Die französische Handelsministerin Nicole Bricq darauf bestanden, dass der Kultursektor von den Gesprächen nicht betroffen sein dürfe. Frankreich befürchtete Nachteile für die Kulturförderung, z.B. bei Subventionen für Filme. Zu Recht betrachtet Paris die Filmbranche als wichtigen Bestandteil seiner kulturellen Identität, die nicht von Hollywood untergraben werden solle. "Rückschrittlich" sei die französische Handelspolitik, schimpfte Kommissionspräsident José Manuel Barroso und beklagte das "mangelnde Verständnis für die Vorteile der Globalisierung". Schließlich einigten sich die Handelsminister der EU-Mitgliedsstaaten nach elfstündigen Verhandlungen auf einen Kompromiss: Der wichtigste Streitpunkt, der audiovisuellen Kulturbereich von Film- und Musikproduktionen, wird aus dem Verhandlungsmandat für die Europäische Kommission ausgeklammert. Auch wenn EU-Handelskommissar Karel De Gucht erklärte, dass dieser Sektor, "später aber jederzeit hinzugefügt werden" können.
Gegen die Freihandelszone kommen aber auch von Seiten der europäischen Wirtschaft Bedenken. Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) hatte bereits im Frühjahr vor möglichen Nachteilen für den Mittelstand gewarnt. So könnte China „das Abkommen als Affront sehen“, was den „heimischen Unternehmen schaden“ würde. „Protektionismus gegen China wäre genau die verkehrte Stoßrichtung“, erklärte DIHK-Außenwirtschaftschef Volker Treier gegenüber dem Nachrichtenmagazin „Focus“. Die meisten exportierenden mittelständischen Betriebe profitierten nicht von einer EU-USA-Freihandelszone. Die deutsche und europäische Wirtschaft leide vielmehr unter der Abschottungstendenz einzelner Staaten wie China, Russland, Indien oder Brasilien. Man müsse daher weitere Freihandelsabkommen mit diesen sogenannten BRIC-Staaten forcieren, so der DIHK-Experte. Doch nicht der Austausch mit den BRIC-Staaten könnte durch die engere Bindung Europas an die USA gestört werden; auch für den innereuropäische Handel wird die Freihandelszone nicht folgenlos blieben. Eine Studie der Bertelsmann-Stiftung macht deutlich: Profiteure eines neuen amerikanisch-europäischen Handelsabkommens wären die USA und Großbritannien. Für alle anderen schaut es hingegen weniger rosig aus. Wegen der „relativ niedrige natürliche Handelsbarrieren (Sprache, Kultur)“ würde der Handel zwischen dem Vereinigten Königreich und den USA stark ausgeweitet werden, so die Studie. Das habe negative Folgen für den Handel zwischen den anderen europäischen Staaten wie Deutschland oder Österreich mit Großbritannien. Das Handelsvolumen des deutschen Exports nach Großbritannien würde z.B. um mehr als 40 Prozent schrumpfen.
Auch für Österreich sind das keine rosigen Aussichten. Ein ähnlich selbstbewusstes Auftreten, wie das Frankreichs gegenüber Brüssel lässt die österreichische Regierung freilich vermissen. Es ist an der Zeit, dass unsere Volksvertreter sich endlich ihrer Aufgabe bewusst sind und die Interessen Österreichs deutlich verteidigen.