Seite drucken | Fenster schliessen
Eidgenössisches Departement für Verteidigung,
Bevölkerungsschutz und Sport

Militärstrafverfahren

Gerichtsstand
Kantonale Gerichte sind nach dem Territorialitätsprinzip zuständig für diejenigen Fälle, die sich in ihrem Gerichtskreis ereignet haben. Dies hat zur Folge, dass sich Angeklagte aus anderen Regionen u.U. vor anderssprachigen Gerichten verantworten müssen.

Hier liegt eine der Stärken des Militärstrafprozesses, der als ordentlichen Gerichtsstand jenen der Truppenzugehörigkeit kennt, unabhängig davon, wo sich ein Delikt ereignet hat. Leistet jedoch ausnahmsweise ein Angehöriger der Armee in einer für ihn fremdsprachigen Einheit Dienst, ist es dem Oberauditor gestattet, diesen einem anderssprachigen Gericht zuzuweisen.

Einleitung des Verfahrens
Wird eine Person einer strafbaren Handlung verdächtigt und fällt eine disziplinarische Erledigung ausser Betracht, so ist die Voruntersuchung anzuordnen. Sie hat den Zweck festzustellen, ob eine strafbare Handlung vorliegt. Es sind alle Umstände der Tat abzuklären, die für das richterliche Urteil oder für die Einstellung des Verfahrens von Bedeutung sein können.

Sind einzelne Voraussetzungen einer Voruntersuchung nicht erfüllt, so wird eine vorläufige Beweisaufnahme angeordnet. Dies gilt vor allem, wenn:
  • Beweismittel beschafft oder ergänzt werden müssen, insbesondere bei unbekannter Täterschaft und ungeklärtem oder verwickeltem Sachverhalt;
  • Ungewissheit darüber besteht, ob eine strafbare Handlung disziplinarisch oder militärgerichtlich zu erledigen sei.

Bei Tötung, erheblicher Verletzung von Militär- oder Zivilpersonen sowie bei schweren Sachschäden ist eine vorläufige Beweisaufnahme auch ohne Vorliegen einer strafbaren Handlung anzuordnen.

Das Militärstrafverfahren wird durch einen Befehl des Bataillons-/Abteilungskommandanten bzw. Kurskommandanten - bei ausserdienstlichen Delikten und Völkerrechtsverletzungen durch den Oberauditor - in Gang gesetzt. Sollte sich ein Kommandant weigern, ein gerichtliches Verfahren einzuleiten, wo ein solches nach Auffassung des militärischen Untersuchungsrichters am Platz ist, so kann der Oberauditor an Stelle des Kommandanten den Untersuchungsbefehl erteilen.

Obligatorische Verteidigung
Im Militärstrafprozess ist die Verteidigung in der Voruntersuchung zugelassen, in der Hauptverhandlung ist sie obligatorisch.

Häufig lassen sich Angeklagte einen amtlichen Verteidiger vom Gericht zuweisen. Diese gehören nicht zur Militärjustiz. Jeder Rechtsanwalt, der zur Ausübung des Anwaltsberufs in der Schweiz zugelassen ist, kann ein solches Mandat übernehmen. Als Besonderheit des militärischen Prozessrechts gilt, dass eine amtliche Verteidigung für den Angeklagten - unabhängig vom Vorliegen einer Prozessarmut - unentgeltlich ist.

Unmittelbarkeitsprinzip
Die Akten der vom Untersuchungsrichter geführten Voruntersuchung sind den Richtern nicht bekannt. Diese urteilen vielmehr nach ihrer im Laufe der Verhandlung gewonnenen Überzeugung. Damit ist sichergestellt, dass in der Hauptverhandlung ein vollständiges Beweisverfahren durchgeführt wird.

Strafmandatverfahren
Fälle von geringerer Tragweite (Freiheitsstrafe von höchstens einem Monat und/oder Busse bis zu Fr.1000.-), bei denen der Sachverhalt nicht bestritten ist, können vom Auditor (Ankläger) mit Strafmandat erledigt werden. Es ist dies die schriftliche Eröffnung eines kurz begründeten Urteils ohne Durchführung einer Hauptverhandlung. Der Verurteilte oder der Oberauditor können jedoch die Durchführung des ordentlichen Verfahrens verlangen.

Rechtsmittel
Jeder Fall kann mit Appellation an ein Militärappellationsgericht weitergezogen werden. Als oberste richterliche Instanz amtet schliesslich das Militärkassationsgericht, das gutgeheissene Beschwerden zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückweist.

Militärgericht --> Militärappellationsgericht --> Militärkassationsgericht

Ergänzend steht gegen Haftverfügungen eine Beschwerde an den Präsidenten des Militärgerichts offen und gegen andere Verfügungen und Amtshandlungen der Untersuchungsrichter eine solche an den Oberauditor.
Gegen Massnahmen der Gerichte, die keine eigentlichen Urteile darstellen, z.B. ein Entschädigungsentscheid, steht schliesslich eine Rekursmöglichkeit an das Militärkassationsgericht offen.

Kollegialgerichte
Alle Militärgerichte amten als Kollegialgerichte in Fünferbesetzung: Neben dem Präsidenten, der Justizoffizier ist, gehören ihnen je zwei Offiziere und zwei Unteroffiziere / Soldaten aus der dem Gericht zugeteilten Truppe an.

Fachgerichte
Bei vielen von den Militärgerichten zu beurteilenden Fällen spielen die besonderen Umstände des Dienstes eine Rolle. Da den Gerichten nebst dem Präsidenten, dessen Truppenerfahrung in der Regel schon einige Zeit zurückliegt, immer mindestens vier Richter angehören, die im Truppendienst stehen, besteht Gewähr dafür, dass ein Angeklagter von Personen beurteilt wird, welche die besonderen Verhältnisse des Dienstes kennen. Die Militärgerichte sind in diesem Sinne Fachgerichte.
Für Fragen zu dieser Seite: Oberauditorat
Seite drucken | Fenster schliessen