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Bruttoinlandsprodukt Neue Statistik lässt Staatsschuldenquoten sinken

 ·  Die neue Berechnung des BIP wertet Forschung und Militärausgaben als Investitionen. Die Methode, die ab 2014 in der EU angewendet wird, lässt das Defizitpegel der Eurozone um zwei Prozent sinken.

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© F.A.Z. Vergrößern Statistisches Bundesamt zur Neuberechnung: „Das sind keine Rechentricks“

Eine neue Methode zur Berechnung des Bruttoinlandsprodukts wird das BIP einiger Eurozonen-Länder um bis zu 5 Prozentpunkte steigen lassen. Umgekehrt werden ihre statistischen Staatsschuldenquoten dadurch sinken. Das Statistikamt Eurostat beziffert die voraussichtliche Erhöhung des BIP-Niveaus der Eurozone auf rund 2 Prozent. Dadurch werde sich die Schuldenquote in etwa gleichem Maße verringern. Nach Berechnung von Volkswirten der Bank Société Générale könnte die durchschnittliche Schuldenquote für Ende 2013 durch die neue Statistikmethode von 96,3 auf 94 Prozent sinken.

Von September 2014 an wird in der EU die neue Methode der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung namens „European System of National and Regional Accounts“ (ESA 2010) angewendet. Die wichtigste Änderung betrifft die Verbuchung von Ausgaben für Forschung und Entwicklung (F&E). Im alten System ESA 95 galten diese noch als Vorleistungen. In der heutigen, zunehmend digitalisierten Wirtschaft seien F&E-Ausgaben aber als Kapitalbildung zu werten, schreibt Eurostat.

„Ein neuer internationaler Standard“

„Forschung und Entwicklung werden künftig als Investition und damit eigenständige Wertschöpfung angesehen, nicht mehr als Vorleistungen, die im Produktionsprozess aufgebraucht werden“, erklärt Norbert Räth, Leiter der BIP-Berechnung im deutschen Statistischen Bundesamt. Durch die neue Berechnungsmethode werde es „grob geschätzt einen Niveausprung von 2 bis 3 Prozent beim BIP geben“, sagt Räth. Dazu werden alle volkswirtschaftlichen Statistiken bis 1991 zurück revidiert.

Den Vorwurf, dass durch die neue Statistik der Schuldenstand heruntergerechnet werde, weist Räth als absurd zurück. „An den Schuldenstand hat da keiner gedacht“, betont er, „das sind keine Rechentricks, sondern ein neuer internationaler Standard.“ 

Von diesem könne Europa nicht abweichen. Die Vereinigten Staaten haben ihn schon im vergangenen Jahr eingeführt; ihr BIP wurde durch die F&E-Einbeziehung einmalig um etwa 2,5 Prozent erhöht. Laut Société Générale ist in Europa in Finnland und Schweden die höchste BIP-Revision von 4 bis 5 Prozent plus zu erwarten.

Diese Länder haben hohe Forschungsausgaben. Italien und Spanien liegen dagegen bei nur 1 bis 2 Prozent, erklärt Michel Martinez, Volkswirt bei der Société Générale. „Durch die niedrigere Schuldenquote wird in einigen Ländern sicher wieder die Diskussion über den Sparkurs beginnen“, erwartet er. „Das könnte in Frankreich der Fall sein.“ Carsten Brzeski, Chefvolkswirt von ING, erwartet auch in den Niederlanden eine neue Konsolidierungsdebatte, weil diese nun knapp unter 3 Prozent Defizitquote sinken könnten.

Die zweite große Veränderung durch ESA 2010 betrifft Ausgaben für Militärgüter. Der Kauf neuer Waffensysteme, Kampfflugzeuge und Kriegsschiffe wird künftig als Kapitalbildung und Investition behandelt, „ungeachtet ihres destruktiven Potentials“, wie Eurostat schreibt. Durch diese statistische Änderung werde das BIP der Eurozone wohl um 0,1 Prozentpunkte steigen.

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21.01.2014, 20:40 Uhr

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