«Wir haben Hinweise erhalten,
dass der beschuldigte Arzt den Spanier Fuentes mit Doping-Präparaten
versorgt haben soll. Wir prüfen nach der Sicherstellung der
Unterlagen nun, was geliefert wurde, ob und wie viel Geld geflossen
ist. Wir können nicht ausschließen, dass dabei noch andere Helfer
beteiligt waren», erklärte Hans-Dieter Apel, leitender
Oberstaatsanwalt der Staatsanwaltschaft Göttingen am Freitag der dpa.
Am Vortag waren sowohl am Wohnort des Arztes in Niedersachsen
sowie in der 20 Kilometer entfernten Helios-Klinik im thüringischen
Bleicherode kistenweise Dokumente, Computer-Dateien und Konto-Auszüge
des vermeintlichen Drahtziehers sichergestellt worden. «Ich bestätige
nichts, aber es gehört zum Standard solcher Ermittlungen, dass
Liefer-Papiere, Konto-Bewegungen und EDV-Dokumente gesichert werden»,
sagte Apel nach den Razzien. In den kommenden Wochen werden die
beschlagnahmten Gegenstände nun einer eingehenden Prüfung unterzogen,
auch will man den Beschuldigten voraussichtlich noch zu weiteren
Tatbeständen befragen, fügte der Oberstaatsanwalt hinzu.
Apels Kollege Hans-Hugo Heimgärtner bestätigte gegenüber dem
Nachrichtensender N24, dass sich der Beschuldigte selbst zur Sache
noch nicht geäußert hat. Der Oberstaatsanwalt bekräftigte, dass es
einen Anfangsverdacht gegen den Arzt gegeben habe, auf Grund dessen
man das Verfahren eingeleitet habe.
Der des Verstoßes gegen das Arzneimittelgesetz beschuldigte Arzt
war noch am Abend der Durchsuchungen von der Helios Klinik
Bleicherode beurlaubt worden. «Sollten sich die Verdachtsmomente im
Verlauf der Untersuchungen weiter erhärten, behalten wir uns
arbeitsrechtliche Schritte vor», heißt es in einer Erklärung der
Klinik-Leitung.
Die spanische Zeitung «El Pais» hatte schon vor mehreren Tagen
berichtet, dass der des Dopings überführte Tour-de-France-Sieger
Floyd Landis aus den USA auch Kontakte zu einem deutschen Arzt gehabt
haben soll. Wie Hans-Dieter Apel erklärte, lägen der
Staatsanwaltschaft dazu noch keine näheren Erkenntnisse vor.
Nach dem Überschwappen des spanischen Doping-Skandals nach
Deutschland ist zwischen dem Vorsitzenden des Bundestags-
Sportausschusses, Peter Danckert, und Thomas Bach, dem Präsidenten
des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB), ein Disput um die
Schaffung eines Anti-Doping-Gesetzes entbrannt. Bach forderte im
Kampf gegen Doping die Möglichkeit von Abhörmaßnahmen und härtere
Strafen. Der DOSB verlange, «dass solche Ermittlungen weiter
erleichtert werden, dass sie ausgedehnt werden können, gegebenenfalls
auch auf Abhörmaßnahmen und dergleichen», sagte Bach N24.
Außerdem setze sich der Verband für «eine Erhöhung des Strafmaßes
durch den Bundesgesetzgeber» ein. Die Bundesländer sollten «nunmehr
endlich Schwerpunkt-Staatsanwaltschaften einrichten, um solche
Aktionen gegen die Hintermänner des Dopings noch zielgerichteter und
noch effektiver durchzuführen», betonte Bach.
Hingegen will Danckert ein Anti-Doping-Gesetz auch gegen
Widerstände aus den Reihen von Sportfunktionären durchsetzen. Im
Inforadio vom RBB kritisierte er die Haltung von Bach, der ein
solches Gesetz für überflüssig hält. Er stelle fest, sagte Danckert,
dass es im deutschen Sport ganz unterschiedliche Auffassungen gebe.
Er erinnere an den Präsidenten des Deutschen Leichtathletik-
Verbandes, Clemens Prokop, an den Präsidenten des Bundes
DeutscherRadfahrer Rudolf Scharping und andere, die seiner Meinung
seien und ebenfalls ein Anti-Doping-Gesetz forderten. «Ich versuche
Herrn Bach davon zu überzeugen, dass das der falsche Weg ist, die
Sportler zu schützen und sich nur darauf zu verlassen, dass wir durch
zufällige Aktionen an die Hintermänner herankommen», sagte Danckert.
Nach den Doping-Ermittlungen der Göttinger Staatsanwaltschaft
gegen einen deutschen Mediziner glaubt Danckert, dass in Kürze
weitere Enthüllungen folgen werden.
Im Nachrichtensender N24 sagte er: «Ich bin ziemlich sicher, dass in
den nächsten Tagen noch einiges auf den Tisch kommt, was uns dann
wieder entsetzen wird. Ich kann da noch keine Einzelheiten sagen. Das
muss ja alles auch handfest recherchiert werden.»
Druckversion
Artikel versenden
Feedback
17.08.06 Fuentes-Affäre: Polizei ermittelt in Deutschland