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Merken   Drucken   27.09.2012, 18:44 Schriftgröße: AAA

Bankenregulierung: EBA torpediert Basel-III-Pläne der EU

Exklusiv Die Bankenaufseher lehnen den Entwurf ab, von Banken bei der Vergabe von Firmenkrediten weniger Eigenkapital zu verlangen. Die EBA fürchtet, dass diese Praxis die finanzielle Stabilität der Geldinstitute gefährden könnte. von Mark Schrörs  Brüssel
Die europäische Bankenaufsicht EBA lehnt Pläne von EU-Parlament und Mitgliedsstaaten ab, bei der Einführung strikterer Eigenkapitalregeln für Banken (Basel III) Vorteile für Mittelstandskredite festzuschreiben. In einer unveröffentlichten Untersuchung äußert die EBA erhebliche Zweifel an der Absicht, für Ausleihungen an kleine und mittlere Unternehmen weniger Eigenkapitalhinterlegung zu verlangen als es nach Basel III vorgesehen wäre. Es bestehe das "Risiko einer Gefährdung der finanziellen Stabilität", warnen die Aufseher in der Untersuchung, die der FTD vorliegt.
Laut EBA sind kleine und mittlere Unternehmen besonders anfällig für konjunkturelle Schwächephasen. Das mache es nötig, "große Vorsicht" walten zu lassen, insbesondere am Ende eines Zyklus. Die Banken müssten aber künftig ausreichend gerüstet sein für Kreditausfälle und Krisen. Die EBA sieht es zudem nicht als erwiesen an, dass sich die erwünschten Effekte - mehr Kredite für kleine und mittlere Unternehmen - auf jeden Fall einstellen werden. Das sei "hypothetisch".
Sitz des EU-Parlaments in Straßburg   Sitz des EU-Parlaments in Straßburg
Mit ihrer Warnung fährt die EBA dem EU-Parlament und den Regierungen in die Parade. Vor allem auf Initiative der Abgeordneten hin zeichnen sich in den Beratungen um die Basel-III-Umsetzung in Europa Vorteile für Mittelstandskredite ab. Sie wollen so die Kreditversorgung sichern und argumentieren wie die Firmen selbst, dass solche Kredite weniger riskant seien als andere Bankaktivitäten. Die Gesetzgeber werden sich durch die EBA davon wohl auch nicht abbringen lassen. Es setzt sie aber unter Rechtfertigungszwang.
Für Parlament und Regierungen ist das heikel, da es bereits jetzt weltweit Kritik gibt, dass Europa Basel III aufweicht. Nun kritisiert auch die eigene Aufsicht zentrale Teile der EU-Pläne. Mit dem Regelwerk wollen die Aufseher weltweit Lehren aus der Finanzkrise ziehen. Basel III verlangt, dass Banken mehr und besseres Eigenkapital und mehr liquide Mittel vorhalten müssen. Die geltende Gesetzgebung nach Basel II enthält schon Erleichterungen für Mittelstandskredite. Weil Basel III den Banken aber generell mehr abverlangt, müsste auch für solche Kredite mehr vorgehalten werden.
Der Vorschlag des Parlaments sieht im Kern vor, durch einen speziellen Faktor bei der Berechnung des nötigen Eigenkapitals dafür zu sorgen, dass unter Basel III de facto nicht mehr für einen Mittelstandskredit hinterlegt werden muss als aktuell unter Basel II. Zudem wollen sie die Schwellenwerte, bis zu der die Basel-II-Erleichterungen gelten, anheben.
Die EU-Finanzminister tragen solche Erleichterungen mit. Die Kommission hat deshalb einen Vorschlag ausgearbeitet, der den gleichen Faktor vorsieht wie das Parlament. Der vertrauliche Vorschlag liegt der FTD vor.
Die EBA sieht den Faktor wie auch höhere Schwellenwerte sehr kritisch. Sie hält es für besser, auf andere Instrumente zu setzen, um dem Mittelstand zu helfen - etwa durch die Förderung von Wagnis- und Private-Equity-Kapital oder die Bekämpfung von Zahlungsverzug. Als eine weitere Alternative gilt der EBA der Einsatz "konsistenter Ratings" für kleine und mittlere Unternehmen. Zudem listet der Bericht den verstärkten Einsatz von Verbriefungen und Privatplatzierungen von Anleihen auf und die Ausweitung von Garantien, auch durch die öffentliche Hand. Der Wunsch der Politik sei verständlich, da der Mittelstand in Europa eine zentrale Rolle für die Wirtschaft spiele. Entscheidend sei aber die "Wahl der richtigen Werkzeuge", so die EBA.
Für den Fall, dass die Gesetzgeber dennoch über die Basel-III-Regulierung Erleichterungen festschreiben wollen, dringt die EBA zumindest auf andere Ansätze als den Berechnungsfaktor und die Schwellenwerte. Eine Möglichkeit sei, Kredite an kleine und mittlere Unternehmen beim vorgesehenen Kapitalerhaltungspuffer "zeitweise" auszunehmen. Dieser soll zwischen 2016 und 2019 schrittweise eingeführt werden und beträgt 2,5 Prozent der risikogewichteten Vermögenswerte einer Bank. "Diese Maßnahme würde bedeuten, dass der Effekt von Basel III auf kleine und mittlere Unternehmen neutralisiert würde", heißt es in der Untersuchung.
Die zweite von der EBA genannte Möglichkeit ist recht vage formuliert: "eine regulatorische Maßnahme, die helfen würde, die Zyklizität im Finanzierungsangebot für kleine und mittlere Unternehmen in Zeiten wirtschaftlicher Schwierigkeiten zu überwinden". Im Abschwung könnte es eine Kapitalerleichterung geben, die im Aufschwung wieder beseitigt würde. Wie dieses Instrument konkret aussieht und wie es in der Praxis angewendet würde, steht nicht in der Untersuchung. Als dritte Option schlägt die EBA einen "Nachlass" ("supporting discount") vor, der nicht auf die risikogewichteten Vermögenswerte bezogen würde, sondern am Ende der Eigenkapitalberechnung ins Spiel käme. De facto hieße das dann offenbar, dass es auf das für Mittelstandskredite zu hinterlegende Kapital einen Abzug gäbe. Dafür müssten Banken in der Praxis aber genau unterscheiden und ihre Portfolios wohl getrennt ausweisen.
  • Aus der FTD vom 28.09.2012
    © 2012 Financial Times Deutschland,
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