Männer laufen durch das zerstörte Flüchtlingslager Jarmuk | Bildquelle: AFP

Appell von UN-Chef Ban "Jarmuk entwickelt sich zu Todeslager"

Stand: 09.04.2015 21:58 Uhr

Das von der Terrororganisation IS kontrollierte syrische Flüchtlingslager Jarmuk gehöre zum "innersten Kreis der Hölle", mahnt UN-Generalsekretär Ban. Wie die Vereinten Nationen helfen könnten, lässt er allerdings offen.

Von Kai Clement, ARD-Hörfunkstudio New York

Es scheint unbegreiflich: Die Terrorgruppe "Islamischer Staat" besetzt große Teile eines Flüchtlingscamps - und das nur rund sechs Kilometer südlich der syrischen Hauptstadt Damaskus. Seit einer Woche ist das Lager Jarmuk gleichzusetzen mit erbärmlichen Lebensbedingungen für 18.000 Menschen.

Blick in das zerstörte Flüchtlingslager Jarmuk | Bildquelle: AFP
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Blick in das zerstörte Flüchtlingslager Jarmuk

UN-Generalsekretär Ban Ki Moon verglich es jetzt "mit dem innersten Kreis der Hölle". Kurz vor dem Abflug zu einer Auslandsreise wählte Ban in New York diese dramatischen Worte. Das Flüchtlingslager beginne einem Todeslager zu ähneln. Die Islamisten im Lager, die syrische Armee davor - die Lage ist unerträglich für die überwiegend palästinensischen Flüchtlinge.

3500 Kinder als menschliche Schutzschilde

"Die Bewohner von Jarmuk, darunter 3500 Kinder, sind zu menschlichen Schutzschilden geworden. Hilfslieferungen seien unmöglich, warnen die Vereinten Nationen und auch der Sicherheitsrat seit Tagen.

"Ich schließe mich dem Sicherheitsrat an. Wie er fordere ich ein Ende der Feindseligkeiten", erklärt Ban. Außerdem fordere er Zugang für Hilfslieferungen und sicheres Geleit für die Zivilisten, die das Lager verlassen wollen.

Danach aber sieht es im Moment nicht aus. Vielmehr wollen bewaffnete Palästinensergruppen und die syrische Armee gemeinsam eine Offensive gegen die Miliz "Islamischer Staat" aufnehmen. Offenbar bereiten sie sich auf einen Militäreinsatz vor. "Wir hören derzeit von besorgniserregenden Bericht eines massiven Angriffs auf das Camp und auf alle Zivilisten darin", beklagt Ban.

Flüchtlingslager Jarmuk
Jarmuk liegt im Süden der Hauptstadt Damaskus. Urprünglich lebten dort etwa 150.000 Palästinenser - heute harren noch 16.000 von ihnen aus.

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Sicherheitsrat uneins in Syrienfrage

Der UN-Generalsekretär ließ offen, was genau er damit meinte. Er ließ auch offen, wie denn die Vereinten Nationen zu einer Lösung beitragen können. Ein Journalist fragte nach: "Viele Menschen in der Welt werden zuhören und das vielleicht für Platitüden halten. Können Sie etwas genauer werden?" Nein, das konnte Ban nicht. Der Sicherheitsrat ist uneins in der gesamten Syrienfrage. Das Land selbst ist gespalten. Dazu kommt noch der islamistische Terror, eine Gruppe, mit der Gespräche angesichts ihrer menschenverachtenden Verbrechen unmöglich seien. Das Ergebnis klang nach Hilfslosigkeit. "Ich versuche diejenigen Führer der Region herauszufinden, die diese Leute beeinflussen können", meint Ban.

Die Vereinten Nationen sind einmal mehr so stark oder schwach wie die Einheit ihrer Mitgliedsländer. Wenn also nicht die Vereinten Nationen helfen können, könnten dann gezielte Militärschläge gegen den Islamischen Staat, wie bereits anderswo praktiziert, auch den Flüchtlingen in Jarmuk helfen? Das ist in einem weitgehend besetzten Lager ein hoch risikanter Weg.

"Ich werde hier nicht militärische Lösungen diskutieren, keine gezielten oder was auch immer für Militärschläge - auch wenn diese manchmal nötig sein werden", sagte Ban und forderte einmal mehr einen politischen Dialog. Einen allumfassenden politischen Dialog - diesmal für den innersten Kreis der Hölle.

Ban Ki Moon verurteilt Zustände im Flüchtlingslager Jarmuk
K. Clement, ARD New York
09.04.2015 21:11 Uhr

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