"Ehe für alle" bleibt Streitfall Union und SPD ringen um Haltung
Stand: 26.05.2015 13:57 Uhr
Vereinheitlichungen, aber nicht komplette Gleichstellung. Das haben Union und SPD im Koalitionsvertrag zum Thema "Ehe für alle" festgeschrieben. Doch an dieser Verabredung wird gerade gerüttelt - von allen Seiten.
Von Rebecca Lüer, SWR, ARD-Hauptstadtstudio
Das Amt von Christine Lüders hat einen dieser wenig eingängigen Titel, denn sie ist die Anti-Diskriminierungsbeauftragte der Bundesregierung.
Aber ihr Vorschlag bringt neuen Schwung in die Diskussion um die "Ehe für alle", also die komplette Gleichstellung homosexueller und heterosexueller Paare: "Das Recht auf Heirat für Lesben und Schwule ist ein Menschenrecht, das gehört nicht in die Parteipolitik. Ich fände es gut, wenn der Bundestag ohne Fraktionszwang darüber abstimmen würde", teilte Lüders in einer Pressemitteilung mit.
Christiane Meier, ARD Berlin, im Gespräch mit Volker Beck, Die Grünen, zur Homosexuellen-Ehe
ARD-Morgenmagazin, 26.05.2015
Grüne wollen Gruppenantrag im Bundestag
Volker Beck von den Grünen unterstützte die Idee im ARD Morgenmagazin: "Dann kann jeder mit seiner subjektiven Haltung in die Abstimmung gehen. Und trotzdem kann sich die Mehrheit, die es ja in der Bevölkerung, im Bundesrat und im Bundestag für die Öffnung der Ehe gibt, endlich realisieren."
Die Grünen fordern schon lange die absolute rechtliche Gleichstellung und wollen einen Gruppenantrag im Bundestag auf den Weg bringen. Die Linken würden sich anschließen. Innerhalb der SPD gebe es, ohne Rücksicht auf den Koalitionspartner, ebenfalls eine Mehrheit. CDU Bundes-Vize Thomas Strobl hingegen ist gegen die Aufhebung des Fraktionszwangs. Das Parlament müsse berechenbar bleiben und dürfe nicht mit Zufallsmehrheiten operieren, sagte Strobl der Frankfurter Rundschau.
Doch auch innerhalb der Union wächst die Gruppe der Befürworter für eine entsprechende Grundgesetzänderung: "Das macht mich zuversichtlich, dass wir auch innerhalb der Union zu einem Prozess des Nachdenkens kommen", sagte der CDU-Abgeordnete Stefan Kaufmann im Deutschlandfunk.
Alexander Vogt, Verband Lesben und Schwule in der Union, fordert eine gesellschaftliche Debatte
tagesschau24 13:30 Uhr, 26.05.2015
Merkels Position hat sich seit 2013 nicht verändert
Doch die Richtung in der Union gibt nach wie vor die Kanzlerin vor. Und an deren Aussage von 2013 hat sich bislang zumindest offiziell nichts geändert: "Ich sage ihnen ganz ehrlich, dass ich mich schwer tue mit der völligen Gleichstellung. Ich persönlich werde jedenfalls nicht selbst einen Gesetzentwurf einbringen für eine komplette Gleichstellung und für die Adoption."
Und genau das ist der Knackpunkt der Debatte, das volle Adoptionsrecht für schwule Partner. Für den Grünen Beck ist die derzeitige Regelung in doppeltem Sinne verfassungswidrig: "Einmal benachteiligt das gleichgeschlechtliche Paare, weil man in zwei Schritten innerhalb von einem Jahr erst die gemeinschaftliche Elternschaft erreichen kann. Zum anderen benachteiligt es aber kurioserweise auch Ehepaare, weil schwule und lesbische Paare jetzt die Möglichkeit haben, entweder einzeln oder gemeinsam zu adoptieren. Diese Wahlfreiheit haben Ehepaare nicht.“
Opposition geht Maas' Gesetzentwurf nicht weit genug
tagesschau 17:00 Uhr, 26.05.2015, Julia Krittian, ARD Berlin
Befürworter innerhalb der Union wie Stefan Kaufmann vertrauen auf das Bundesverfassungsgericht, dessen Urteile homosexuellen Paaren bereits mehrfach in steuerlicher Hinsicht rechtliche Gleichstellung brachte. Für den familienpolitischen Sprecher der Union, Marcus Weinberg, ist das erst mal ausreichend. "Darüber hinaus gibt es für uns in dieser Legislaturperiode keinen Anlass, das Grundgesetz zu erweitern."
Beck: Union schielt an den rechten Rand
Die Gegner der kompletten Gleichstellung in der Union verweisen auf den Koalitionsvertrag. In dem hatten sich Union und SPD auf Vereinheitlichungen, aber nicht auf eine komplette Gleichstellung verständigt. Einen entsprechenden Gesetzentwurf will SPD Justizminister Heiko Maas am Mittwoch ins Kabinett einbringen.
Für den Grünen Beck ist das alles nur Symbolik. Die Union wolle Rücksicht nehmen auf den rechten Rand der Gesellschaft und habe Angst vor Parteien wie der AfD oder der NPD, die daraus Kampagnen machen könnten.
Zur Gleichstellungsdebatte gleichgeschlechtlicher Ehen
R. Lüer, ARD Berlin
26.05.2015 12:16 Uhr