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Merken   Drucken   25.10.2012, 17:18 Schriftgröße: AAA

VfL Wolfsburg: Magath scheitert auf ganzer Linie

Fünf Punkte, letzter Platz. Für den Aufsichtsratschef der Wölfe Francisco Javier Garcia Sanz zu wenig. Er holt den bisherigen Amateurtrainer Lorenz-Günther Köstner an die Spitze des Bundesligaklubs. Die Pläne, mithilfe von Allesentscheider Magath, den Klub in der deutschen Spitze zu etablierten, könnten nicht schlimmer scheitern. von Christian Otto, Wolfsburg
Das muntere Wettrennen der Fotografen hatte es in sich. Vorne, am Haupteingang des Stadions, wurde vergeblich auf den letzten offiziellen Schnappschuss von Felix Magath gewartet. Hinten aber, in der Nähe zu den Trainingsplätzen, konnte sein Nachfolger abgelichtet werden. Die Nachricht, dass sich der VfL Wolfsburg von einem der bekanntesten Trainer der Fußball-Bundesliga trennt, hatte sich schnell herumgesprochen. Aber das große Bedauern, das die Entscheider bei dem vom Volkswagen-Konzern  bezahlten Klub formulierten, wurde auch von viel Schadenfreude begleitet.
Als Lorenz-Günther Köstner, der eigentlich Amateurtrainer des Vereins ist, am Donnerstagnachmittag übergangsweise die Nachfolge des gescheiterten Magath antrat, war bei den Spielern, Fans und Beobachtern auch große Erleichterung spürbar. "Felix Magath möchte nicht, dass der Verein in Mitleidenschaft gezogen wird", stand in einer Pressemitteilung, die das Desaster in schöne Worte kleiden sollte. Zitate wie diese, mit denen die Trennung von Magath begründet wurde, sorgten zuweilen für ein heiteres Gelächter am Stadion.
Felix Magath wurde vom VFL Wolfsburg entlassen   Felix Magath wurde vom VFL Wolfsburg entlassen
Der schnelle Fuhrpark, auf den die Angestellten des VfL Wolfsburg zurückgreifen dürfen, war am Mittwoch von besonderer Bedeutung. Wer auch immer von ihnen die Heimreise antreten wollte - sobald sich das elektronisch gesteuerte Rolltor an der Südseite des Stadions öffnete - gab einen möglichst kräftigen Tritt auf das Gaspedal. Die Flucht vor den unangenehmen Fragen hatte schon zur Mittagszeit begonnen, als durchgesickert war, dass Magath als Allesentscheider beim VfL Wolfsburg gescheitert ist.
Francisco Javier Garcia Sanz, der dem Vorstand der Volkswagen AG angehört und deshalb auch den Aufsichtsrat der VfL Wolfsburg Fußball GmbH anführt, hatte den Trubel am Mittellandkanal entfacht. Ein Gespräch des Spaniers mit dem Mannschaftsrat eines Teams, das bis auf den letzten Tabellenplatz abgerutscht war, dürfte Magath um seine allerletzte Chance zur Besserung gebracht haben. Das Verhältnis zwischen dem strengen Trainer und einer völlig verunsicherten Mannschaft muss so zerrüttet gewesen sein, dass selbst der sonst so Magath-treue VW-Manager keinen Sinn mehr in einer weiteren Zusammenarbeit sah und die Reißleine zog.
Der Versuch, mit Hilfe des bisherigen Wolfsburger Amateurtrainers Köstner einen sportlichen und zwischenmenschlichen Scherbenhaufen zusammenzukehren, kommt einem Offenbarungsakt gleich. Seit mehr als drei Jahren suchen die VW-Entscheider und ihre sportive Tochter einen Weg, um den Erfolg dauerhaft nach Wolfsburg zu zwingen. Aber seit dem Meistergewinn im Mai 2009, den Magath mit Hilfe des genialen Sturmduos Edin Dzeko und Grafite möglich gemacht hatte und danach zum FC Schalke 04 abgewandert war, sind die Verantwortlichen von einer Fehlentscheidung zur nächsten geeilt.
Lorenz-Günther Köstner tritt Felx Magaths Nachfolge an   Lorenz-Günther Köstner tritt Felx Magaths Nachfolge an
Armin Veh war als direkter Nachfolger von Magath gescheitert. Mit Dieter Hoeneß durfte sich ein Routinier als Manager versuchen, der auch nicht zur Besserung beitragen konnte. Der Engländer Steve McClaren und die Interimslösung Pierre Littbarski konnten nur ganz kurz wirken, bis Magath zurückgeholt wurde. Die Entlassung des 59-Jährigen kommt der Erkenntnis gleich, dass der Fehler im System nicht an der Seitenlinie, sondern im Grundsätzlichen steckt. Dass Kaufleute mit Hilfe von viel Geld Sportexperten damit beauftragen, möglichst erfolgreich zu sein, ist ein Planspiel, das in Wolfsburg einfach nicht mehr aufgehen will.
Seine letzten Maßnahmen, zu denen Magath während seiner zweiten Amtszeit beim VfL VW befugt war, muss eine gehörige Portion Ratlosigkeit zugeschrieben werden. Nach dem brasilianischen Spielmacher Diego, der die hohen Erwartungen erneut nicht erfüllen konnte, sollten auch dessen Landsmann Fagner und der Portugiese Vieirinha mit gesonderten Training abseits der gewohnten Kollegen zu besseren Leistungen animiert werden. Es gab diese Zeit, zu der Magath mit seiner wenig feinfühligen Art großen Erfolg hatte.
Beim VfL Wolfsburg aber dürfte die Stimmung gegen ihn vor allem deshalb gekippt sein, weil sein selbstbewusstes Handeln im krassen Gegensatz zu den nicht enden wollenden Misserfolgen stand. Zwei geschossene Tore und fünf Punkte nach acht Spieltagen - an dieser schrecklichen Bilanz ist nicht die Mannschaft, sondern ihr Trainer gescheitert. Und bis auf die zaghaften Versuche von Kapitän Diego Benaglio, der sich immer wieder für Magath ausgesprochen hatte, sind keine Äußerungen von Spielern bekannt, die sich voll und ganz für den Trainer und seine Methoden ausgesprochen haben.
Der vom Amateur- zum Proficoach beförderte Köstner kommt wie eine kleine Magath-Kopie daher. Er ist auch streng, lässt die Spieler hart arbeiten, redet aber auch viel mit ihnen. Das Eingreifen des 60-Jährigen dürfte wie schon in der Rückrunde der Saison 209/10 nur von kurzer Dauer sein. Beim stürmischen Wind und leichtem Nieselregen führte Köstner am Nachmittag erstmals eine Mannschaft an, die am Samstag bei Aufsteiger Fortuna Düsseldorf antritt. Für Magath steht dann zu befürchten, dass die sündhaft teure VfL-Mannschaft erleichtert aufatmet, endlich wieder fleißig rennt und unverkrampft den Weg zum Erfolg findet.
  • FTD.de, 25.10.2012
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