PAU, 12.07.06 (dpa) -
Es sollte die große Vorstellung werden: Zum Start der
diesjährigen Tour de France hatte sich das Jan-Ullrich-Team den
vornehmen Golfclub von Plobsheim bei Straßburg als Bühne für die
Mannschafts-Präsentation ausgesucht. Nur Minuten vor Showbeginn stand
Sponsor T-Mobile vor der PR-Katastrophe und musste die Suspendierung
ihres Doping verdächtigen Werbeträgers verkünden. Doch auch nach dem
Ullrich-Schock setzt der Mobilfunkanbieter bei seinem Tour-Engagement
weiter auf gute Laune.
In die Weinmetropole Bordeaux ließ die Firma die ZDF-Köchin und
Berliner Gastronomin Sarah Wiener einfliegen, die medienwirksam die
Mannschaft beköstigte. Und zu einer Alpenetappe hat T-Mobile unter
anderem Soap-Stars und Moderatoren eingeladen. Sie sollen mit
fachkundiger Unterstützung die ganze Härte des Radsports hautnah
erleben und selber die Berge hoch strampeln - die RTL-Kameras sind
bei dem Schaulaufen auch dabei.
«Da gibt es nichts nachzutrauern», begründet T-Mobile Teamsprecher
Christian Frommert die offenbar ausgelassene Stimmung nach dem
überstürzten Abgang des Tour-Favoriten: «Es wäre ein falsches Signal,
wenn wir alles absagen würden». Der Mobilfunker, seit 15 Jahren als
Rad-Sponsor engagiert, sieht keinen Grund, Trauerflor zu tragen. «Im
Gegenteil: Wir wollen für den Radsport kämpfen», verkündet Frommert.
Zusammen mit Fahren, Sponsoren und Funktionären will T-Mobile an
einem «Runden Tisch» die Weichen für eine «grundlegende Veränderung»
des skandalträchtigen Radsports stellen. Auch Werbefachleute raten
dem Unternehmen, gerade angesichts der Negativschlagzeilen, beim
Sponsoring zu bleiben. «Das würde die Öffentlichkeit als Fahnenflucht
und Feigheit auslegen», sagt Volker Nickel vom Zentralverband der
deutschen Werbewirtschaft. Zwar sieht der Fachmann im Engagement von
Prominenten wie Ullrich auch ein Risiko. «Da gibt es immer die
Gefahr, das der Promi abstürzt oder als Werbe-Vampir das ganze
Interesse auf sich zieht.»
Nickel bescheinigt T-Mobile ein gutes Krisen-Management. «Die
müssen jetzt das Beste daraus machen», sagt Nickel. «Die Menschen
können schon genau zwischen den Verfehlungen des Unternehmens und des
Sportlers unterscheiden.»
Bei Null muss T-Mobile nach dem Ullrich-Debakel ohnehin nicht
anfangen. «Wir hatten uns schon auf eine Nach-Ullrich-Ära
eingestellt», sagt Sprecher Frommert. Dabei sollen zunächst nicht auf
Biegen und Brechen neue Sympathieträger als Ullrich-Ersatz aufgebaut
werden. «Wir wollen die ganze Bandbreite darstellen.» Wie Konkurrent
Gerolsteiner setzt T-Mobile auf eine neue Generation. Zu ihnen zählen
laut Frommert Patrik Sinkewitz, Michael Rogers und Andreas Klöden
oder Gerolsteiner-Profis wie der aktuelle Tour-Neunte Markus Fothen
und Fabian Wegmann.
Doch die Geduld mit dem krisengeschüttelten Radsport ist bei T-
Mobile nicht unendlich. «Sollten wir merken, dass sich in der
nächsten Zeit an den Strukturen nichts ändert, würden wir unser
Engagement überdenken», sagt Frommert. Sofort nach der Tour will T-
Mobile ein «Netzwerk» für eine Erneuerung knüpfen. Die bisher auf
jährlich rund 12 Millionen Euro geschätzte Unterstützung für das Team
von Olaf Ludwig läuft zunächst bis 2008. Aber so lange will T-Mobile
mit einem einschneidenden Kurswechsel nicht warten.
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