Unsere Autorin Antonia Götsch macht sich im schicken Nine Hours mit ihrer Schlafwabe vertraut. Die weißen Hausschühchen bleiben draußen stehen
33 Jahre nach Eröffnung des ersten Kapselhotels in Osaka wird das Modell in
Japan gerade neu entdeckt. Alles, was man zum Übernachten braucht, auf so wenig Raum wie möglich zusammengefasst - das passt in die Zeit. Nur das Schmuddelimage stört. So investieren jetzt immer mehr Anbieter in moderne und schicke Schlafwaben, lassen Frauen rein und übersetzen ihre Websites auf Englisch, um Touristen zu überzeugen. An der Spitze des Wandels stehen edle Designkapselhotels wie das Nine Hours. Die Investoren wollen das Konzept national ausrollen, Kioto ist der Testlauf.
Und der sieht ein bisschen so aus, als hätte man ihn dem Kubrick-Film "2001 - Odyssee im Weltraum" entlehnt. Oder "Matrix". Wie Brutkästen wirken die Kapseln von außen; Waben, in denen neue Menschen gezogen werden. Morgens frühstücken die Zukunftstouristen in der Lobby an einem langen weißen Tisch. Vor jedem Gast steht ein Laptop und ein in Folie eingeschweißtes Frühstück aus dem Automaten. Mit einer Hand tippen sie, mit der anderen greifen sie nach Reisbällchen oder süßen Teilchen und Tee.
Immerhin, räumt meine Freundin Saki ein, sei das Prinzip Kapselhotel ja auch gar nichts Schlechtes. Wenn man mal die Betrunkenen weglässt. Billiger schlafen könne man nicht - für 25 bis 50 Euro gibt es in Japan sonst gerade mal ein, zwei Stunden im Liebeshotel. Und: Wer in der Kapsel übernachtet, braucht an nichts zu denken: Zahnbürste, Duschzeug und Pyjama sind inklusive.
So funktioniert das auch im Nine Hours, wo Symbole und Pfeile den Weg vom Eingang bis zur Kapsel weisen. Zunächst geht es zu den Schuhschränken - es herrscht nämlich Pantoffelpflicht. Dann zur Rezeption und zu den Schließfächern für die Koffer. Männer und Frauen haben je einen eigenen Fahrstuhl und eigene Stockwerke. Es gibt ein großes, weißes Gemeinschaftsbad, nach Geschlechtern getrennt. Die Duschen und Waschbecken sind blitzsauber - und es gibt so viele davon, dass man nicht warten muss. An jedem der 20 Schminktische liegen ein Fön, Creme und Watte; zudem hat jeder Gast einen eigenen Schrank mit Hausanzug (schwarz), Handtüchern, Zahnbürste, Kamm und Duschzeug (alles weiß).