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Tiepolos Fresken im Kaisersaal - Zustand

Im Kaisersaal befinden sich im oberen Gewölbebereich 13 Fresken (davon 10 in den Stichkappen) sowie 8 Figurengruppen unmittelbar auf dem Hauptgesims. Besonders das zentrale Mittelfresko und die Gemälde in den Stichkappen weisen erhebliche Schäden am Putzträger und an der Malschicht auf. Risse und Hohlstellen sowie Verfärbungen und Ablösungen der Farbschichten sind vorhanden. Wie erste Untersuchungen ergaben, wurden bei den Restaurierungsarbeiten 1947-51 und in den 1970/80er Jahren Sinterflecke und Fehlstellen großzügig retuschiert. Unter diesen Retuschen liegt verdunkelte, teilweise sogar noch unversehrte Malerei Tiepolos.

Bild 1: An einer alten Schadstelle, die sich im Rissbereich der wolkenartigen Stuckapplikation des Mittelfreskos befindet, sind weiße Salzausblühungen (Magnesiumsulfat) zu sehen.


Bild 2: Punktuelles Aufbrechen der Stuckfassung an der roten Draperie durch Salzaktivitäten

Bild 3: Infolge raumklimatisch bedingtem Phasenwechsel (Hydratation – Dehydratation) ändern die Magnesiumsulfatkristalle ihr Volumen. Der entstehende Kristallisationsdruck lässt die Vergoldung der Rahmung abplatzen

Bild 4/5: Feuchtigkeitsschäden am Fresko einer Stichkappe („Prudentia“). An nicht sichtbaren Mikrorissen, die den Feinputz durchziehen, tritt bevorzugt Feuchtigkeit aus; nach ihrer Verdunstung kristallisieren Schadsalze aus, die die Malschicht entlang der Risse zerstören

Bild 6: Durch Vergipsung wird das natürliche freskale Bindemittel (Calciumcarbonat) zersetzt; die wachsenden Gipskristalle verursachen die Lockerung und beginnende Schollenbildung der Malschicht

Bild 7: Flecke und Fehlstellen wurden bei früheren Maßnahmen teilweise verfremdend "retuschiert"

Bild 8: Punktuelle Bildung von Belägen auf dem Deckenfresko


Bild 9: Erhebliche Verschmutzungen sowie Beschädigungen der wandfesten plastischen Teile der Raumschale (Hand des Trommlers auf dem Hauptgesims) 

Notsicherung und Schadensdokumentation

Eine erste Schadensanalyse und raumklimatische Messungen sowie die Notsicherung akut gefährdeter Bereiche erfolgte bereits 1997/98.


Bild 1: Teilansicht des Deckenfreskos mit Hohlstellen- und Risskartierung

Bild 2: Ausschnitt der digitalen Hohlstellen- und Risskartierung des Deckenfreskos mit einer Bearbeitungslegende am Bildschirm (GIS – ArcView)

Bild 3: Notsicherung einer Putzhohlstelle von etwa 1qm mittels „schwebender“ Hilfskonstruktion

Bild 4: Provisorische Stabilisierung absturzgefährdeter Freskoteile durch gepufferte Holzstempel


Bild 5: Temporäre Fixierung abschollender Malschicht mittels Cellulosederivat (Tylose MH 300)

Anstehende Restaurierungsarbeiten 2006 bis 2008

Die zuletzt ausgeführten Restaurierungsarbeiten werden unter Aktuell kurz dargestellt.

Die wichtigste Aufgabe der ab 2006 durchzuführenden Konservierungs- und Restaurierungsmaßnahmen ist eine dauerhafte Stabilisierung und Erhaltung der Tiepolo-Fresken. Hierzu ist es notwendig, Schadenspotenzial in Form von Salzen, biogenen Substanzen (Schimmelpilzen) sowie schädlichen Festigungsmitteln und Metallarmierungen früherer Restaurierungen (v.a.1947-51) möglichst zu entfernen, weitgehend zu reduzieren oder zu neutralisieren. Bereiche gelockerter und zerfallender Malschichten, aber auch zahlreiche Risse und Hohlstellen im Putzträger müssen gesichert und stabilisiert werden. Angesichts der salzkontaminierten Putze und erheblicher Vergipsungen der kalzitisch gebundenen Pigmente des Freskos sind diese Aufgaben kompliziert und zeitaufwändig. 

Unter Berücksichtigung der am großen Tiepolofresko im Treppenhaus erfolgreich angewandten Methoden (2003 bis 2006) sowie weiterer (begleitender) naturwissenschaftlicher Analysen werden die Fresken in den nächsten Monaten behandelt. Das zentrale Problem liegt jedoch nicht nur in der Bewältigung handwerklich-restauratorischer Details sondern in grundsätzlichen denkmalpflegerischen Abwägungen zwischen der Konservierung (Erhaltung) des gealterten, bzw. durch Teilzerstörung und restauratorische Eingriffe veränderten Kunstwerkes (zu dem die gesamte Raumschale des Kaisersaals gehört) und einer partiellen Rekonstruktion (Wiederherstellung) der Gemälde, Wandfassungen und Stuckaturen. Angesichts der komplizierten Schadsituation sind zunächst die „konservatorischen Pflichtaufgaben“ zu erfüllen, bevor wesentliche Entscheidungen über mögliche Re-Restaurierungen und Teilrekonstruktionen möglich sind. 

Zur Werktechnik Tiepolos

Bild 1: Nur im Streiflicht werden die Ritzungen in den Feinputz sichtbar. Sie dienten als Vorzeichnung für Architekturdetails. Nagel- und Zirkellöcher sind gut erkennbar, während die Linien teilweise mit Farbe geschlossen wurden.

Bild 2/3: Mittels Kartonpausen wurden die Umrisse und Proportionen der Motive in den noch feuchten Putz graviert. Die Malerei orientiert sich an diesen Gravuren, ohne ihnen exakt zu folgen. Hier weicht sie bei Lorbeerkranz und Kragen von den Kartonzeichungnen ab – ein Beleg für die große Erfahrung und Sicherheit Tiepolos.

Bild 4/5: Das helle Licht der Fackel erzeugt Tiepolo, indem er die Umgebung in einem dunklen Ton übermalt und nur das Feuer in der hellen Untermalung ausspart.
Die Nahtstelle verschiedener Giornate (Tagewerke) verläuft oft entlang der Umrisslinie der Figuren. Da sie sorgfältig angeputzt wurden, um eine gleichmäßige Bildebene zu wahren, sind sie nur bei Streiflicht zu erkennen. Je nach Komplexität der Malerei sind sie verschieden groß.

Bild 6/7: Bei der Modellierung der Figuren legte Tiepolo zunächst einen gedeckten Lokalton in Freskaltechnik vor. Helle Lichter wurden in einer Kalkausmischung ausgeführt. Im Streiflicht wird der pastose Charakter der Malerei deutlich. Die Körnung des Putzes ist von den körperhaften Pinselzügen verdeckt.

Bild 8/9: Detail vom Pferdegeschirr der Sonnenrösser (Bildunterkante 12 cm). Die als Maske gestaltete Metallschnalle mit ihren meisterhaft skizzierten Lichtreflexen ist ohne Gravur, also frei gemalt, wie die Streiflichtaufnahme belegt. Diese zeigt auch das Relief der pastos aufgelegten Glanzlichter.

Bild 10: Der Gewandzipfel Apollos zeigt unten eine Korrektur. Unter den lasierenden Schraffuren in hellem Ocker scheint die ursprüngliche Gewandkante durch.

Bild 11/12: Die allegorischen Tugenddarstellungen der Stichkappen in Grünmalerei sind nur mittels Grün (Grüne Erde), Schwarz (Rebschwarz) und Weiß (Kalkhydrat) bzw. entsprechenden Ausmischungen angelegt. Auf einer grünen Untermalung sind Lasuren und konturierende Pinselzeichnungen zu erkennen. Durch einen ornamentierten Fond werden die Gemälde kontrastreich in Gold- und Ockertönen hinterlegt. An Fehlstellen scheint die grüne Untermalung unter dieser Fassung hervor. Partiell wurde echtes Gold in Form einer Mordantvergoldung eingesetzt.


Bild 13/14: Die Malerei Tiepolos wird in der Rahmenzone des Deckenfreskos durch besondere Details bereichert. Farbig gefasste Stuckelemente verwischen die Grenze zwischen Bildraum und realem Raum. Die malerischen und plastischen Darstellungen werden somit zu einem untrennbaren Ensemble verbunden. Unterhalb der Darstellung des „Moenus“ als Flussgott wächst eine Weinrebe aus dem Gemälde, und das rechte Bein des Gottes ragt in den Raum.


   
Hintergründe Kaisersaal

Tiepolos Fresken im Kaisersaal - Zustand

Der Kaisersaal

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