Peter Scholl-Latour | Bildquelle: picture alliance / dpa

Im Alter von 90 Jahren Journalist Scholl-Latour gestorben

Stand: 16.08.2014 14:56 Uhr

Der Journalist und Buchautor Peter Scholl-Latour ist tot. Der Nahost-Experte starb im Alter von 90 Jahren nach schwerer Krankheit in Rhöndorf am Rhein, wie der Ullstein-Verlag in Berlin mitteilte.

Peter Scholl-Latour wurde am 9. März 1924 in Bochum als Sohn des Arztes Otto Scholl-Latour geboren. Durch die elsässische Mutter sowie den saarländischen, in Lothringen aufgewachsenen Vater wurde er früh zu einem deutsch-französischen Grenzgänger, der beide Pässe besaß. Forschungsreisender zu werden, war schon sein Jugendtraum.

Autor und Journalist Peter Scholl-Latour gestorben
tagesthemen 22:11 Uhr, 16.08.2014, Michael Heussen, WDR

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Jahrzehntelange Karriere als Journalist und Nahost-Experte

Seit 1950 als Journalist tätig, übernahm Scholl-Latour in seiner seither andauernden Reportertätigkeit bevorzugt Berichterstattungen aus aktuellen und potenziellen Konfliktherden fast überall in der Welt. Nur in Osttimor und in der Antarktis sei er noch nicht gewesen, bekannte er als Achtzigjähriger. 1950 begann er, als Reisekorrespondent für Zeitungen zu schreiben.

1956/1957 berichtete er während des Sprachstudiums als Auslandskorrespondent von Beirut aus und erwarb sich schon damals den Ruf als Nahost-Experte. Ab 1959 war er verstärkt auf dem afrikanischen Kontinent während der Dekolonisierung unterwegs. Dabei berichtete er von 1960 an für den ARD-Hörfunk als ständiger Afrika-Korrespondent und kommentierte die recht unterschiedlichen Wege in die Unabhängigkeit.

Scholl-Latour in Irakisch-Kurdistan | Bildquelle: PHOENIX
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Peter Scholl-Latour im irakischen Teil Kurdistans - im Hintergrund Peschmerga-Kämpfer (Archivbild 2002).

In Paris baute er 1963 bis 1969 das neue ARD-Fernsehstudio auf und lernte dabei die Möglichkeiten des damals jungen Mediums kennen. Hierzu trugen auch regelmäßige Reisen nach Vietnam und in den Nahen Osten bei, was ihm sein gleichzeitiger Status als Sonderkorrespondent ermöglichte. Von Paris aus brachte er den Deutschen Frankreich näher.

Der "letzte Welterklärer"

Von 1969 bis 1971 wirkte Scholl-Latour als Direktor des WDR-Fernsehens für das Erste Programm (ARD). 1971 wechselte er zum ZDF und als Chefkorrespondent nach Paris, wo er von 1975 bis 1983 das ZDF-Studio leitete. Als Gefangene des Vietkong kamen er und sein Kamerateam 1973 in die Schlagzeilen, konnten aber Aufnahmen des einwöchigen Aufenthalts für spektakuläre Reportagen nutzen.

Als Pariser Korrespondent begleitete er Ayatollah Khomeini 1979 aus dem Exil im Flugzeug zurück nach Teheran - wieder war er dabei, als Geschichte geschrieben wurde, diesmal im Iran. Als "letzter Welterklärer", wie der "Spiegel" einmal schrieb, gab es wohl in den vergangenen Jahren kaum eine Talkshow-Couch, auf der er nicht saß.

Bestseller-Autor mit "Der Tod im Reisfeld"

1983 bis 1987 wirkte Scholl-Latour im Verlagshaus Gruner + Jahr als der für die TV-Aktivitäten zuständige Vorstand und gründete den Privatsender RTLplus mit. Gleichzeitig war er Herausgeber der G+J-Wochenzeitschrift "stern". Eine Episode blieb das Jahr als dessen Chefredakteur.

Neben seiner Karriere als Journalist machte er sich zunehmend einen Namen als Autor, 1961 zunächst mit dem Werk "Matata am Kongo". Scholl-Latours bekanntestes Buch wurde das 1979 erschienene "Der Tod im Reisfeld", das nicht nur das Lob der Kritik fand, sondern mit 1,3 Millionen verkauften Exemplaren das bisher erfolgreichste deutschsprachige Sachbuch seit 1945 wurde. Scholl-Latour umriss darin Grundzüge des 30-jährigen Krieges in Indochina.

Seine zahlreichen Sachbücher, in denen er die Beschreibung historischer Entwicklungslinien mit journalistischen Schilderungen verband, brachten ihm auch Kritik und den Vorwurf der Vereinfachung ein. Sein letztes Buch "Der Fluch der bösen Tat. Das Scheitern des Westens im Orient" soll nach Angaben des Propyläen Verlags im September erscheinen.

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