Rettungskräfte in Tunis | Bildquelle: dpa

Drastische Schritte gegen den Terror Neun Verdächtige in Tunis festgenommen

Stand: 19.03.2015 12:05 Uhr

Die Tunesier gedenken der Opfer des gestrigen Terroranschlags von Tunis. In seltener Einmütigkeit verurteilten Medien und Politiker den Anschlag. Jetzt sollen "drastische Maßnahmen" gegen den Terrorismus helfen. Nach Angaben der Regierung wurden inzwischen neun Verdächtige festgenommen. Vier von ihnen stünden"in direkter Verbindung" mit dem Attentat.

Von Stefan Ehlert, ARD-Hörfunkstudio Nordwestafrika

Ein Demonstrationszug bewegt sich über die Avenue Habib Bourgiba in Tunis. Trauer und Empörung machen sich nach dem tödlichen Angriff auf das Nationalmuseum breit. "Wir sind kein Terrorstaat. Wir sind an so etwas nicht gewöhnt, wir mögen die Touristen, und wir wollen sie bei uns haben", sagt eine Demonstrantin.

Nicht mehr nach Tunis

Das italienische Kreuzfahrtunternehmen Costa Crociere legt wegen des Anschlags vorerst nicht mehr in Tunis an. Drei Landausflüge seien abgesagt worden. 13 Passagiere seien nicht wie geplant auf die "Costa Fascinosa" zurückgekehrt, ehe diese in der Nacht zum Donnerstag den Hafen verließ. Wie viele davon unter den Opfern waren, blieb unklar.

Aber schützen konnte man sie nicht. Mindestens 19 Menschen haben die Angreifer auf dem Gewissen, die Zahl der Toten könnte noch steigen. Unter ihnen sind Japaner, Italiener, Polen und Angehörige aus mindestens fünf weiteren Nationen. Neun der Opfer waren mit dem Kreuzfahrtschiff "MSC Splendida" gekommen, teilte die Reederei heute mit.

Die Börse von Tunis brach in der Folge des Anschlags ein, die Folgen für den Tourismus sind noch nicht absehbar, das Vertrauen in die Politik und die Sicherheitskräfte ist einmal mehr beschädigt. Präsident Beji Caid Essebsi versuchte, mit starken Worten von den Schwächen abzulenken. Er schwor die Bevölkerung auf "die Generalmobilmachung gegen den Terror" ein. Das Volk müsse ein für alle Mal verstehen, dass man sich im Kampf gegen den Terror befinde: "Wir werden ihn bis zum Ende führen, bis zum letzten Atemzug und ohne Gnade."

Inzwischen soll die Identität zweier Angreifer geklärt sein. Sie waren von den Spezialeinheiten im Museum erschossen worden. Es waren höchstwahrscheinlich Tunesier, sagt Premier Essid. Mindestens einer von ihnen sei dem Geheimdienst bekannt gewesen. Nach weiteren Tätern und ihren Hintermännern wird noch gefahndet. Waren es Verbündete von Al Kaida, oder war es die Konkurrenz vom "Islamischen Staat"?

Isabelle Werenfels, Stiftung Wissenschaft und Politik, zu den Anschlägen
tagesschau24 10:00 Uhr, 19.03.2015

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Ins Herz getroffen

Für die Opfer ist das irrelevant. Tunesien wurde ins Herz getroffen, ins politische Herz, denn das Museum Bardo liegt gleich neben dem Parlament, wo die Schüsse deutlich zu hören waren, während Abgeordnete über die Anti-Terrorgesetzgebung debattierten.

Im Versteck überlebt

Zwei spanische Touristen überlebten den Anschlag in einem Versteck. Sie wurden am Morgen gefunden. Ein Museumsmitarbeiter hatte ihnen den Unterschlupf gezeigt. Das meldet die Nachrichtenagentur AFP unter Berufung auf den Zivilschutz. Sie seien zur Routineuntersuchung ins Krankenhaus gebracht worden.

Der Abgeordnete Souhail Alouini ist Arzt, er leistete nach dem Angriff noch Erste Hilfe. Die Bilder des Anschlags werde er nie vergessen können, sagt er. Die Sicherheitsstrategie müsse überarbeitet werden, so könne es nicht hat weitergehen: "Sie sind hier im Heiligtum im Herzen der tunesischen Stabilität angekommen, am Parlament. Das ist sehr schlimm."

Nach den Morden an zwei Abgeordneten 2013, die ebenfalls Islamisten zugerechnet werden, fühlten sich Tunesiens Parlamentarier ohnehin permanent bedroht, sagt die Abgeordnete Saida Ounissi. Der Angriff gleich neben dem Parlament mache deutlich, wie verwundbar Tunesien sei: "Da gab es Sicherheitslücken, da müssen wir dringend Maßnahmen ergreifen." Die Sicherheit des Gebäudes sei doch essenziell für ihre Arbeit.

Mehr Geld für die Polizei, neue Gesetze

Souhail Alouini gehört wie Ounissi der zweitstärksten Frakton im Parlament an, den gemäßigten Islamisten von Ennahda. Er kündigt an, Polizei und Militär würden massiv verstärkt, die Antiterrorgesetzgebung verschärft. Das Parlament werde weiterarbeiten und gegen die Terroristen "sehr drastische Maßnahmen" ergreifen.

Inzwischen sind aus der ganzen Welt Beileids- und Solidaritätsbekundungen in Tunis eingegangen. Auch aus Deutschland. Bundeskanzlerin Angela Merkel versprach heute Morgen: Man werde alles tun, um Tunesien zu helfen.

Korrespondent

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