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Merken   Drucken   24.10.2012, 06:00 Schriftgröße: AAA

Urteil der Woche: Gratiseinbau gibt es nur für Verbraucher

Gewerbliche Käufer können bei mangelhafter Ware zwar eine Ersatzlieferung, aber nicht auch noch die Erstattung von Ein- und Ausbaukosten verlangen. von Oliver Korte
Oliver Korte ist Partner im Hamburger Büro von SKW Schwarz Rechtsanwälte.
BGH vom 17. Oktober 2012
AZ: VIII ZR 226/11

Der Fall

Der Verkäufer hatte an den Käufer, einen Sportplatzbauer, Kunststoffgranulat geliefert, das er zuvor von einem polnischen Hersteller bezogen hatte. Das Granulat sollte in zwei Gemeinden zu Kunstrasenplätzen verbaut werden. Nachdem der Sportplatzbauer das Granulat bestimmungsgemäß verlegt hatte, stellte sich heraus, dass die Ware mangelhaft war. Er verlangte daraufhin eine kostenlose Nachlieferung. Dem entsprach der Verkäufer auch. Er lehnte es aber ab, das mangelhafte Granulat aus- und das nachgelieferte Granulat einzubauen, wie es der Käufer von ihm verlangt hatte. Daraufhin beauftragte der Sportplatzbauer ein drittes Unternehmen mit dem Aus- und Einbau und stellte dem Verkäufer die Kosten in Rechnung. Diese wollte aber der Verkäufer nicht bezahlen. Landgericht und Oberlandesgericht wiesen die Klage auf Erstattung der Aus- und Einbaukosten ab. Der Käufer legte Rechtsmittel zum Bundesgerichtshof (BGH) ein.

Das Urteil

Auch in letzter Instanz blieb die Klage ohne Erfolg. Der BGH wies die Revision zurück und entschied, dass der Käufer zusätzlich zu dem Ersatz der Ware nicht auch noch den Ausbau des mangelhaften und den Einbau des Ersatzgranulats vom Verkäufer verlangen könne. Dieser habe mit seiner Weigerung keine Vertragspflicht verletzt. Daher müsse er dem Käufer auch nicht die entstandenen Kosten erstatten.
Die Karlsruher Richter verwiesen darauf, dass auch aus der EG-Verbraucherrichtlinie und dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 16. Juni 2011 (Az.: C-65/09) nichts anderes folge. In dem damaligen Fall hatte der EuGH einem Käufer von mangelhaften Bodenfliesen auch die Erstattung der Ein- und Ausbaukosten des fehlerhaften Materials zugesprochen. Doch diese Entscheidung wie auch ein sich daran anschließendes Urteil des BGH (Az.: VIII ZR 70/08 vom 21. Dezember 2011) haben sich auf den Verbrauchsgüterkauf bezogen, bei dem der Käufer ein privater Verbraucher ist. Diese Rechtsprechung ist nach dem Urteil der Karlsruher Richter auf Geschäfte zwischen gewerblichen Verkäufern und Käufern nicht übertragbar.

Die Folgen

Das Urteil bringt für viele Händler eine wünschenswerte Klarstellung, da die Rechtslage aufgrund der genannten Urteile aus dem Jahr 2011 für viele Konstellationen nicht eindeutig war. Nach dieser Rechtsprechung stand zwar fest, dass der Verkäufer beim Verbrauchsgüterkauf generell die Kosten für den Ein- und Ausbau mangelhafter Ware tragen muss. Unsicherheit bestand aber für alle anderen Geschäfte, etwa solche über industriell genutzte Investitionsgüter oder auch für Geschäfte zwischen zwei Privatleuten.
Das Urteil des BGH aus dem Dezember 2011 las sich in seiner Begründung auch eher so, als ob Ein- und Ausbaukosten nun stets vom Verkäufer zu übernehmen wären. Das hätte in vielen Fällen erhebliche wirtschaftliche Risiken für Händler mit sich gebracht, die nicht mehr im angemessenen Verhältnis zum Warenwert und auch den damit verbundenen Verdienstmöglichkeiten gestanden hätten. Man denke etwa an einen Lieferanten von geringwertigen Kleinteilen wie Unterlegscheiben, die in Schiffsmotoren oder Windkraftanlagen eingebaut werden. Das Risiko, in solchen Fällen für den kompletten Aus- und Einbau aufkommen zu müssen, könnten reine Händler, die den Produktionsprozess nicht beeinflussen und damit Mängel nicht verhindern können, gar nicht schultern.
Nach der aktuellen Rechtsprechung des BGH müssen sie dies auch nicht. Etwas anderes gilt nur, wenn den Händler ein Verschulden an dem Mangel trifft. Bei Herstellern wird das häufig der Fall sein. Gleiches gilt für Lieferanten, die nach der vertraglichen Vereinbarung die Ware nicht nur liefern, sondern auch einbauen müssen. Stellt sich in diesen Fällen später ein Mangel heraus, müssen sie für den Aus- und Einbau Sorge tragen, selbst wenn sie keine Schuld trifft. Für alle Händler, die die Ware nur verkaufen, bedeutet das Urteil allerdings eine Entwarnung.
 
 
  • Aus der FTD vom 24.10.2012
    © 2012 Financial Times Deutschland
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