Die Produktion einer Tonne Roheisen ist mit dem Ausstoß von rekordverdächtigen anderthalb Tonnen klimaschädlichen Kohlendioxids verbunden. Die Wirtschaftsvereinigung Stahl weist darauf hin, dass die Branche ihre spezifischen CO2-Emissionen in den Jahren 1990 bis 2007 immerhin um rund 16 Prozent gesenkt hat. "Die Stahlbranche hat in den vergangenen Jahrzehnten den traditionellen Hochofenprozess ständig optimiert, der nun an seine physikalischen Grenzen stößt", erklärt Jean-Pierre Birat, der bei ArceloMittal im Forschungsressort die Sustainability-Abteilung leitet.
Birat koordiniert zugleich die Forschungsaktivitäten für das sogenannte Ulcos-Projekt (Ultra-Low CO2 Steelmaking). 2004 hatten sich 48 europäische Stahlfirmen, darunter auch die Größen des Marktes, Branchenorganisationen und Hochschulen zu diesem Konsortium mit dem Ziel zusammengeschlossen, den CO2-Ausstoß langfristig um mehr als die Hälfte zu reduzieren.
Ein ambitioniertes Ziel, weshalb auch die EU die erste Phase des Vorhabens mit gut 30 Mio. Euro unterstützt. "Die Europäische Plattform für Stahltechnologie und das Ulcos-Programm sind gute Beispiele für die Bemühungen einer Industriebranche um die Entwicklung von Technologien, die ihre Wettbewerbsfähigkeit für die Zukunft aufrechterhalten", erläutert Janez Potonik, Brüsseler Kommissar für Wissenschaft und Forschung.
Dabei wird es nicht bleiben, die Kosten für die ersten Demonstrationsvorhaben im industriellen Maßstab werden, wie TKS-Sprecher Erwin Schneider sagt, auf "mindestens 300 Mio. Euro" veranschlagt. Diese Demonstrationsprojekte sind das Ergebnis der ersten Ulcos-Phase, die offiziell in zwei Jahren beendet ist. Über 80 Vorschläge sind dabei in den Anfangsjahren auf dem Schreibtisch von Birat gelandet.
Auf fünf Hauptpfade für die CO2-Reduktion, so der Koordinator, habe sich das Konsortium verständigt. Dazu zählt beispielsweise das "Top Gas Recycling". Dabei wird ein Reduktionsgas, das aus dem Abgasstrom gewonnen wird, zusammen mit kaltem Sauerstoff und Kohle in den Hochofen geblasen.
Ein erster Pilotversuch in Nordschweden hat eine über 20-prozentige CO2-Reduktion bei diesem Verfahren ergeben. Allerdings ungeklärt ist die Frage, wo das bei diesem Prozess abgeschiedene Kohlendioxid langfristig gelagert werden soll.
Vor dem gleichen Problem stehen derzeit die Stromerzeuger mit der sogenannten CCS-Technik (Carbon Capture and Storage) bei der neuen Kraftwerksgeneration. Wo die abgetrennten CO2-Mengen gebunkert werden sollen, ist offen. Hinzu kommt, dass es für die unterirdische Lagerung noch keine Gesetze gibt.
Eine Alternative, die auch von Ulcos angegangen wird, ist mittels Elektrolyse das Eisenerz zu fertigen, ein gängiges Verfahren aus der Aluminiumindustrie. Bei dem hohen Stromeinsatz macht die Elektrolyse aber nur Sinn, wenn die Elektrizität nicht mit Kohle erzeugt wird.
Bis solche Verfahren wirklich Industriereife erlangt haben, vergehen mindestens zwei Jahrzehnte, darüber macht sich Ulcos-Koordinator Birat keine Illusionen. Und auch über die Kosten zur künftigen Stahlerzeugung gilt für Birat eine klare Vorgabe: "Die europäische Stahlindustrie befindet sich im internationalen Wettbewerb. Dafür dürften wir mit neuen Verfahren nicht teurer werden als unsere Konkurrenten."