Beurteilung:Was beim Arbeitszeugnis zu beachten ist
Für Arbeitgeber ist die Erstellung eines Arbeitszeugnisses oftmals eine lästige Pflicht, aber für Arbeitnehmer eine oftmals wichtige Visitenkarte für das künftige Berufsleben. Die wichtigsten Fakten. von Harald Czycholl
Trotz schlechtem Auseinandergehen, darf sich der Chef nicht mithilfe des Zeugnisses rächen
Über die Formulierungen im Arbeitszeugnis müssen häufig Arbeitsrichter urteilen, wenn sich Chef und scheidende Mitarbeiter streiten. Dabei lässt sich ein kostspieliges Verfahren - als Streitwert wird regelmäßig ein Bruttomonatsgehalt des Mitarbeiters angesetzt - leicht vermeiden: Formulierungen müssen sich an Recht und Gesetz halten. "Sonst macht sich der Arbeitgeber unter Umständen schadensersatzpflichtig", sagt Matthias Jacobs, Professor für Arbeitsrecht an der Bucerius Law School (BLS) in Hamburg. Auch wenn man im Streit auseinandergeht, darf der Chef sich nicht mithilfe des Zeugnisses rächen.
Wer für den Arbeitgeber arbeitet, hat das Recht auf ein Arbeitszeugnis - auch Handelsvertreter, freie Mitarbeiter und angestellte Geschäftsführer. Ob in Teil- oder Vollzeit, im Haupt- oder Nebenberuf oder sogar ganz ohne Arbeitsvertrag gearbeitet wurde, ist unerheblich. Nur wer seine Dienste in wirtschaftlicher Selbstständigkeit anbietet, kann dafür kein Zeugnis verlangen - das gilt etwa für Ärzte, Rechtsanwälte oder Therapeuten im Verhältnis zu ihren Kunden oder Auftraggebern. Inhaltlich wird zwischen einem einfachen und einem qualifizierten Arbeitszeugnis unterschieden. Das einfache Zeugnis ist ein schlichter Tätigkeitsnachweis, den der Chef seinen Mitarbeitern auf Wunsch jederzeit ausstellen muss. Das qualifizierte Zeugnis bewertet Führung und Leistung des Arbeitnehmers. Der Anspruch darauf entsteht erst mit dem Ende der Beschäftigung.
Das qualifizierte Zeugnis wird mit Ende der Kündigungsfrist fällig. "Der Arbeitgeber muss es am letzten regulären Arbeitstag des Arbeitnehmers am Arbeitsplatz bereithalten", erklärt Rechtsexperte Jacobs. Zuschicken muss der Chef das Zeugnis seinem scheidenden Mitarbeiter nicht - Juristen sprechen hier von der "Holschuld". Ausnahmen: Der Arbeitnehmer hat Hausverbot, ist länger krank oder hat zuvor schon erfolglos versucht, sein Zeugnis abzuholen. Versäumt er es, rechtzeitig nach einem Arbeitszeugnis zu verlangen oder das Zeugnis abzuholen, kann er sein Recht darauf verwirken. Manche Arbeits- und Tarifverträge enthalten Klauseln, wonach Ansprüche aus dem Anstellungsverhältnis innerhalb eines Monats nach Fälligkeit schriftlich geltend gemacht werden müssen. Ansonsten gilt die gesetzliche Frist: Der Anspruch auf ein Arbeitszeugnis verjährt nach drei Jahren.
Wichtigste formale Voraussetzung: "Das Zeugnis muss klar und verständlich formuliert sein", sagt Alexander Bredereck, Fachanwalt für Arbeitsrecht aus Berlin. Rechtschreib-, Grammatik- oder Tippfehler sind tabu - sie könnten von künftigen Arbeitgebern als mangelnde Wertschätzung gedeutet werden. Das Dokument muss auf hochwertigem Firmenbriefpapier erstellt werden und sollte als Datum den letzten regulären Arbeitstag des Arbeitnehmers beinhalten. Die Anschrift des Arbeitnehmers darf nicht im Briefkopf stehen. Unterschreiben muss mindestens sein direkter Vorgesetzter oder eine noch ranghöhere Person. "Werden Formerfordernisse nicht beachtet, hat der Arbeitnehmer einen Zeugnisberichtigungsanspruch, den er notfalls gerichtlich durchsetzen kann", sagt BLS-Professor Jacobs.
Der Arbeitnehmer hat einen Anspruch darauf, dass im qualifizierten Zeugnis vollständig und wahrheitsgemäß beschrieben wird, was seine Aufgabe im Unternehmen war, dass auf diese Tätigkeiten eingegangen wird und sie bewertet werden. "Der künftige Arbeitgeber soll sich ein möglichst umfassendes Bild vom Arbeitnehmer machen können", sagt Jacobs. Grundsätzlich müsse der Arbeitgeber dabei beachten, "dass das Zeugnis dem beruflichen Fortkommen des Arbeitnehmers dienen soll".
Diesem Fortkommen oft abträglich sind versteckte Hinweise im Zeugnis. Wer "engagiert für die Interessen der Kollegen" eingetreten ist, war im Betriebsrat, wer "für die Belange der Kollegen immer Einfühlungsvermögen" bewies, suchte sexuelle Kontakte im Kollegenkreis. "Es hat sich eine Codesprache etabliert, die beide Seiten kennen sollten", sagt Experte Jacobs. Arbeitgeber sollten von derartigen Formulierungen absehen - sie sind verboten. Etablierte Umschreibungen für Leistung wie auch persönliches Verhalten gegenüber Kollegen und Vorgesetzten sind Formulierungen von "stets zur vollsten Zufriedenheit" für die Schulnote "sehr gut" bis zu "war bemüht" für "ungenügend". Um Ärger zu vermeiden, erlauben viele Vorgesetzte ihren Mitarbeitern, sich ihr Zeugnis selbst zu schreiben. Solange das Zeugnis inhaltlich wahr bleibt, ist dagegen nichts einzuwenden
Die Pleite droht – was ist zu tun? Im Chat am Mittwoch, 24.10.: Jan Rosenkranz, ehemaliger enable2start-Gewinner, der sein Bio-Restaurant Nat 2008 schließen musste. mehr
Seit wann gehört Kreta zu Griechenland? Welchen Alkoholgehalt haben die meisten Weine? Wozu verhext Goethes "Zauberlehrling" den alten Besen? Prüfen Sie Ihr Wissen im 66. Teil der Serie von FTD und wissen.de.
Wie wird eine Flasche Wein mit 1,5 Litern Inhalt bezeichnet?
Der langjährige Deutsche-Bank-Manager Constantin von Oesterreich rückt an die Spitze der skandalträchtigen HSH Nordbank. Mit chaotischen Veranstaltungen hat er so seine Erfahrung.
mehr
Ob beim Meeting im Büro oder beim Chillen nach Feierabend: Im Geschäftsleben gibt es viele Begriffe, die ein angehender CEO kennen sollte. Das FTD-Businesstalk-Lexikon stellt die passenden Wörter vor. Diesmal: "Generationswechsel" und "Erfolgsgeschichte". mehr
Sie wird schon lange als ungerecht kritisiert. Kippt das Verfassungsgericht die Grundsteuer, bekommen Hausbesitzer Geld zurück - wenn sie sich gewehrt haben. mehr
Einst war die Firma Mammut nur Bergsteigern bekannt. Bis Rolf Schmid den Schweizern den Blick auf den Markt beibrachte. Trotzdem verzichtet das Unternehmen aufs Massengeschäft - und schärft so sein Profil. mehr
Jahrzehntelang ging es der Zunft blendend: Die Kunden wechselten selten, Preiswettbewerb gab es nicht, Service war Ermessenssache. Eine neue Generation Berater mischt jetzt die verwöhnte Branche auf - zum Nutzen der Mandanten. mehr
Kontrolle zerstört die Lust auf Leistung, schreibt Reinhard Sprenger in seinem Buch "Radikal führen". Manager brauchen daher ein neues Selbstverständnis mehr
Ein eigenes Ladenlokal für ihre Kuchenpralinen plant Gugl-Gründerin Chalwa Heigl in München. Lieber prominente Lage und hohe Miete anstatt falsche Zielgruppe, sagt sie sich. Danach möchte sie in andere Städte expandieren. mehr
Der Bundesfinanzhof hat die derzeitige Erbschaftssteuer verworfen. Steuerberater werben deshalb unter Firmenchefs, die günstige jetzige Regelung zu nutzen, solange sie noch gilt. Ende des Monats könnte es schon zu spät sein. mehr
Die deutschen Hochschulen haben noch nie so viele Drittmittel aus Wirtschaft und öffentlicher Forschungsförderung eingeworben wie 2010. Insgesamt erhielten sie 5,9 Mrd. Euro. mehr
Börsen- und Finanzmarktdaten:
Bereitstellung der Kurs- und Marktinformationen erfolgt durch die Interactive Data Managed Solutions
AG. Es wird keine Haftung für die Richtigkeit der Angaben übernommen!