Ein paar Minuten später wiederum sagt sie, diese Staaten könnten Haushaltskonsolidierung und die Wachstumsinvestitionen nicht gleichzeitig schaffen, deswegen sei ein europäischer Solidaritätsfonds nötig. Ähnlich, sagen wir mal, inhaltlich breit aufstellt ist sie in der Frage, welche Durchgriffsrechte Brüssel auf die Haushaltspläne der Nationalstaaten haben soll - sie sei für starke Rechte für den EU-Währungskommissar, die Souveränität der Parlamente müsse aber natürlich gewahrt bleiben.
So kann Merkel am Ende immer sagen, sie sei von Anfang an dafür gewesen - egal, wie es kommt.
Peer Steinbrück hat offenbar noch keine wirkliche Idee, wie er diese Alle-Positionen-Politik der Kanzlerin attackieren kann. Er kritisiert Merkel zwar dafür, dass sie zu lange die Euroskeptiker aus
CSU und
FDP öffentlich krakeelen ließ und ihr Bekenntnis zu mehr Europa nicht schon 2010 abgab. Mit beidem hat er vollkommen recht. Aber reicht diese Kritik an Timing und Führungsstil schon, um sich als Alternative zu ihr zu empfehlen? Die Wähler wollen doch vielmehr erfahren, wie die Krise beendet wird und wie viel das kostet.
Dazu hören sie aber von Steinbrück diesmal wenig. Er gibt sich nicht als Kandidat der Opposition, sondern als der der Ökonomenzunft: Er zitiert Denkschriften, spricht von "strukturellen Disparitäten", "antizyklischem Verhalten" und "Wirkungsanalysen". Und er sagt nur, was in den vergangenen Jahren schiefgelaufen ist, ohne konkret zu werden, was er anders machen will.
Diese Zeigefingertaktik - Fehler des Amtsinhabers anzuprangern, ohne eigene Konzepte zu präsentieren - ist nicht neu. Gerade etwa versucht sie
Mitt Romney gegen US-Präsident
Barack Obama. Immerhin: So wird Steinbrück spätestens am 6. November, dem Tag der US-Präsidentschaftswahl, erfahren, ob diese Taktik beim Wähler verfängt.