Die US-Schauspielerin und Ex-Pornostar Sasha Grey
Sie scheinen sich auf Blogger und Onlinemedien eingeschossen zu haben. Arbeiten klassische Zeitungen und Magazine denn sauberer?
Es ist der Vertriebsweg, der über die Qualität der Inhalte bestimmt. Über weite Teile des vergangenen Jahrhunderts dominierte das Abomodell. Verleger mussten vertrauenswürdige Informationen liefern, um ihre Abonnenten bei der Stange zu halten. Das geht online gerade verloren. Klicks und Traffic generieren dort die Einnahmen, dabei ist es egal, wie lange jemand auf einer Seite bleibt und wie genau er sich mit einem Text beschäftigt. In diesem Wettbewerb gewinnt der Lauteste und Aufregendste, nicht der, der am korrektesten arbeitet.
Trotzdem griffen auch ehrwürdige Printtitel wie die "New York Times" Ihre Storys auf. Es gibt da einen Unterschied zwischen der gedruckten Ausgabe und Online. Im Netz haben auch renommierte Medien ein ganzes Umfeld von Seiten und Blogs, die sich zwar mit der Marke schmücken, für die die strengen Standards des Mutterhauses aber nicht gelten. Hier ist ein Einfallstor für Manipulatoren wie mich.
In Ihrem Buch geht es eher um Kunden aus der Mode- und Glitzerbranche. Bei wirklich wichtigen Themen achten Journalisten sicher genauer darauf, was sie wie veröffentlichen.
Das ist nicht der Punkt. Es geht darum, dass Marketingmenschen wie ich unter einer Decke stecken mit Medienleuten und Personen des öffentlichen Lebens. Gemeinsam erarbeiten wir Material, das sich gut promoten lässt, zum finanziellen Nutzen aller Beteiligten. Das kann auch ein heimlich aufgenommenes Video sein, das über den künftigen Präsidenten entscheidet, wie neulich bei
Mitt Romney - ohne dass ich sagen möchte, das ist gefälscht. Oder dieser US-Pastor, der den
Koran verbrennen wollte. Es gab anfangs eine Übereinkunft, das nicht zu zeigen. Dann siegte die Gier, jemand filmte die Verbrennung, und dann war es überall. Bei den Unruhen danach starben ein Dutzend Uno-Mitarbeiter. Es ist eine Verschwörung, wir nähren das Monster gemeinsam.
Schnappt das Monster auch manchmal nach der Hand, die es füttert?
Schon. Wir hatten bei American Apparel mal ein Problem, einen Produktionsfehler bei Nagellackfläschchen - die kriegten Sprünge. Eine Bloggerin bekam Wind von einem E-Mail-Wechsel dazu und schrieb einen Post mit der Schlagzeile "Enthält der neue Nagellack gesundheitsgefährdende Stoffe?". Dutzende Blogs verbreiteten das in Windeseile, bald wurde explodierender Nagellack daraus. Ich habe versucht, das zu korrigieren. Die Bloggerin hat mein Statement einfach unter den ursprünglichen Artikel gepappt und mit "Update" überschrieben. Kein Wunder: Was ist aufregender und bringt mehr Klicks - explodierender Nagellack oder ein korrigierter Blogbeitrag? Die falsche Nachricht hat sich immer weiter verbreitet.