Der Präsident des Bundesfinanzhofs, Rudolf Mellinghof, fürchtet eine unzulässige Kriminalisierung der Bürger
Flankenschutzbeamte kommen immer häufiger zum Hausbesuch beim Steuerzahler, sie sind sogar speziell dafür ausgebildet - und sie schalten die Steuerfahndung ein, wenn sie jemanden bei Mauscheleien ertappt haben. Dadurch aber, so Mellinghoff, verwischt die Grenze zwischen der Steuerverwaltung und Strafverfolgung immer mehr. "Es besteht die große Gefahr, dass der Steuerbürger unzulässig kriminalisiert wird", sagte er auf dem Deutschen Steuerberatertag in Hamburg. "Dem müssen wir mit großer Entschiedenheit entgegentreten."
Und zwar auf allen Ebenen. Der BFH-Präsident sieht eine Tendenz der Finanzverwaltung, zur Straftat zu erklären, was bislang nicht mehr als eine Schludrigkeit war. Ist einem Unternehmer beispielsweise früher bei der Umsatzsteuervoranmeldung ein Fehler unterlaufen, konnte er den korrigieren. Das hatte strafbefreiende Wirkung. Seit Anfang des Jahres aber leiten die Ämter sogar Fälle an die Bußgeldstelle weiter, in denen die Voranmeldung nur ein paar Tage zu spät beim Finanzamt eingegangen ist.
Der Flankenschutzbeamte wurde vor rund zehn Jahren in Nordrhein-Westfalen erfunden. Inzwischen sind die Kollegen bundesweit unterwegs. Ihre Aufgabe ist es, direkt vor Ort beim Steuerzahler Angaben zu überprüfen, die dem Finanzamt in der Steuererklärung nicht ganz koscher erscheinen. Sie prüfen, ob das angebliche Heimbüro nicht doch das Wohnzimmer der Familie ist. Oder ob für die Eigenheimzulage auch wirklich ein Neubau entstanden ist. Vor allem Vermieter haben die ungebetenen Gäste oft im Haus. Reichen sie beim Finanzamt eine Handwerkerrechnung ein, die bei der Renovierung einer vermieteten Wohnung angefallen sein soll, lässt das Amt vor Ort prüfen, ob der Hausbesitzer mit dem Geld nicht doch seine eigene Wohnung verschönert hat. Wird eine Schummelei aufgedeckt, hat der Hausbesitzer ein Strafverfahren am Hals.