Die Schale der Chinesischen Walnuss ist rotbraun - und erhält durch langes Reiben einen feinen Glanz
Um Walnüsse ist in
China in den vergangenen Jahren ein irrer Hype entstanden. Umgerechnet 244.000 Euro hat ein Käufer dieses Jahr bei einer Onlineauktion für ein altes Paar gezahlt. "Das war bisher Rekord", sagt Chi Rui, der Betreiber der Handelswebsite. Dass der 28-Jährige schon ein kleines Vermögen mit Walnüssen gemacht hat, verdankt er seiner Großmutter und einem Nebenjob als Student. Wie viele ältere Pekinger spielte auch Chis Oma mit einem Paar Nüsse - bis sie ihr zerbrachen. Als der Enkel ihr ein neues besorgen sollte, behielt er es selbst. "Es war der Beginn einer Liebesgeschichte", sagt Chi. Anstatt E-Commerce-Seiten ins Chinesische zu übersetzen beschloss er, seine eigene Website aufzumachen, nur für Nüsse. Ein Jahr später verdiente der Student knapp 3700 Euro im Monat - das Zehnfache eines Durchschnittslohns. Und das war noch vor 2007. Bevor der Boom begann und die Preise durch die Decke gingen.
Die Tradition reicht 600 Jahre zurück, bis in die Ming-Dynastie. Schon damals waren sie Statussymbol unter den Mandarinen, wie das Züchten von Ziervögeln oder Teetrinken - zeigt all dies doch, dass man sich Müßiggang leisten kann. Das ideale Nusspaar ähnelt dabei eineiigen Zwillingen, die Linien der Schale sind nahezu identisch. "Für einheimische Pekinger ist es ein kulturelles Symbol", sagt Chi. "Die Nüsse haben nostalgischen Wert, sind aber auch ein sehr persönliches Produkt, wie ein Haustier oder die eigene Zahnbürste. Du berührst sie jeden Tag, und je mehr du sie benutzt, desto schöner werden sie."
Während Maos Kulturrevolution wurde die bourgeoise Sitte unterdrückt, im Kapitalismus aber erlebt sie ihre Renaissance. Neureiche Chinesen wissen nicht, wohin mit ihrem Geld. Banken bieten negative Zinssätze, die chinesische Börse gleicht einem Kasino - also stecken Anleger ihr Geld in echte Werte. "Von Pu-Erh-Tee bis Jade kaufen reiche Chinesen alles, was sie können. Deshalb schießen die Preise für wertvolle Sammelgegenstände in die Höhe", sagt der Ökonom Michael Pettis.
Dem jungen Chi bereitet der Hype schon Sorge: Um die Nüsse habe sich eine Blase gebildet. Als regelmäßiger Gast einer Sendung zu Kunstinvestitionen im Staatssender CCTV warnte er die Zuschauer vor deren finanziellen Risiken - bis die Regierung ihn aufforderte, den Kulturbetrieb nicht herunterzureden. "Der Partei macht es Sorgen, dass die Leute über soziale Konflikte und Zusammenstöße reden. Sie fördern Bereiche wie die Kulturindustrie, um das Interesse auf andere Themen zu lenken. Da sind Walnüsse harmlos."