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Merken   Drucken   30.09.2012, 19:49 Schriftgröße: AAA

"Urban Farming": Blut, Schweiß und Federn

In den USA wird es schick, Geflügel im Hinterhof zu halten - und selbst zu schlachten. Genervte Nachbarn und Tierschützer machen Front gegen das blutige Hobby.
© Bild: 2012 Getty Images/Finn O'Hara
In den USA wird es schick, Geflügel im Hinterhof zu halten - und selbst zu schlachten. Genervte Nachbarn und Tierschützer machen Front gegen das blutige Hobby. von Kim Bode, New York
Herrick Kimball ist stolz auf seinen Sohn: "James ist so ein aktiver Junge mit vielen gesunden Interessen." Zum Beispiel Schlachten: "Seit er elf Jahre alt ist, tötet und rupft er Hühner und nimmt sie aus - und er macht es ziemlich gut", schreibt der Wahllandwirt aus New York in seinem Blog, das Städtern die Angst vor dem Schlachten nehmen soll: "Wenn ein Elfjähriger das kann, könnt ihr das auch."
Mehr als eineinhalb Millionen mal wurde Kimballs Heimschlachtungsanleitung abgerufen. Der Mann, der mit 41 Jahren beschloss, zum Selbstversorger zu werden, ist eine Ikone der wachsenden "Urban Farming"-Szene. Immer mehr Großstadthipster, Bedürftige und Ernährungsfanatiker ziehen Kräuter und Gemüse in Brachflächen und Hinterhöfen, auch die städtische Viehhaltung greift um sich. Und ging es zunächst nur um das tägliche Ei, schlachten laut US-Landwirtschaftsministerium schon zehn Prozent der Hühnerhalter in Denver, Miami, Los Angeles und New York auch selbst.
Was für Ärger sorgt. Denn das Landwirtschaftsministerium beaufsichtigt nur kommerzielle Betriebe, für Heimschlachtungen sind die Kommunen verantwortlich. Die meisten haben dafür aber noch keine klaren Regeln aufgestellt. Die Folge: Es häufen sich Beschwerden genervter Nachbarn über das Treiben der Hobbymetzger. Über 20 Städte haben den blutigen Zeitvertreib schon verboten oder unter Auflagen gestellt.
In Kalifornien haben die Gegner der Heimschlachtung eine Lobbygruppe gebildet. Die "Neighbors Opposed to Backyard Slaughter" kritisieren, dass die Tiere unnötig leiden müssten. "Diese Schlachtungen können ganz schon stümperhaft sein und entsprechen nicht den Standards für das Wohlergehen der Tiere", sagt der Gründer des Interessenverbands, Ian Elwood. Bei einer Ratsanhörung der Gemeinde El Cerrito schockierte er mit dem Tonmitschnitt des Todeskampfs eines privat gehaltenen Ziegenbocks. Zu einem Heimschlachtungsverbot konnte sich die Kommune dennoch nicht durchringen.
Kimball versteht den öffentlichen Widerwillen: "Auch ich habe mich am Anfang total geekelt. Das ist eine ganz normale heutige Reaktion." Er sei auch mal ein verweichlichter Vorortbewohner gewesen, der keinen Bezug dazu hatte, wie Nahrung erzeugt wird - bis er beschloss, sich von der globalisierten Lebensmittelindustrie loszusagen. Und dem Tier, das er essen will, in die Augen zu schauen. "Lebensmittel selbst zu produzieren ist sicherer und gesünder", sagt er. "Und es macht auch einfach sehr viel zufriedener."
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Der wohl prominenteste Befürworter ist Facebook -Chef Mark Zuckerberg: Er kündigte vergangenes Jahr an, nur noch selbst getötete Tiere zu essen. Ein Schwein und eine Ziege waren die ersten Opfer, über die er auf seiner persönlichen Facebook-Seite berichtete - die recht emotionalen Reaktionen reichten von begeistertem Zuspruch bis zu blankem Ekel.
Befürworter verweisen gern auf die Vorteile der Selbstversorgung: Der Kreatur bleibe die Massentierhaltung erspart, das Fleisch komme ohne Futtermittelskandal auf den Tisch. Ganz so heil ist die Welt aber nicht: In Los Angeles holten die Behörden letztes Jahr mehr als 50 ausgemergelte Tiere vom Grundstück eines Hinterhofschlachters. Und im Sommer infizierten sich über 70 Menschen mit Salmonellen aus Hinterhofgeflügel. Was dem Szene-Appeal der Tierhaltung keinen Abbruch tut: "I imagine it's like dating a funky hipster chick", schwärmt ein Food-Blogger unter dem Titel "A Hipster's Guide to Farm Animals": "No matter how hard you try, you won't be as cool as that sexy-ass chick."
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  • Aus der FTD vom 01.10.2012
    © 2012 Financial Times Deutschland,
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