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Merken   Drucken   02.10.2012, 15:30 Schriftgröße: AAA

Issues Management: Wenn Unternehmen in die Schusslinie geraten

Themen in der Öffentlichkeit durchlaufen "Karrieren". Das merken Unternehmen, die zur Zielscheibe eines "Shitstorms" werden. Um das zu vermeiden, braucht es ein Frühwarnsystem, das Trends rechtzeitig aufspürt und präventive Eingriffe erlaubt. von David Wolf (business-wissen.de) 
Im Frühjahr 2011 wütete ein heftiger Sturm über der Firmenzentrale des Konsumgüterherstellers Henkel in Düsseldorf. Es war der Sturm der Entrüstung einer ganzen Fan-Community, die an einem Wettbewerb des Unternehmens teilgenommen hatte, und sich nun ungeheuer veräppelt fühlte. Was war passiert? Henkel hatte die Community aufgerufen, Vorschläge für ein kreatives Etiketten-Design seines Spülmittels "Pril" einzusenden, die von der Netzgemeinschaft bewertet werden konnten. Mehr als 50.000 Designs gingen ein, darunter auch solche, die nicht unbedingt zum Image eines Spülmittels passen wie etwa ein Entwurf, der ein Grillhähnchen zeigte mit dem Spruch darunter: "Schmeckt lecker nach Hähnchen!"
Der Screenshot zeigt das am besten bewertete Spülmittel mit ...   Der Screenshot zeigt das am besten bewertete Spülmittel mit Hähnchengeschmack
Das Votum der Community war eindeutig und beförderte das Hähnchen-Etikett auf Platz eins. Doch jetzt schritt die Marketingleitung von Henkel ein mit dem Argument, eine solche Variante passe einfach nicht zum Sortiment eines Spülmittels. Diese Entscheidung nämlich wurde der Community - anders als vorher suggeriert - durch eine Jury abgenommen, die aus den zehn am besten bewerteten Etiketten die beiden Gewinner auswählte. Jetzt kochte die Community, witterte eine Manipulation des Wettbewerbs - und trat eine Empörungswelle im Netz los. Wüste Beschimpfungen bei Facebook und Twitter waren die Folge. Als Henkel wiederum einige dieser Kommentare löschte, wurde die Entrüstung immer größer. Der "Shitstorm" war perfekt.
Anspruchsgruppen nicht unterschätzen oder ignorieren
Was Henkel mit seinem Wettbewerb am Ende erreicht hatte, war ein PR-Debakel auf ganzer Linie, eine hausgemachte Reputationskrise. Der Wettbewerb wurde zum Fall für die Abteilung "Krisen-PR" des Konzerns.
Viele Unternehmen kämpfen heute mit Image- beziehungsweise Glaubwürdigkeitsproblemen. Dies liegt auch daran, weil bestimmte Anspruchsgruppen sich immer öfter und auch professioneller Mitteln der Public Relations bedienen und Kommunikationspolitik betreiben. Sie schaffen es immer öfter, mit ihren Anliegen Medien und eine breite Öffentlichkeit zu erreichen und entsprechend zu mobilisieren. Unterschätzen oder ignorieren Unternehmen diese Themen, laufen sie Gefahr, die wirtschaftlichen Konsequenzen, wie etwa einen Konsum-Boykott der eigenen Produkte, tragen zu müssen.
Zahlreiche Unternehmenskrisen sind das Ergebnis des Ignorierens gesellschaftlicher Anliegen. Und weil die Anspruchsgruppen immer mehr werden, werden auch die Themen, die Issues, die sich über die öffentliche Meinung (zum Beispiel in Communities) zu Konflikten für Unternehmen entwickeln können, immer mehr. Hier setzt Issues Management als Instrument zur Früherkennung von für das Unternehmen kritischen Themen an. Klaus Peter Ries und Peter M. Wiedemann sind in ihrem Beitrag "Unternehmen im öffentlichen Blickfeld - Zur Funktion und Implementierung von Issues-Management-Systemen" der Ansicht, Issues Management diene:
  • der Früherkennung von Risiken und Chancen, die sich aus öffentlichen Debatten ergeben können.
  • der Entwicklung und Begründung einer angemessenen Position.
  • der frühzeitigen Anpassung oder Neuentwicklung geeigneter Handlungsstrategien.
  • der Vorbereitung auf öffentliche Auseinandersetzungen.
  • der rechtzeitigen Vermittlung der eigenen Positionen an Meinungsbildner in Politik, Medien und Öffentlichkeit.
Wenn die Gerüchteküche also bereits brodelt, sollten Unternehmen spätestens beginnen zu handeln. Schnell entwickeln Themen in einer breiten Öffentlichkeit eine Eigendynamik, die fatale Folgen haben kann. Und weil es in einer globalen und gleichzeitig digitalen Welt eben immer mehr Informationen gibt, spielen die Früherkennung solcher Signale und die damit zusammenhängende Prävention, um Notfallmaßnahmen (Krisen-PR) so gut es geht zu vermeiden, für Unternehmen eine wichtige Rolle.

Stichwort
Themen, also Issues, werden für ein Unternehmen immer dann relevant, wenn Erwartungen und Wahrnehmung in der Öffentlichkeit von den tatsächlichen Aktionen des Unternehmens abweichen.
Quelle: www.perspektive-blau.de

Issues Management als Prozess
Issues stehen nicht einfach so im Raum, sondern haben immer ganz bestimmte Ursachen, Anlässe, warum sie sich entwickeln. Beispiele dafür sind:
  • Vorliegen von Medieninteresse: Es wird über ein Thema ausführlich berichtet.
  • Unterstützung durch Meinungsführer: Prominente Eliten, zum Beispiel ein Wirtschaftsverband, treten für ein bestimmtes Thema ein.
  • Möglichkeit von Alternativen: Unterschiedliche Positionen wie etwa die Erhöhung oder Senkung einer bestimmten Steuer stehen zur Debatte.
  • Dramatische Auswirkungen: Ein Unternehmen wird durch einen Skandal belastet.
  • Politische Verwertbarkeit: Ein Thema, dessen sich Parteien annehmen.
Issues Management reicht in seinen Ursprüngen als Teil des strategischen Managements bis in die 1960er Jahre zurück. Wissenschaftler in den 1970er Jahren ebneten ihm schließlich den weiteren Weg. Sie vertraten die These, dass Diskontinuitäten im (unternehmerischen) Umfeld oft lange Schatten vorauswerfen. Unternehmen müssten diese als "schwache Signale" für einen Wandel erkennen.
Issues Management folgt einem bestimmten Prozess, der sich in mehrere Stufen einteilen lässt:
1. Identifikation
In einem ersten Schritt geht es darum, aktuelle und auch mögliche zukünftige Themen zu identifizieren. Hier machen sich Unternehmen planmäßig auf die Suche nach potenziellen konfliktträchtigen Themen (Monitoring). Doch nach welchen Themen soll an dieser Stelle eigentlich gesucht werden? Eine Frage, die nicht nur die Kommunikationsabteilung von Unternehmen etwas angeht, sondern im Prinzip alle Bereiche. Experten plädieren daher auch dafür, Issues Management als eine Querschnittsaufgabe anzusehen. Kernfragen für die Identifikation von Issues sind nach Klaus Peter Ries und Peter M. Wiedemann:
  • Welche Faktoren entscheiden heute und in Zukunft über Erfolg oder Misserfolg?
  • Welche Chancen und Risiken tun sich auf und was sind die derzeit dringlichsten Probleme?
  • Welche Herausforderungen wird es in den nächsten fünf Jahren geben?
2. Auswahl
Im zweiten Schritt müssen alle identifizierten Issues nach Relevanz und Gefahrenpotenzial ausgewählt und gewichtet werden. Hier müssen Prioritäten gesetzt werden, denn nicht jedes Issue kann gleichermaßen aufgegriffen und bearbeitet werden. Die Kernfragen an dieser Stelle lauten daher:
  • Welche Issues können für das Unternehmen die größten Auswirkungen haben?
  • Welche Bereiche im Unternehmen sind besonders wichtig?

Teil 2: Lernen Sie die folgenden Schritte kennen - Analyse und Umsetzung

  • FTD.de, 02.10.2012
    © 2012 Financial Times Deutschland,
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