Der Angeklagte Paolo Gabriele (r.), Ex-Kammerdiener des Papstes, vor Gericht
Bei Gabriele waren vertrauliche Dokumente gefunden worden, die teils direkt vom Schreibtisch des Papstes stammten. Dem 46 Jahre alten Familienvater wird schwerer Diebstahl vorgeworfen, dafür drohen ihm bis zu vier Jahre Haft. Das Verfahren gegen einen wegen Beihilfe angeklagten Informatiker Claudio Sciarpelletti wurde abgetrennt. Bei ihm wurde ein Umschlag mit Papieren gefunden, die aber entgegen früherer Angaben nicht vertraulich gewesen seien.
Insgesamt acht Zeugen seien für Gabriele benannt worden. Unter ihnen ist neben etwa einem halben Dutzend Gendarmen und einer Helferin aus dem päpstlichen Haushalt auch der päpstliche Privatsekretär Georg Gänswein. Ob und wann Gänswein vor Gericht aussagen wird, blieb offen. Ergebnisse der vom Papst in dem Fall eingesetzten Kardinalskommission werden nicht in den Prozess einfließen - die kirchliche und die weltliche Aufklärung bleiben streng getrennt.
Gabriele erschien in Begleitung seiner Anwältin Cristiana Arru vor dem mit drei italienischen hochkarätigen Juristen besetzten unabhängigen Tribunal. Nach vatikanischem Recht wäre seine Anwesenheit nicht unbedingt notwendig gewesen.
Sollte Gabriele eine Haftstrafe bekommen, müsste er diese in einem italienischen Gefängnis absitzen. Der Papst kann ihn aber begnadigen. Neben Vertretern der Vatikan-Medien "Osservatore Romano" und Radio Vatikan waren nur acht Journalisten zugelassen.
Die Ermittler hätten bei Gabriele insgesamt 82 Kartons voll Papiere sichergestellt, sagte Vatikansprecher Federico Lombardi. "In dieser Masse von Dokumenten waren auch Dokumenten, die mit der Anklage in Verbindung standen", sagte Lombardi. Jedoch habe es sich vielfach auch um Unterlagen gehandelt, die sich Gabriele aus persönlichem Interesse etwa aus dem Internet ausgedruckt hatte.
Neben den Kopien von Hunderten Dokumenten waren bei Gabriele ein auf Papst Benedikt XVI. ausgestellter Scheck über 100 000 Euro, ein Goldklumpen - der möglicherweise gar nicht aus Gold ist - sowie ein wertvolles Buch aus dem 16. Jahrhundert gefunden worden. Diese Geschenke an den Papst habe er zurückbringen wollen, gab Gabriele an.