Haftstrafe für Ex-Ministerpräsident Silvio Berlusconi: Die Leitartikler sind sich einig, dass damit die politische Karriere des Italieners endgültig beendet ist. Dass Berlusconi aber wirklich ins Gefängnis geht, bezweifeln sie.
"Insgesamt 17 Jahre hat Silvio Berlusconi regiert. In dieser verlorenen Epoche hat er eindrucksvoll vorgeführt, wie eng beieinander Pathos und Pathologie liegen können. Trotz der aktuellen Haftstrafe ist eher unwahrscheinlich, den Mann tatsächlich ins Gefängnis gehen zu sehen. Kann nämlich gut sein, dass am Ende alle Straftaten verjährt sind. Maßlose Raffgier, dubiose Sexskandale, Kontakte zur Halb- und Unterwelt und skandalöse Gesetzesinitiativen prägten seine Ära. Zum schlechten Schluss war der politische Wiedergänger längst ein der Realität entrückter Autist. Der Cavaliere, der Ritter Silvio Berlusconi - da helfen auch alle kosmetischen Bemühungen nicht mehr - ist nur noch ein Politiker von der traurigen Gestalt."
"Während die kriminelle Karriere des dreimaligen italienischen Regierungschefs auf bekannten Wegen fortläuft, setzt das Urteil einen Schlusspunkt unter die politische Laufbahn Berlusconis. Eine Rückkehr an die Macht ist nun definitiv ausgeschlossen. Im von Skandalen erschütterten Italien ist der Mann endgültig nicht mehr präsentabel. Die Menschen dort haben abgeschlossen mit einer politischen Klasse, deren Vertreter einst offen erklärten, sie seien in die Politik gegangen, um sich gegen die Verfolgung von Staatsanwälten zu verteidigen. Noch gibt es Vertreter dieser Mentalität im Parlament. Ihr Guru ist nun aus dem Spiel."
"Dass Berlusconi zugleich das italienische Fernsehen zur größten Verdummungszone des Landes machte, die staatlichen Sender gängelte, die Justiz manipulierte und die Parlamente mittels seiner Abgeordnetenpüppchen an den Rand der Lächerlichkeit brachte, das ist die verheerende innenpolitische Bilanz seiner insgesamt zwölf Regierungsjahre. Gut, dass er durch das politische Betätigungsverbot daran gehindert wird, dieses Werk zu vollenden."
"In Gerichtsverfahren und in der Politik erwies sich Berlusconi bislang als schlechter Verlierer. Nie erkannte er ein Urteil gegen seine Person geschweige denn die Unabhängigkeit der Richter an. Nicht zum ersten Mal geben die Mailänder Richter ihm mit dem Urteil nun die Gelegenheit, als Märtyrer der Justiz wie ein Phönix aus der Asche aufzuerstehen, um Italien als Kandidat für das Amt des Regierungschefs zu retten. Angesichts der verheerenden Bilanz nach 18 Jahren Berlusconi in der Politik wäre das jedoch desaströs."
"Das Urteil ist bedeutsam, wenn auch vornehmlich auf der symbolischen Ebene. Denn es zeigt, dass selbst der scheinbar allmächtige Milliardär Berlusconi, der Mann, der sein ganzes politisches Leben lang die Justiz, die Richter und Staatsanwälte verhöhnt, geschmäht, verachtet und beleidigt hat, verurteilt werden kann. Niemand aber möge sich dem naiven Glauben hingeben, dass er wirklich ins Gefängnis muss. Das Urteil ist nur in erster Instanz ergangen, ist noch nicht rechtskräftig, und zwar lange noch nicht. Fiat Justitia, es möge Gerechtigkeit walten, der Wunsch all derer, die die Machenschaften des 76-Jährigen schon so lange schaudern macht, wird ein frommer Wunsch bleiben."
Haftstrafe für Ex-Ministerpräsident Silvio Berlusconi: Die Leitartikler sind sich einig, dass damit die politische Karriere des Italieners endgültig beendet ist. Dass Berlusconi aber wirklich ins Gefängnis geht, bezweifeln sie.
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