STRASSBURG, 27.06.06 (dpa) -
Die Doping-Spekulationen um Jan Ullrich,
über die die spanische Zeitung El Pais
berichtet hatte,
beschäftigten auch die Organisatoren der Tour de France.
Die Tour-Direktion hat Jan Ullrich Grünes
Licht für die am Samstag beginnende 93. Tour de France gegeben. «Im
Moment» spreche nichts gegen seine Teilnahme, teilte am Dienstag
Tour-Sprecher Philippe Sudres mit. Der 32 Jahre alte T-Mobile-Kapitän
und sein Betreuer Rudy Pevenage waren in einem Bericht der spanischen
Zeitung «El País» am Montag in Zusammenhang mit der Doping-Affäre um
die Mediziner Fuetes und Batres gebracht worden. Ullrich, der zum
zweiten Mal nach 1997 das Gelbe Trikot erobern will, reist am
(morgigen) Mittwoch wie vorgesehen mit dem Auto nach Straßburg zum
Tourstart.
Jetzt ist die spanische Guardia Civil am Zug. Wenn sie Beweise
gegen Ullrich und Pevenage auf den Tisch legen kann, dass der Profi
und sein Teamchef und väterlicher Freund in die Doping-Affäre
verwickelt sind, stünden beide womöglich vor dem Karriereende. Wenn
sich keine neuen Fakten über die Veröffentlichungen von «El País» vom
Montag hinaus ergeben, steht Ullrichs neuntem Tour-Start nichts im
Weg. Neue Fakten gab es am Dienstag nicht. Laut T-Mobile hätte die
Guardia Civil auf die «strikt geheimen» Akten verwiesen und eine
offizielle Stellungnahme zum jetzigen Zeitpunkt abgelehnt.
Eine Konferenzschaltung mit den Tour-Direktoren Jean-Marie Leblanc
und Christian Prudhomme hätte bereits am Montag ergeben, dass
Handlungsbedarf nur bestehe, wenn glasklare Fakten bekannt werden.
Das sagte Team-Sprecher Luuc Eisenga. Tour-Pressechef Christophe
Marchadier bestätigte diese Version. «Eine Entscheidung muss Hand und
Fuß haben. Darin waren wir uns gestern mit den Tour-Chefs einig.
Bisher haben wir einen Zeitungsartikel und weiter nichts», sagte
Eisengaa. Prudhomme habe ihm am Nachmittag versichert, dass
«Spekulationen einer Zeitung» eine Ausladung nicht rechtfertigten.
«El País» hatte am Vortag berichtet, nach dem vor einem Monat in
Spanien aufgedeckten Dopingskandal sei auch Ullrich ins Visier der
Fahnder geraten. Bei den Ermittlungen seien im Zusammenhang mit
präparierten Blutkonserven Codenamen aufgetaucht, die auf den 32-
Jährigen T-Mobile-Kapitän und seinen langjährigen Betreuer Pevenage
hindeuten könnten, schrieb das Blatt unter Berufung auf den
Ermittlungsbericht. Ullrich und Pevenage wiesen die Vorwürfe zurück.
Das damals zerschlagene Doping-Netz soll nach einem Bericht von
«El País» vom Dienstag nicht nur Radprofis mit verbotenen Mitteln,
darunter etwa mit roten Blutkörperchen angereicherte Blutkonserven,
versorgt haben. Auch Leichtathleten seien möglicherweise unter den
«Kunden» gewesen. Dies gehe aus abgehörten Telefongesprächen hervor.
Im Polizeiverhör habe der unter Verdacht stehende Hämatologe José
Luis Merino Batres zugegeben, «Elite-Sportler» behandelt zu haben,
zumeist in Hotelzimmern. Namen habe der Mediziner aber nicht genannt.
Für die meisten Blutbehandlungen sei nach seiner Aussage der
Sportarzt Eufemiano Fuentes verantwortlich gewesen. Beide gelten als
zentrale Figuren in dem Skandal und befinden sich nach Zahlung einer
Kaution auf freien Fuß. Insgesamt waren Ende Mai fünf Verdächtige
vorübergehend festgenommen worden, unter ihnen auch Saiz. Gegen sie
wird wegen «Gefährdung der öffentlichen Gesundheit» ermittelt.