FTD.de » Sport » Fußball » Nationalmannschaft » Warum das 4:4 kein "Lernspiel" ist
Merken   Drucken   17.10.2012, 11:33 Schriftgröße: AAA

WM-Qualifikation: Warum das 4:4 kein "Lernspiel" ist

Kommentar Historisch verdaddelt: Das ist die negative Interpretation des 4:4-WM-Qualifikationsspiels gegen Schweden. "Ein Lernspiel" lautet die positive. Doch beide Erklärungen greifen zu kurz. Ein Kommentar von Axel Kintzinger 
Pech für Wolfgang Schäuble. Sein europapolitischer Vorstoß dominierte die öffentliche Diskussion in Deutschland zwar einige Stunden, aber am späten Abend hatte die Nation nur noch ein ganz anderes Thema: das historische Verdaddeln eines historisch hochklassig herausgespielten Sieges in einem Pflichtspiel der Fußball-Nationalmannschaft. Tatsächlich wird das 4:4 gegen Schweden nicht als eines der wichtigsten Länderspiele in die Geschichtsbücher eingehen. Aber als eines der spektakulärsten.
Die Frage ist nur, ob der Zusammenbruch der DFB-Auswahl nach einer 4:0-Führung in der 60. Minute eine größere Aussagekraft hat. Ob er bedeutet, dass der Mannschaft von Bundestrainer Joachim Löw tatsächlich die Klasse fehlt, um ganz hohe Ziele zu erreichen. Um endlich wieder einmal Weltmeister zu werden, zum Beispiel. Oder um endlich, endlich Spanien zu schlagen, die seit Jahren hellste Kerze auf der globalen Fußballtorte. Reicht es dafür? Die Antwort auf diese Frage lautet ganz klar: jein.
Was braucht die deutsche Nationalmannschaft?

 

Zum Ergebnis Alle Umfragen

Im Kern hat dieses verblüffende Ereignis von Berlin einen banalen Grund, den jeder kennt, der selber Mannschaftssport betrieben hat. Ein grandios herausgespieltes 4:0 nach einer Stunde gegen einen Gegner, der sich in dieser Partie mehr Mitleid verschafft hat als Respekt - in so einer Situation schaltet wahrscheinlich jedes Fußballerhirn auf Standby-Modus herunter. Da kann man sich tausendmal vornehmen, die Konzentration hochzuhalten und so ernsthaft weiter zu spielen wie zuvor. Diese Haltung ändert sich auch nicht, wenn ein Gegentor fällt.
Und vielleicht auch nicht nach einem zweiten. Die deutsche Mannschaft hat die Klasse, einen 4:2-Vorsprung gegen einen mediokren Gegner wie Schweden ins Ziel zu bringen, und sie weiß es auch. Normalerweise. An diesem Abend in Berlin war aber nicht viel normal, und das Team war sich zu sicher. Nicht nur die Spieler, auch der Trainer. Deshalb wohl hat Joachim Löw in dieser Situation den offensiven Dribbler Mario Götze eingewechselt anstelle eines humorlosen Abwehrrecken. Dann gewinnen wir halt 6:2, sollte dieser Tausch bedeuten.
Doch die siegessichere Mannschaft verfiel in eine Schockstarre, während die Schweden auf einer Endorphinwelle zu ihrem Erfolg surfte. So etwas passiert selten, aber es kann vorkommen - und ist schließlich der Grund, warum wir den Fußball so lieben. Insofern könnte der Erkenntnisgewinn gering sein, auch wenn hinterher viel von einem "Lernspiel" (Mehmet Scholl) die Rede war und davon, dass jedem deutschen Nationalspieler, der daran beteiligt war, so etwas wohl nie wieder passieren dürfte.
Ganz so einfach ist es aber doch nicht. Denn anders als die 70.000 Zuschauer im Stadion und die Millionen vor den Fernsehschirmen schienen ausgerechnet die elf Spieler auf dem Platz nicht gespürt zu haben, was da gerade passierte, wie das Spiel kippte. Da war keiner, der aufwachte und seine Kollegen alarmierte. Womit sich, wieder einmal, die Frage nach Führungsspielern stellt. Das ist eine in Deutschland beliebte Diskussion, und sie ist eigentlich dämlich. Hoch entwickelte Mannschaften können auf solch archaische Strukturen nämlich verzichten. Spanien zum Beispiel hat keinen Führungsspieler - oder, wenn man so will, elf davon (und noch ein paar auf der Bank). Im DFB-Team scheint aber niemand über diese Qualität zu verfügen. Kapitän Philipp Lahm nicht, und auch Bastian Schweinsteiger geht sie ab. Er scheint die wichtigen Dinge des Spiels lieber in Interviews zu ventilieren als auf dem Platz. Vielleicht ändert sich das ja nach dieser Partie.
Das wäre ja auch schon mal ein schöner Lernerfolg. Ansonsten ist schließlich nichts Gravierendes passiert. Niemand ist gestorben, kein Endspiel wurde vergeigt. Nicht einmal die Qualifikation für Brasilien 2014 ist in Gefahr. Im günstigsten Fall hatte das Publikum einen aufregenden Abend, und das Team Nationalmannschaft ist etwas klüger. Zurück zur Euro-Krise.
  • FTD.de, 17.10.2012
    © 2012 Financial Times Deutschland
Jetzt bewerten
Bookmarken   Drucken   Senden   Leserbrief schreiben   Fehler melden  
Kommentare
  • 17.10.2012 12:27:13 Uhr   ratty223: Arrogant

    Die Mannschaft spielte, wie schon bei der WM gegen Italien, gestern Abend arrogant und hat den Gegner nicht ernst genommen.

Kommentar schreiben Pflichtfelder*





Den Parameter für die jeweilige Rubrik anpassen: @videoList
Die Ergebnisse
der 1. Bundesliga
1899 Hoffenheim-SpVgg Greuther Fürth3:3(1:1)
Borussia Dortmund-FC Schalke 04-:-
Bayer Leverkusen-FSV Mainz 05-:-
VfL Wolfsburg-SC Freiburg-:-
Eintracht Frankfurt-Hannover 96-:-
Fortuna Düsseldorf-Bayern München-:-
Werder Bremen-Bor. Mönchengladbach-:-
1. FC Nürnberg-FC Augsburg-:-
Hamburger SV-VfB Stuttgart-:-
zum Live-Ticker >>
Schlagzeilen
MOTORSPORT

mehr Motorsport

RADSPORT

mehr Radsport

TENNIS

mehr Tennis

SPORTMIX

mehr Sportmix

© 1999 - 2012 Financial Times Deutschland
Aktuelle Nachrichten über Wirtschaft, Politik, Finanzen und Börsen

Börsen- und Finanzmarktdaten:
Bereitstellung der Kurs- und Marktinformationen erfolgt durch die Interactive Data Managed Solutions AG. Es wird keine Haftung für die Richtigkeit der Angaben übernommen!

Impressum | Datenschutz | Nutzungsbasierte Online Werbung | Disclaimer | Mediadaten | E-Mail an FTD | Sitemap | Hilfe | Archiv
Mit ICRA gekennzeichnet

VW | Siemens | Apple | Gold | MBA | Business English | IQ-Test | Gehaltsrechner | Festgeld-Vergleich | Erbschaftssteuer