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Merken   Drucken   26.09.2012, 13:35 Schriftgröße: AAA

SPD-Plan: Was Steinbrück mit Banken und Börse vor hat

Der mögliche SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück erregt mit seinem Bankenplan Politik und Finanzbranche. Mit seinen Vorschlägen will die Partei in den Wahlkampf ziehen. Ein Überblick.
© Bild: 2012 DPA/Bildfunk/Michael Kappeler
Der mögliche SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück erregt mit seinem Bankenplan Politik und Finanzbranche. Mit seinen Vorschlägen will die Partei in den Wahlkampf ziehen. Ein Überblick.
Seit Tagen wird darüber spekuliert - nun hat Peer Steinbrück sein heiß diskutiertes Bankenpapier offengelegt. In einem 25-seitigen Konzept unternimmt der mögliche Kanzlerkandidat mit seiner SPD einen "neuen Anlauf zur Bändigung der Finanzmärkte". Im Kern sieht die Reform die Trennung von Geschäfts- und Investmentbanking, einen eigenen Rettungsschirm, eine strenge Aufsicht und die Regulierung von Managergehältern vor. Die Punkte im Einzelnen.
Steinbrück will die Banken zwingen, Geschäfts- und Investmentbanking klarer zu trennen. Zunächst soll der Eigenhandel beschränkt werden. Er könne komplett aufgegeben oder als eigenständige Investmentgesellschaft mit separaten Vorständen unter dem Dach einer Holding fortgeführt werden.
Steinbrücks Idee zur Trennung ist...

 

Zudem soll das Einlagen- und Kreditgeschäft vom "Graubereich des Handelsgeschäfts im Investmentbanking abgeschirmt werden". Die Abschirmung dürfe aber nicht so weit gehen, dass große Banken nicht mehr die nötigen Dienstleistungen für die Realwirtschaft erbringen können. Durch die "organische Trennung der Geschäftsbereiche" könnten die wichtigen Teile eines Instituts im Falle einer Schieflage auch einfacher abgetrennt werden und weiterbestehen. Die Töchter sollen eigene Vorstände, ein separates Berichtswesen und eigene Bilanzen bekommen. Innerhalb der Holding sollten Kreditvergabe, Kapitaltransfers und Haftungsübernahmen zwischen den Töchtern unter Aufsicht gestellt werden.
Banken, die auf eigene Rechnung mit Wertpapieren handeln, sollen weder Einlagen entgegen nehmen dürfen, noch Zugang zu Zentralbankgeld haben. Banken, die beides machen, sollen sich an anderen Geldhäusern, die Eigenhandel an den Börsen betreiben, weder beteiligen noch diese refinanzieren dürfen.
Für Schattenbanken, die Fremdkapital aufnehmen, sollen die gleichen Eigenkapitalvorschriften wie für Banken gelten. Schattenbanken, die Kredite vergeben, sollen beim Risikomanagement die gleichen Pflichten haben wie andere Institute. Zudem soll verhindert werden, dass Geldhäuser durch die Gründung von Schattenbanken Risiken in unregulierte Bereiche verschieben.
Als Schattenbank wird ein Unternehmen bezeichnet, das zwar kein Kreditinstitut ist, aber dennoch Finanzgeschäfte betreibt. Dazu gehören Hedge-Fonds, Private-Equity-Gesellschaften oder Geldmarktfonds.
Steinrück will die Banken zwingen, mit Milliardenbeträgen für künftige Finanzkrisen vorzusorgen. Die SPD fordert die Einrichtung eines Restrukturierungs- und Abwicklungsfonds (Banken-ESM) für große, systemrelevante Banken in Europa. Für kleine und mittelgroße Institute soll es nationale Bankenabwicklungsfonds geben.
Steinbrücks Idee zum Banken-Rettungsschirm ist...

 

Der Banken-ESM soll in Schieflage geratene Geldhäuser abwickeln oder umbauen dürfen, zum Beispiel durch die Gründung einer Bad Bank oder die Ausgliederung systemrelevanter Geschäftsfelder. Bevor er eingreift, sollen zunächst die Eigentümer und dann die Gläubiger des Instituts einspringen.
Der Rettungsschirm auf europäischer Ebene solle als "Zielvolumen 200 Mrd. Euro" umfassen. Die Höhe der Abgabe für die Banken solle sich an den "Zinsvorteilen der impliziten Staatsgarantie" orientieren, die Banken derzeit als Gewinn einstrichen. Weil der deutsche Staat für die Einlagen der Finanzinstitute garantiert, müssen hiesige Banken weniger Zinsen für Kredite zahlen. Diese Vorteile bringe den Kreditinstituten jährlich Zinsvorteile gegenüber den Wettbewerbern. Allein die Deutsche Bank realisiere daraus jedes Jahr 1 bis 2 Mrd. Euro.
In der Aufbauphase soll dieser "Banken-ESM" Anleihen emittieren können, die von den Banken erworben werden sollen. Dabei soll die Europäische Zentralbank unterstützen. Der Aufbau des Fonds würde dadurch massiv beschleunigt.
Steinbrück unterstützt zudem eine direkte Aufsicht durch die EZB "über große, systemrelevante Banken". Der Banken-ESM soll als europäische Abwicklungsanstalt eine der Einlagensicherung vorgeschaltete Schutzfunktion für private Anleger übernehmen. Dazu solle die EZB mit den nötigen Rechten zur direkten Bankenaufsicht ausgestattet werden. Um Reibungsverluste zu vermeiden, solle das Aufsichtspersonal aus BaFin und Bundesbank sowie der anderen Mitgliedsstaaten direkt der EZB unterstellt werden.
Steinbrücks Idee zur Bankenaufsicht ist...

 

Kleinere und mittlere Institute sollen weiter durch die nationale Aufsicht kontrolliert werden. Das ist auch Haltung der Bundesregierung. Das deutsche System der eigenen Einlagensicherungen von Sparkassen und Genossenschaften soll erhalten bleiben.
Als Lehre aus der Blase in den USA fordert Steinbrück auch eine Begrenzung der Beleihung von Immobilien. "Künftig muss in ganz Europa eine Obergrenze für die Beleihung von Immobilien von 80 Prozent verbindlich vorgeschrieben werden", heißt es in dem Papier. In Boomphasen müsse die Aufsicht die Obergrenze bei 60 Prozent verankern dürfen.
Dem Handel mit Derivaten ohne Bezug zur Realwirtschaft sagt die SPD den Kampf an. Außerbörslich (OTC) gehandelte Derivate sollen künftig auf regulierte Handelsplattformen verlegt werden.
Steinbrücks Idee zum Börsenhandel ist...

 

Auch das Engagement der Banken an den Rohstoffmärkten soll reguliert werden. Spekulative Geschäfte mit Kreditderivaten und ungedeckte Leerverkäufe sollen verboten werden.
Auch der Hochfrequenzhandel soll eingeschränkt werden. Die SPD fordert ein Zulassungsverfahren für Handelsunternehmen und die handelnden Algorithmen. Schädliche Handelsstrategien müssen verboten werden und der Algorithmus muss in einem Stresstest seine Stabilität beweisen und erhält eine eigene Kennung.
Die SPD will an die Managergehälter. Sie fordert "angemessene risikoadäquate Vergütungsstrukturen". Bonuszahlungen dürften dabei das Festgehalt nicht übersteigen. Boni sollen umso geringer ausfallen, je riskanter die Geschäfte sind.
Steinbrücks Idee zur Managervergütung ist...

 

Die variable Vergütung solle aus einem mehrjährigen Bonus-Malus-Pool aus tatsächlich realisierten Gewinnen gespeist werden. Die Vergütung soll nicht nur für Vorstandsmitglieder, sondern für alle Top-Verdiener einer Bank offengelegt werden.
Auch die steuerlichen Vergünstigungen für Managervergütungen sollen eingeschränkt werden: Ihr Absetzbarkeit soll ab der Grenze von einer Million Euro auf "maximal die Hälft beschränkt werden".
  • FTD.de, 26.09.2012
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