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Merken   Drucken   24.10.2012, 11:10 Schriftgröße: AAA

Strukturierte Produkte: Zertifikate - Heute schon gehebelt?

Faktorzertifikate werden dank ihres konstanten Hebels in Deutschland stark nachgefragt. Die Produkte lohnen sich für Anleger, die in einem begrenzten Zeitraum eine dynamische Trendbewegung erwarten.
© Bild: 2012 FTD/Christina Bretschneider
Faktorzertifikate werden dank ihres konstanten Hebels in Deutschland stark nachgefragt. Die Produkte lohnen sich für Anleger, die in einem begrenzten Zeitraum eine dynamische Trendbewegung erwarten.
von Thomas Koch

Manchmal braucht es etwas mehr Zeit, bis sich eine Idee am Markt durchsetzt. Ein gutes Beispiel für die verzögerte Wahrnehmung einer Produktinnovation durch die Anleger sind die gehebelten Faktorzertifikate, die am deutschen Markt für strukturierte Produkte zu den Aufsteigern des Jahres zählen. Zwar hatte die Commerzbank diese Produktgattung bereits im Vorjahr etabliert und dabei eigentlich auch nur die schon wesentlich ältere Idee der Rolling Turbos von Goldman Sachs  aufgegriffen. Den Durchbruch schafften die Faktorzertifikate aber erst so richtig in den vergangenen Monaten, als die Börsenumsätze bei diesen Scheinen spürbar anzogen. Zahlreiche andere Emittenten haben deshalb nachgelegt und ebenfalls Faktorzertifikate in ihre Angebote aufgenommen.

Hauptmerkmal der Papiere ist ein konstanter Hebel. Jeden Tag wird dieser neu auf seinen ursprünglichen Wert gesetzt. Im Unterschied zu klassischen Optionsscheinen und Knock-out-Produkten wird der Hebel durch die Kursbewegungen des Basiswerts also nicht verändert. Das kommt bei Anlegern gut an und kann in bestimmten Marktphasen auch einen sehr positiven Effekt haben.

Kursinformationen und Charts
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Doch die Medaille hat auch hier zwei Seiten. Die Vor- und Nachteile der Konstruktion lassen sich am Beispiel des DAX in den vergangenen Monaten eindrucksvoll demonstrieren. Von Mitte März bis Anfang Juni fiel der Index um gut 16 Prozent, um vor ein paar Tagen dann sogar sein ursprüngliches Niveau leicht zu übertreffen. Um nun die Unterschiede zwischen Knock-out-Produkten und Faktorzertifikaten aufzeigen zu können, wurden in dieser Phase zwei Scheine miteinander verglichen, die zum Startzeitpunkt beide mit einem Hebel von etwa vier ausgestattet waren. Die Ausgangslage war damit für beide Papiere identisch.

Im Verlauf der dann folgenden Monate änderte sich das Bild aber deutlich. Während der Hebel bei dem für den Vergleich ausgewählten Faktorzertifikat der Deutschen Bank (ISINDE000DE4LEV7) immer wieder neu auf den Ursprungswert von vier gesetzt wurde, reagierte dieser bei dem Knock-out-Produkt, einem Mini Long Future von BNP Paribas (ISIN DE000BP13071), mit jedem Zucken des DAX. So führte ein fallender Index zu einem Anstieg des Hebeleffekts, während dieser bei einem DAX-Plus an Kraft verlor.

In unserem Beispiel sorgte genau das in den ersten Monaten für eine deutliche Underperformance des Knock-out-Scheins. Die sukzessiv anwachsenden Kursverluste des DAX wurden hier von einem ständig steigenden Hebel begleitet, was in eine Negativspirale mündete. Beim Tief des Index Anfang Juni lag der Mini-Long-Future so mit über 70 Prozent im Minus. Das Faktorzertifikat, bei dem die Minuszeichen des DAX  jeden Tag aufs Neue mit einem Faktor von lediglich vier abgebildet wurden, hatte bis hierhin "nur" etwas mehr als die Hälfte seines Wertes eingebüßt. Der konstante Hebel erwies sich also als klarer Vorteil für den Anleger.

In der sich anschließenden Kursrally machte der Knock-out-Schein den Rückstand dann aber mehr als wett. Was ganz einfach daran lag, dass der Hebel dieses Papiers durch die vorherigen Verluste massiv angestiegen war. Zum Zeitpunkt des DAX-Tiefs wurden Werte von über elf erreicht. Als der Index am Tag danach um zwei Prozent stieg, konnte der Schein folgerichtig mehr als 20 Prozent zulegen und damit gegenüber dem Faktorzertifikat schon deutlich aufholen. Dem gelang wegen des konstanten Viererhebels an diesem Tag nur ein Plus von gut acht Prozent. Zwar reduzierte sich der Hebel des Mini-Long-Future während des Kursanstiegs wieder. Trotzdem fiel das Plus bis Mitte Oktober mit 240 Prozent wesentlich stärker aus als bei dem Faktorzertifikat, das knapp 100 Prozent zulegen konnte.

Schaut man sich die Performance der beiden Produkte während der gesamten Beobachtungsphase an, ergibt sich folgender Stand: Bei einem DAX-Plus von unter dem Strich rund zwei Prozent verbuchte der Knock-out-Schein ein minimales Minus. Das wiederum war den während der knapp fünfmonatigen Phase angefallenen Finanzierungskosten geschuldet. Die nämlich werden Investoren durch die tägliche Anhebung des Basispreises in Rechnung gestellt, was den Wert des Scheins automatisch etwas sinken lässt. Die Bilanz des Faktorzertifikats sieht jedoch wesentlich schlechter aus. Hier fiel sogar ein Verlust von gut zehn Prozent an. Der konstante Hebel hat Anlegern mit Blick auf den gesamten Zeitraum also eher deutliche Nachteile beschert.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Faktorzertifikate eine innovative Idee sind, die bei vielen Anlegern gut ankommt. Allerdings sollten diese Produkte nur dann eingesetzt werden, wenn für einen begrenzten Zeitraum von einer starken und vor allem dynamischen Trendbewegung ausgegangen werden kann. Dann spielt der unverwässerte Hebeleffekt seine Stärken aus und führt zu überdurchschnittlich hohen Gewinnen. Bei stark schwankenden Märkten hingegen sind klassische Hebelprodukte wie Knock-out-Zertifikate oder Optionsscheine eindeutig die bessere Wahl.

17:31:30 Kursinformationen und Charts
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  • Aus der FTD vom 24.10.2012
    © 2012 Financial Times Deutschland
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