Das produzierende Gewerbe in Österreich gerät immer stärker unter Druck. Ein neuer Fall Produktionseinstellung, bzw. Verlagerung, spielt sich derzeit im Burgenland und in Niederösterreich ab. Der Schweizer Konzern Triumph will rund 350 Arbeitsplätze abbauen. Triumph reiht sich damit in eine lange Kette des produzierenden Gewerbes, das nach und nach seine Standorte von Österreich ins Ausland verlagert. Die Regierung schaut diesem Trend achselzuckend zu, wenn sie ihn durch falsche Maßnahmen nicht noch aktiv verstärkt.
Falsche Prioritäten der Regierenden
So klingt die Devise des Landeshauptmanns Erwin Pröll - „Rauchende Köpfe statt rauchende Schlote“ - zwar vordergründig unglaublich modern, in Wahrheit zeugt sie von wirtschafts-, und arbeitnehmerfeindlicher Kurzsichtigkeit. Ist es doch noch immer das produzierende Gewerbe, das das Rückgrat der Wirtschaft bildet. Die verunglimpften Betriebe erbringen eine immense Steuerleistung schaffen Arbeitsplätze und Wohlstand. Sie als entbehrlich darzustellen, wie durch solche Slogans suggeriert wird, ist vollkommen unangebracht. Das produzierende Gewerbe ist lebenswichtig für Österreich. Vor allem längere globale Krisen kann man ohne das starke Gewicht eines produzierenden Gewerbes kaum überstehen.
Das arbeitgebernahe Institut der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln hat jüngst vor einer wachsenden Entindustrialisierung in Europa gewarnt. So sei laut einer Studie über die Jahre 2000 bis 2011 die Bedeutung der Industrie innerhalb der EU nur in Deutschland, den Niederlanden und in Polen gewachsen. Prof. Michael Hüther, Direktor des IW, mahnte am Rande der Hannover Messe an, dass der Trend zur Entindustrialisierung in Krisenzeiten negative Folgen habe, was man am Beispiel Großbritanniens sehen könne.
gefährliche Entindustrialisierung in Großbritannien
Tatsächlich zeigt sich, dass sowohl gemessen am Anteil der Erwerbstätigen als auch an der Wertschöpfung in Großbritannien seit dem Jahr 2000 ein erheblicher Bedeutungsverlust der Industrie eingesetzt hat. In diesem Sinne kann von einer verstärkten Entindustrialisierung Großbritanniens gesprochen werden.
Der Weltdurchschnitt des produzierenden Gewerbes (ohne Baugewerbe) am Bruttoinlandsprodukt liegt bei etwa 17 Prozent. In Großbritannien nur mehr bei 9,7 Prozent! Der Finanzsektor der City of London ist hingegen aufgebläht. Wegen des mangelnden Rückhalts des produzierenden Gewerbes ist Großbritannien in der Finanzkrise besonders anfällig. Die Folgen: Die Arbeitslosigkeit steigt und soziale Unruhen nehmen zu.
Industrieanteil an Wirtschaftsleistung muß erhöht werden
Diesen Zusammenhang scheint auch EU-Industriekommissar Antonio Tajani zu sehen, der fordert bis zum Jahr 2020 den Industrieanteil an der EU-Wirtschaftsleistung auf ein Fünftel nach oben zu schrauben. Derzeit liegt dies in der EU nur bei etwa sechzehn Prozent. „Die Industrie soll dabei helfen, Europa wieder auf den Weg stetigen und beständigen Wachstums zu bringen“, so Tajani.
Auch in Österreich muß die Politik endlich handeln um Entwicklungen wie im Vereinigten Königreich oder den südlichen Pleitestaaten – wo die Industrie eine untergeordnete Rolle spielt - zu verhindern. Allein auf den Dienstleistungssektor zu setzten hat sich als falsch erwiesen. Mahnende Stimmen gibt es in Österreich genug. So erklärte Voest-Alpine Chef Wolfgang Eder vor kurzer Zeit: „Dienstleistung brauche ich nur dort, wo ich eine industrielle Basis habe“. Es ist an der Zeit alles dafür zu tun, diese Basis nicht vollkommen zu verlieren.