Kurz bevor seine Minister ein milliardenschweres Sparprogramm verkünden, schlendert Spaniens Ministerpräsident Mariano Rajoy mit einer Zigarre im Mund durch New Yorks Straßen. Unter den Bürgern entläd sich ein Sturm der Entrüstung - auf Twitter vergleichen sie Rajoy sogar mit der prunksüchtigen französischen Königin Marie Antoinette.
Spaniens Ministerpräsident Mariano Rajoy hat mit dem öffentlichen Genuss einer Zigarre den Zorn seiner rezessionsgeplagten Mitbürger auf sich gezogen.
Fotos, die auf der spanische Ausgabe der Huffington Post zu sehen sind, zeigen den Regierungschef vor der Radio City Music Hall in der edelen Sixth Avenue in New York beim Rauchen. Zahlreiche Zeitungen des Landes druckten die Bilder am Donnerstag ab - am gleichen Tag stellte seine Regierung ein weiteres Sparpaket vor.
Eine denkbar ungünstige Kombination: In Spanien ist jeder vierte Bürger arbeitslos, seit Tagen kommt es in spanischen Großstädten zu gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen Polizei und Regierungsgegnern. Die Zigarre, von vielen als Sinnbild dekadenter Lebensweise wahrgenommen, provozierte wütende Reaktionen in der spanischen Öffentlichkeit.
Wenn sie keine Zigaretten haben, sollen sie doch Zigarren rauchen
Einige Spanier fühlten sich ihren Äußerungen auf Twitter zufolge durch Rajoy an die französische Königin Marie-Antoinette erinnert. Diese hatte gesagt, die verarmte Bevölkerung solle doch statt des fehlenden Brotes einfach Kuchen essen. Marie-Antoinette wurde in der französischen Revolution geköpft, ihr Ausspruch zum Sinnbild der Ignoranz einer abgehobenen politischen Klasse. In anderen Tweets mutmaßt die Netzgemeinde über Sinn und Folgen der Aktion. So schrieb etwa die Userin Aina Díaz: "Rajoy muss etwas Starkes geraucht haben - gestern erzählte er der Uno, dass es Spanien heute besser ginge als vor einem Jahr."
Die Wut über den rauchenden Rajoy schlug so hohe Wellen, dass die Regierung in Madrid darauf offiziell reagierte: Eine Sprecherin Rajoys sagte, der Ministerpräsident habe in New York einen extrem engen Terminplan gehabt und diese Zigarrenpause sei seine einzige Erholung gewesen. Rajoy selbst ging weder auf die Reaktion auf die Zigarre, noch auf die Forderungen der tausenden Demonstranten ein. Ganz im Gegenteil: In New York forderte er vor Wirtschaftsvertretern, die Ausschreitungen zu ignorieren und sich auf die "schweigende Mehrheit" seiner Unterstützer zu konzentrieren.
Rajoys unglückliche Kommunikationspolitik
Erst zu Beginn der Woche hatte der Lebensstil des Ministerpräsidentens die Gemüter erhitzt: Das spanische Wochenmagazin "Interviu" veröffentlichte eine Spesenrechnungen von einem Regierungsflug Rajoys. Demnach hat der Spanier sich auf dem Rückweg von einem Spiel der Fußballeuropameisterschaft mit seiner Delegation ein 1000-Euro-Menü mit Filet Mignon und teurem Rotwein vom spanischen Volk bezahlen lassen. Außerdem sei Rajoy an Board der Regierungsmaschine für den Genuss von Alkohol bekannt - die Maschine habe immer eine Extraflasche Cardihu-Whisky an Bord wenn der Ministerpräsident fliege.
Rajoys Kommunikationspolitik gilt in Expertenkreisen schon seit längerem als misslungen. "Der Mann ist ein Kommunikations-Ass" sagte ein EU-Diplomat der Nachrichtenagentur Reuters voller Ironie. Neben der unglücklichen Selbstdarstellung werfen ihm Kritiker vor, die EU erst in letzter Minute vom desolaten Zustand des spanischen Bankenwesens unterrichtet und damit die Krise in seiner Heimat maßgeblich verschärft zu haben.
Rajoys Regierung stellte am Donnerstag ihr neues Sparprogramm vor. Sie will vor allem im Sozialwesen weiter kürzen und die Frührente einschränken. Die Spanier machten in den vergangenen Tagen ihrem Unmut über die immer neuen Belastungen Luft. Am Mittwoch kam es in der Hauptstadt Madrid zu Protesten, am Dienstag waren sie in Gewalt umgeschlagen.
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