Internationale Presse | Bildquelle: picture-alliance / Uwe Gerig

Internationale Presseschau "Merkels offenes Ohr für Griechenland"

Stand: 24.03.2015 12:12 Uhr

Griechenlands Medien haben den Besuch von Ministerpräsident Tsipras in Berlin positiv bewertet - und auch die internationale Presse sieht erste Schritte zu einer Lösung des Schuldenstreits. Doch ein Scheitern der Verhandlungen wird ebenfalls nicht ausgeschlossen.

Der erste offizielle Besuch von Regierungschef Alexis Tsipras ist nach Ansicht des größten Teils der griechischen Presse einen gelungener Versuch, die Eiszeit zwischen Berlin und Athen zu beenden.

So schreibt die Zeitung der politischen Mitte "Ta Nea": "Merkel (rollte den) Roten Teppich aus - Tsipras (entfaltete eine) Realpolitik". Tsipras habe klargestellt, man brauche einen anderen politischen Mix. Er habe aber auch zugegeben, dass auch Positives in den vergangenen Jahren geschaffen wurde (durch die von den Geldgebern durchgesetzten Reformen in Griechenland) und dies dürfe nicht "niedergerissen werden."

Das Boulevardblatt "Ethnos" schreibt auf der Titelseite: "Das Eis ist gebrochen". Das Treffen habe den Weg für die Verständigung geebnet. Merkel habe klargestellt: Die Griechen müssen die Reformen selbst in die Tat umsetzen. Die Bewertung und damit auch die Entscheidung für weitere Hilfen treffe nicht Berlin sondern die Eurogruppe.

Das linke Blatt "Efimerida ton Syntakton" titelt: "Lebenspartnerschafts-Abkommen". Alles sei auf dem Tisch gelegt worden. Die Reparationen, die Korruption, in die aber auch deutsche Firmen verstrickt sind. Tsipras habe gestanden, dass viele Probleme hausgemacht seien.

Die konservative Traditionszeitung "Kathimerini" schreibt dagegen vorsichtiger von einem "Versuch das Eis zu brechen". "Tsipras verspricht, Griechenland werde die Auflagen erfüllen. Merkel klärt, die Institutionen werden die Entscheidung für weitere Hilfen treffen." Als "Stunde des Realismus" beschrieb die Zeitung das Treffen der beiden Regierungschefs in einen Leitkommentar.

"Griechenland würde in einer viel besseren Position sein, wenn er (Tsipras) von Anfang an die gestrige Taktik gehabt hätte", meint das Blatt. Athen steckte bislang in der Falle ihrer früheren Oppositionsrhetorik. Tsipras muss den antieuropäischen Populismus einiger Regierungsmitglieder beenden. Es sei die Stunde für alle gekommen, reif zu werden.

Griechenlands Regierungschef Tsipras und Kanzlerin Merkel bei der Pressekonferenz in Berlin. | Bildquelle: AFP
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Griechenlands Regierungschef Tsipras und Kanzlerin Merkel bei der Pressekonferenz in Berlin: "Versöhnlicher Ton, harte Linie"

Auch die internationale Presse bewertet die Gespräche positiv. Allerdings ist die Skepsis weiter groß, dass eine Einigung im Schuldenstreit gelingen kann. Auch der Streit um griechische Forderungen nach Reparationszahlungen ist Thema.

Die linksliberale Turiner Tageszeitung "La Stampa" kommentiert: "Versöhnlicher Ton, aber eine harte Linie. Das ist das Ergebnis des Treffens von Alexis Tsipras und Angela Merkel. Als sich beide am späten Nachmittag vor den Mikrofonen für die Pressekonferenz aufstellen, lächelt er, sie nicht. Das ist kein Zufall. Die Botschaften der Kanzlerin sind zwei. Die erste, sehr klar: Die Frage der Reparationszahlungen ist abgeschlossen. Die zweite: Über die Hilfen für Griechenland entscheidet die Eurogruppe. Dennoch ist der Gipfel eine Möglichkeit, um das Unverständnis zu überwinden. Denn auch Tsipras hat einen versöhnlicheren Ton angeschlagen."

Die französische Wirtschaftszeitung "Les Echos" schreibt: "Beide Politiker wollten nicht öffentlich über die neue Liste der Reformen Griechenlands sprechen, die die Finanzminister der Eurozone in den nächsten Tagen prüfen sollen. Deutschland will die Eurozone erhalten, doch Merkels christdemokratische Partei und die deutsche Bevölkerung liebäugeln zunehmend mit einem Austritt Griechenlands aus dem Euro. (Der griechische Ministerpräsident Alexis) Tsipras hat seinerseits für die Einhaltung der Verträge und die Anerkennung demokratischer Abstimmungsergebnisse plädiert."

Der linksliberale "Guardian" kommentiert das Treffen zwischen Merkel und Tsipras: "Zum Konflikt kam es zwischen beiden Politikern über das Thema Zweiter Weltkrieg. Und über den grundlegenden Streit um weitere Gelder und die Gegenleistungen Griechenlands, um eine Staatspleite innerhalb der nächsten Wochen zu vermeiden, schien es keine Annäherung gegeben zu haben. Weder Tsipras noch Merkel wollen einen Austritt Griechenlands aus dem Euro. Doch die fehlende Einigung in Berlin deutet auf eine Verschärfung des harten Kurses auf beiden Seiten hin, die zu einem Scheitern der Verhandlungen führen könnte."

Über dieses Thema berichtete die tagesschau am 24. März 2015 um 12:00 Uhr.

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