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Merken   Drucken   23.10.2012, 20:43 Schriftgröße: AAA

Langzeitarbeitslosigkeit: Neues Modell bietet echte Chancen

Es ist ein ziemlich undankbares Thema: Langzeitarbeitslosigkeit. Eine denkbar ungewöhnliche Allianz: Sozialverbände und FDP. Und die Wahrscheinlichkeit, dass irgendetwas am Ende umgesetzt wird, ist: überaus gering.
© Bild: 2012 DPA/Bildfunk/Martin Gerten
Leitartikel Es ist ein ziemlich undankbares Thema: Langzeitarbeitslosigkeit. Eine denkbar ungewöhnliche Allianz: Sozialverbände und FDP. Und die Wahrscheinlichkeit, dass irgendetwas am Ende umgesetzt wird, ist: überaus gering.
Trotzdem verdient der Vorstoß von Ulrich Schneider, dem Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbands, und Pascal Kober, FDP-Sozialexperte im Bundestag, Beachtung. Da wagen sich zwei daran, endlich wieder die Langzeitarbeitslosen in den Blick zu nehmen. Also jene Gruppe von Menschen, die man - geben wir es doch bitte zu - politisch abgeschrieben hat. Egal ob der Arbeitsmarkt prosperiert oder nicht. Denn im Grunde gibt es einen unausgesprochenen Konsens, dass die ungefähr 400.000 schwer Vermittelbaren leider, leider auf Dauer ein Fall für Hartz IV bleiben werden. Und dass man diese Menschen allenfalls sporadisch durch relativ sinnfreie Schulungen schleusen kann ("Wir lernen heute puzzeln") oder in Ein-Euro-Jobs steckt. An den (Wieder-)Einstieg in den ersten Arbeitsmarkt glaubte bisher keiner mehr so wirklich. Schon gar nicht aber sollten die Langzeitarbeitslosen staatlich subventioniert auf den ersten Arbeitsmarkt gedrückt werden - das ist gegen die reine Lehre (und damit gegen die Interessen all jener, die ohne solche Subventionen auskommen müssen).
Wenn jetzt aus den Reihen von Sozialverbänden und FDP eine Lösungsidee präsentiert wird, macht das erst mal misstrauisch: Denn, sicher, die Sozialverbände würden finanziell profitieren, wenn sie schwer vermittelbare Langzeitarbeitslose auf dem ersten Arbeitsmarkt begleiten. Und die FDP? Die kann ein etwas ausgeprägteres soziales Image gut gebrauchen.
Doch davon abgesehen: Warum soll man es denn nicht mal versuchen, Langzeitarbeitslosen einen echten Arbeitsvertrag auf dem echten Arbeitsmarkt zu verschaffen? Mit einem Lohn oberhalb des Alg-II-Satzes? Es gibt auch auf dem ersten Arbeitsmarkt Tätigkeiten, für die sie infrage kommen und an denen echter Bedarf besteht. Langzeitarbeitslose können insbesondere jene Arbeitnehmer im Beruf entlasten, die die Wirtschaft doch so händeringend sucht: die Fachkräfte.
Wenn das alles nur begleitet geht und durch Umwidmung öffentlicher Gelder, dann sollte man die Idee zumindest wohlwollend prüfen. Jedenfalls werden solche Fördermaßnahmen nicht gleich das deutsche Sozialgefüge komplett durcheinanderwürfeln.
Natürlich wäre es - wenn aus dem Vorschlag tatsächlich mal mehr werden würde - notwendig, scharf zu beobachten, ob ein so gesponserter Arbeitskräfteeinsatz missbraucht wird. Denn es geht nicht darum, Unternehmen auf dem ersten Arbeitsmarkt zu subventionieren. Sondern Menschen, die anders dort keine Chance haben.
  • Aus der FTD vom 24.10.2012
    © 2012 Financial Times Deutschland
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Kommentare
  • 24.10.2012 06:57:12 Uhr   Brenner: Schwarz und Weiß

    Man hat doch ein ziemlich eindimensionales Bild von den Langzeitarbeitslosen. Es gibt sehr viele, die den Arbeitsmarkt bereichern würden und die den sogenannten Festangestellten um längen voraus ist, wenn es um Bildung und Können geht, aber trotzdem keinen Job finden, weil sie so stigmatisiert werden von den Arbeitgebern. Aber das passt ja nicht in das vorherrschende Weltbild unserer Politiker, Personalverantwortlichen und ja den Arbeitnehmern in einer Festanstellung. Es gibt die Härtefälle, dass ist nicht zu leugnen und wenn man die Schüler von heute sieht, dann wird noch ein böses Erwachen kommen. Jedoch gibt es sehr viele Langzeitarbeitslose, die mehrere Ausbildungsabschlüsse besitzen, die Allrounder sind und trotzdem keinen Job finden und noch schlimmer, erst gar nicht die Chance bekommen. Sie werden viel lieber in solchen sogenannten Sozialunternehmen in Minijobs oder Ein-Euro-Jobs verheizt, weil man sie mit einer Festanstellung lockt, aber sie dann doch nur wieder, wenn es keine Förderung mehr gibt, rausschmeißt.

  • 23.10.2012 23:34:48 Uhr   Beate: Schöne neue Arbeitswelt
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