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Merken   Drucken   19.10.2012, 06:00 Schriftgröße: AAA

Beurteilung: Was beim Arbeitszeugnis zu beachten ist

Für Arbeitgeber ist die Erstellung eines Arbeitszeugnisses oftmals eine lästige Pflicht, aber für Arbeitnehmer eine oftmals wichtige Visitenkarte für das künftige Berufsleben. Die wichtigsten Fakten. von Harald Czycholl
Trotz schlechtem Auseinandergehen, darf sich der Chef nicht ...   Trotz schlechtem Auseinandergehen, darf sich der Chef nicht mithilfe des Zeugnisses rächen
Über die Formulierungen im Arbeitszeugnis müssen häufig Arbeitsrichter urteilen, wenn sich Chef und scheidende Mitarbeiter streiten. Dabei lässt sich ein kostspieliges Verfahren - als Streitwert wird regelmäßig ein Bruttomonatsgehalt des Mitarbeiters angesetzt - leicht vermeiden: Formulierungen müssen sich an Recht und Gesetz halten. "Sonst macht sich der Arbeitgeber unter Umständen schadensersatzpflichtig", sagt Matthias Jacobs, Professor für Arbeitsrecht an der Bucerius Law School (BLS) in Hamburg. Auch wenn man im Streit auseinandergeht, darf der Chef sich nicht mithilfe des Zeugnisses rächen.
Illustration Fallstricke Arbeitszeugnis   Illustration Fallstricke Arbeitszeugnis
Wer für den Arbeitgeber arbeitet, hat das Recht auf ein Arbeitszeugnis - auch Handelsvertreter, freie Mitarbeiter und angestellte Geschäftsführer. Ob in Teil- oder Vollzeit, im Haupt- oder Nebenberuf oder sogar ganz ohne Arbeitsvertrag gearbeitet wurde, ist unerheblich. Nur wer seine Dienste in wirtschaftlicher Selbstständigkeit anbietet, kann dafür kein Zeugnis verlangen - das gilt etwa für Ärzte, Rechtsanwälte oder Therapeuten im Verhältnis zu ihren Kunden oder Auftraggebern. Inhaltlich wird zwischen einem einfachen und einem qualifizierten Arbeitszeugnis unterschieden. Das einfache Zeugnis ist ein schlichter Tätigkeitsnachweis, den der Chef seinen Mitarbeitern auf Wunsch jederzeit ausstellen muss. Das qualifizierte Zeugnis bewertet Führung und Leistung des Arbeitnehmers. Der Anspruch darauf entsteht erst mit dem Ende der Beschäftigung.
Illustration Fallstricke Arbeitszeugnis   Illustration Fallstricke Arbeitszeugnis
Das qualifizierte Zeugnis wird mit Ende der Kündigungsfrist fällig. "Der Arbeitgeber muss es am letzten regulären Arbeitstag des Arbeitnehmers am Arbeitsplatz bereithalten", erklärt Rechtsexperte Jacobs. Zuschicken muss der Chef das Zeugnis seinem scheidenden Mitarbeiter nicht - Juristen sprechen hier von der "Holschuld". Ausnahmen: Der Arbeitnehmer hat Hausverbot, ist länger krank oder hat zuvor schon erfolglos versucht, sein Zeugnis abzuholen. Versäumt er es, rechtzeitig nach einem Arbeitszeugnis zu verlangen oder das Zeugnis abzuholen, kann er sein Recht darauf verwirken. Manche Arbeits- und Tarifverträge enthalten Klauseln, wonach Ansprüche aus dem Anstellungsverhältnis innerhalb eines Monats nach Fälligkeit schriftlich geltend gemacht werden müssen. Ansonsten gilt die gesetzliche Frist: Der Anspruch auf ein Arbeitszeugnis verjährt nach drei Jahren.
Illustration Fallstricke Arbeitszeugnis   Illustration Fallstricke Arbeitszeugnis
Wichtigste formale Voraussetzung: "Das Zeugnis muss klar und verständlich formuliert sein", sagt Alexander Brede­reck, Fach­anwalt für Arbeitsrecht aus Berlin. Rechtschreib-, Grammatik- oder Tippfehler sind tabu - sie könnten von künftigen Arbeitgebern als mangelnde Wertschätzung gedeutet werden. Das Dokument muss auf hochwertigem Firmenbriefpapier erstellt werden und sollte als Datum den letzten regulären Arbeitstag des Arbeitnehmers beinhalten. Die Anschrift des Arbeitnehmers darf nicht im Briefkopf stehen. Unterschreiben muss mindestens sein direkter Vorgesetzter oder eine noch ranghöhere Person. "Werden Form­erfordernisse nicht beachtet, hat der Arbeitnehmer einen Zeugnisberichtigungsanspruch, den er notfalls gerichtlich durchsetzen kann", sagt BLS-Professor Jacobs.
Illustration Fallstricke Arbeitszeugnis   Illustration Fallstricke Arbeitszeugnis
Der Arbeitnehmer hat einen Anspruch darauf, dass im qualifizierten Zeugnis vollständig und wahrheitsgemäß beschrieben wird, was seine Aufgabe im Unternehmen war, dass auf diese Tätigkeiten eingegangen wird und sie bewertet werden. "Der künftige Arbeitgeber soll sich ein möglichst umfassendes Bild vom Arbeitnehmer machen können", sagt Jacobs. Grundsätzlich müsse der Arbeitgeber dabei beachten, "dass das Zeugnis dem beruflichen Fortkommen des Arbeitnehmers dienen soll".
Illustration Fallstricke Arbeitszeugnis   Illustration Fallstricke Arbeitszeugnis
Diesem Fortkommen oft abträglich sind versteckte Hinweise im Zeugnis. Wer "engagiert für die Interessen der Kollegen" eingetreten ist, war im Betriebsrat, wer "für die Belange der Kollegen immer Einfühlungsvermögen" bewies, suchte sexuelle Kontakte im Kollegenkreis. "Es hat sich eine Codesprache etabliert, die beide Seiten kennen sollten", sagt Experte ­Jacobs. Arbeitgeber sollten von derartigen Formulierungen absehen - sie sind verboten. Etablierte Umschreibungen für Leistung wie auch persönliches Verhalten gegenüber Kollegen und Vorgesetzten sind Formulierungen von "stets zur vollsten Zufriedenheit" für die Schulnote "sehr gut" bis zu "war bemüht" für "ungenügend". Um Ärger zu vermeiden, erlauben viele Vorgesetzte ihren Mitarbeitern, sich ihr Zeugnis selbst zu schreiben. Solange das Zeugnis inhaltlich wahr bleibt, ist dagegen nichts einzuwenden
  • FTD.de, 19.10.2012
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