit den Werbetaschen des Portals nach Hause.
All diese Aktionen haben sich Utikal und ihr Team selbst ausgedacht. "Wir haben Anfang des Jahres auch mal versucht, mit einer Werbeagentur zusammenzuarbeiten", sagt sie. "Aber dann haben wir festgestellt, dass wir überhaupt nicht erklären konnten, wer wir sind." Es gab also noch viel zu lernen.
Anfang September luden die Kleiderkreisel-Macher den Mitarbeiter einer Kommunikationsagentur zum Markenworkshop ein. "Da haben wir zum ersten Mal strategisch über Konkurrenz, Unterscheidungsmerkmale und unsere Zielgruppe nachgedacht", sagt Utikal. "Jetzt haben wir sogar ein Mission Statement." Anders gesagt: Sie wissen jetzt, wer sie sind.