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Merken   Drucken   16.10.2012, 09:50 Schriftgröße: AAA

Beteiligungsgesellschaften: Frisches Geld für den Mittelstand

Es gibt Alternativen zum Kredit: Spezialisierte Beteiligungsgesellschaften steigen bei Mittelständlern befristet für eine bestimmte Zeit ein. Das geht fix und unkompliziert - und bringt frisches Geld. von Verena Bast
Kleingeld reicht - Um sich Wünsche zu erfüllen, sind nicht immer ...   Kleingeld reicht - Um sich Wünsche zu erfüllen, sind nicht immer Riesensummen notwendig. Aber woher nehmen?
Harald Gosch kann wieder ­ruhig schlafen. Vor gut zwei Jahren war das noch anders: Seine Firma Gosch Bau stand vor der Pleite. Wichtige Großkunden hatten Aufträge für Rohr- und Kabelleitungen, die Spezialität des Hauses, zurückgefahren. Auch auf Privatkunden war kein Verlass, sie orderten kaum noch neues Pflaster für ihre Hauseinfahrten. Der Umsatz des Familien­betriebs aus Hartenholm bei Hamburg brach dramatisch ein. Mitten in der Krise drehte dann auch noch die Hausbank den Geldhahn zu. Gosch bekam keinen Kredit mehr, um Aufträge vorzufinanzieren und wichtige Maschinen anzuschaffen. Vertrackt. Was also tun?

Wenn Banken und Private-Equity-­Kapital nicht mehr infrage kommen

Der Gang zur Bank fällt gerade für kleine Mittelständlerimmer öfter enttäuschend aus. Unternehmen mit einem Jahres­umsatz von weniger als 1 Mio. Euro berichten dreimal so häufig von Problemen bei der Kredit­aufnahme wie Firmen mit Einnahmen von mehr als 50 Mio. Euro, besagt eine aktuelle Umfrage. Je dünner die Eigenkapital­decke, desto frostiger die Banken. Einige der Alternativen zum Bankkredit, etwa Private-Equity-­Kapital, kommen selten infrage, weil diese Investoren in Millionendimensionen denken. Selbst die Mittelstandsfonds der Landesbanken stehen meist erst ab einer Beteiligungssumme von 1 Mio. Euro bereit.
Doch es gibt durchaus ­interessante Angebote für die Kleineren. Passende Finanzierungen bieten etwa die Mittelständischen Beteiligungsgesellschaften (MBG) in den ­Bundesländern an, die sich als stille Gesellschafter an Unternehmen beteiligen.
Das Konzept ist einfach: Eine MBG stellt Kapital - mitunter schon ab 10.000 Euro - bereit, meist für zehn Jahre und ohne dafür Sicherheiten zu verlangen. Das Geld gibt es schnell und unkompliziert - dafür ist es teuer. Die Vergütungen liegen über den banküblichen Kreditzinsen.

Mit der MBG das Unternehmen stärken und Zinsen bei der Hausbank sparen

Für Harald Gosch war die MBG Schleswig-Holstein der Retter in der Not. Der Finanzierer, an dem unter anderem die Commerzbank und die Dachverbände der Sparkassen und Volksbanken beteiligt sind, investierte 88.000 Euro. Dank der Geldspritze meisterte der Handwerks­betrieb das Tief und wuchs kräftig. Heute stehen auf dem Firmenhof ein neuer Transporter und dringend benötigte ­Spezialmaschinen für den Kabelleitungsbau. "Und wir haben sechs neue Mitarbeiter eingestellt", erzählt der Firmenchef. Auch der ­Gewinn ist um 50 Prozent gestiegen, trotz der fälligen Zinsen. Gosch zahlt ein jährliches Fixum von neun Prozent und zusätzlich eine gewinnabhängige Vergütung von weiteren drei Prozent.
Dafür sinken die Kosten an anderer Stelle. Die Banken werten eine stille Beteiligung als Eigenkapital. Das verbessert das Rating und senkt den Zins für laufende Darlehen. So überweist Gosch für seinen Kontokorrentkredit nur noch knapp zehn statt vorher 14,5 Pro­zent Zinsen bei seiner Hausbank. Inzwischen erhält er einen zweiten Kontokorrentkredit von einer anderen Bank, ein Ergebnis der besseren Eigenkapitalausstattung. Dank der MBG-Beteiligung stieg Goschs Eigenkapitalquote auf üppige 50 Prozent.
Zudem schont das Modell die Liquidität, zumindest anfangs. Unternehmer müssen oft erst ab dem sechsten Jahr oder am Ende der Laufzeit zurückzahlen: "Der Kapitaldienst ist oft niedriger als bei Fremdkapital", sagt Gerd-Rüdiger Steffen von der MBG Schleswig-Holstein. Und falls es dennoch nicht reicht? "Dann besteht die Möglichkeit, die Beteiligung um fünf Jahre zu verlängern, mit jährlicher Tilgung." Allerdings sollten die Unternehmer nach einiger Zeit diszipliniert Geld zurücklegen, um das Kapital zurückzahlen zu können, rät Steffen. Damit sich am Ende nicht plötzlich wieder ein neues Finanzloch auftut.

Ein überzeugendes Konzept, mit steigerungsfähigem Potenzial

Was viele Unternehmer besonders schätzen: Die MBG gibt erst Geld, dann Ruhe. Mitspracherecht wird nicht gefordert. Stille Beteiligungen seien für Unternehmer attraktiv, "die sich nicht ins Handwerk pfuschen lassen wollen", sagt Birgit ­Felden, Vorstandssprecherin der auf Mittelstand spezialisierten Unternehmensberatung TMS. Es handle sich um ein "tolles Konzept", dessen Potenzial noch längst nicht ausgeschöpft sei.
Zumindest spricht es sich herum. Herbert Grunwald etwa brauchte 250.000 Euro, unter anderem für den Kauf geleaster Geräte und einen Vertriebler für seine Firma Aqua-Protect, Spezialist für die Sanierung von Trinkwasserleitungen. Doch er wollte nicht die komplette Summe von der Hausbank leihen. Also besorgte sich Grunwald den Rest von der MBG Baden-Württemberg: "Die MBG war in den Konditionen günstiger als die anderen Anbieter."
Neben den Finanziers der Länder gibt es einige private Kapitalgeber, die sich schon mit fünfstelligen Summen engagieren. Allerdings fordern sie für stille Beteiligungen häufig hö­here Vergütungen. So vergibt etwa HCM aus Quickborn Summen ab 10.000 Euro - meist für fünf Jahre - und berechnet dafür ein jährliches Fixum von zwölf Prozent. Hinzu kommen eine Gewinnbeteiligung von ein bis zwei Prozent sowie bis zu 3000 Euro für einen Businessplan, der mit der Finanzierungsgesellschaft erstellt wird - oft die Voraussetzung für den Einstieg. Dennoch läuft das Geschäft: "Wir kriegen pro Tag ein bis zwei Anträge herein", sagt HCM-Geschäftsführer Franco Ottavio Mathias: "Die ­Unternehmen haben ordentlich zu tun, aber sie kriegen es oft nicht finanziert."
  • FTD.de, 16.10.2012
    © 2012 Financial Times Deutschland
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