Blick auf das abendlich beleuchtete Riga in Lettland. | Bildquelle: dpa

Gipfel zur "Östlichen Partnerschaft" Anbandeln, aber ohne Risiko

Stand: 22.05.2015 09:42 Uhr

Die EU sucht die Nähe zu ihren östlichen Nachbarn und will ihre Beziehungen zu sechs früheren Sowjetrepubliken ausbauen. Und was wollen die sechs Länder? Einige werben offensiv, andere zaudern - und alle risikieren den Konflikt mit Moskau.

Von Markus Sambale, ARD-Hörfunkstudio Moskau

Wer in die Ukraine, in die Republik Moldau oder nach Georgien kommt, sieht überall Europa-Fahnen, die an Regierungsgebäuden und Universitäten hängen. Man hat den Eindruck, die Länder seien schon EU-Mitglieder oder ein Beitritt müsse zumindest bevorstehen. Doch der Eindruck täuscht gewaltig. Auch wenn die Regierungen zuweilen groß tönen - sie wissen selbst, dass mehr als die im vergangenen Jahr beschlossenen Assoziierungsabkommen zur wirtschaftlichen und politischen Zusammenarbeit im Moment nicht möglich ist.

Der ukrainische Präsident Poroschenko mit dem Gastgeber in Riga, dem lettischen Präsidenten Berzins. | Bildquelle: AFP
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Vor allem die Ukraine hofft auf weitere Annäherung an Brüssel - mit dem Ziel, EU-Mitlgied zu werden.

Trotzdem sagte der ukrainische Präsident Petro Poroschenko erst vergangene Woche in Kiew, ein "Nationaler Rat" sei gegründet worden, der die Umsetzung der Reformen beschleunigen solle. "Damit die ukrainischen Kinder die Möglichkeit haben, in einem Land zu leben, das EU-Mitglied ist. Das ist unser Hauptziel. Dafür stehen wir, dass die Ukraine nichts vom gewählten Weg abbringt", betonte Poroschenko.

Ähnliche Konflikte in allen drei Staaten

Dieser Weg ist völlig ungewiss - für die Ukraine und auch für die Republik Moldau und für Georgien. In allen drei Staaten blühen Korruption und Vetternwirtschaft. Superreiche Oligarchen mischen in der Politik mit. Und alle drei Staaten haben militärische Konflikte mit Russland. In den Regionen, die sich abspalten wollen, stehen russische Truppen. Russland wird immer wieder der Vorwurf gemacht, Aggressor zu sein.

Doch der kremlnahe Moskauer Politologe Kyrill Koktysch widerspricht. Er sieht die Gründe woanders: "In allen drei Ländern leben mehrere Volksgruppen. Es gab nach 1991 jeweils Versuche von Seiten einer Volksgruppe, den anderen Gruppen ihren Willen zu diktieren", sagt Koktysch. In der Sowjetzeit seien solche Tendenzen gedämpft worden. "Aber es hat sich gezeigt, dass die Grenzen aus Sowjetzeiten für den postsowjetischen Raum zum Risiko geworden sind."

Weißrussland, Armenien und Aserbaidschan sind distanzierter

Das Erbe der Sowjetunion wiegt schwer, auch für die drei übrigen Staaten, die vorsichtiger mit der EU anbandeln. Da ist Weißrussland mit seinem Alleinherrscher Alexander Lukaschenko. Unberechenbar ist seine Schaukelpolitik zwischen Moskau und dem Westen.

Auch Armenien bekennt sich immer wieder zu Europa, ist aber wirtschaftlich und militärisch von Russland abhängig. Beide Staaten, Weißrussland und Armenien, sind seit kurzem Teil der von Russland dominierten Eurasischen Wirtschaftsunion und haben so der EU die kalte Schulter gezeigt.

Schließlich ist da noch Aserbaidschan mit seinen Eliten, die durch Öl und Gas reich geworden sind, Menschenrechte aber mit Füßen treten.

Russland sieht EU-Ostpolitik als "antirussisch"
tagesthemen 22:15 Uhr, 21.05.2015, Olaf Bock, ARD Moskau

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Es geht ums Geld, aber auch um Souveränität

Der Politologe Koktysch erkennt bei allen sechs Ländern eine ähnliche Taktik. "Ich würde sagen, die Länder versuchen, durch ihr Verhalten mal den Westen und mal Moskau zu beeinflussen. Man muss verstehen, dass sich Osteuropa nirgendwohin bewegt. Es bleibt Osteuropa. Die Rhetorik über eine Bewegung nach Westen oder nach Osten wird genutzt, damit der Westen oder der Osten zahlt."

Tatsächlich hoffen Länder wie die Ukraine im Moment vor allem auf Kredite und Investitionen. Alle Länder setzen auf Erleichterungen beim Handel mit der EU und bei der Visa-Vergabe.

Eine Sorge ist den sechs Ländern gemein: die um ihre Souveränität. Das hat vor allem mit Russlands Präsident Wladimir Putin zu tun, der den Zusammenbruch der Sowjetunion einmal als "geopolitische Katastrophe" bezeichnet hat. Spätestens seit dem Ukraine-Konflikt ist klar, dass Putin die Nachfolgestaaten der Sowjetunion weiter als seine Einfluss-Sphäre ansieht und nicht ziehen lassen will. Auch dagegen setzen die sechs Staaten mit der EU-Ost-Partnerschaft Zeichen - die einen zaghaft, die anderen selbstbewusster.

EU und östliche Partnerschaft
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Russland, die EU und die sechs Staaten der "Östlichen Partnerschaft"

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