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Meyers Großes Taschenlexikon in 24 Bänden plus CD-ROM
ISBN 3-411-11009-0
149,00 € [D]

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Notstand

Notstand,

Inhaltsverzeichnis

allgemein: ein Zustand unmittelbarer Gefahr für rechtlich ...

1) allgemein: ein Zustand unmittelbarer Gefahr für rechtlich geschützte Interessen, der nur durch Verletzung eines fremden Rechtsguts abgewendet werden kann.

öffentliches Recht: polizeilicher Notstand, eine Lage, in ...

2) öffentliches Recht: polizeilicher Notstand, eine Lage, in der eine eingetretene oder unmittelbar bevorstehende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung nur durch Maßnahmen gegen einen Unbeteiligten (Nichtstörer) beseitigt werden kann. Die Maßnahmen müssen sich auf das unumgängliche Maß beschränken. Der Betroffene kann eine Entschädigung für seine Nachteile und Aufwendungen verlangen.

Staatsrecht: Notstandsverfassung.

3) Staatsrecht: Notstandsverfassung.

Strafrecht: ein zur Straflosigkeit führender Rechtfertigungs- oder ...

4) Strafrecht: ein zur Straflosigkeit führender Rechtfertigungs- oder Schuldausschließungsgrund für eine an sich strafbare Handlung. Unterschieden wird zwischen rechtfertigendem und entschuldigendem Notstand. Beiden gemeinsam ist, dass die Tat zur Abwehr einer gegenwärtigen, nicht anders abwendbaren Gefahr für Leben, Leib oder Freiheit der eigenen oder einer anderen Person erfolgt. Beim rechtfertigenden Notstand (§ 34 StGB) ist auch jedes andere Rechtsgut (besonders Ehre, Eigentum) geschützt, jedoch muss bei angemessenem Mittel das geschützte Rechtsgut gegenüber dem beeinträchtigten wesentlich überwiegen, z. B. Verletzung der Schweigepflicht des Arztes (§ 203 StGB), um andere vor Ansteckung zu warnen. Beim entschuldigenden Notstand (§ 35 StGB) bleibt der Täter – trotz vorliegender Rechtswidrigkeit der Tat – straflos, wenn ihm nicht zugemutet werden konnte, die Gefahr hinzunehmen. Nimmt der Täter irrig Umstände eines Notstands an (Putativnotstand), wird er nur dann bestraft, wenn er den Irrtum vermeiden konnte. Ein übergesetzlicher Notstand, bei dem die gesetzlich normierten Rechtfertigungs- beziehungsweise Schuldausschließungsgründe des Notstands nicht vorliegen, aber gleichwohl die »Nachsicht des Rechts« vom Täter gefordert wird, wird von der Rechtsprechung nicht, von der Wissenschaft nur zum Teil anerkannt. Ein eigenes Problem bildet der »Befehlsnotstand« von Soldaten im Spannungsfeld zwischen Gewissen und Gehorsamspflicht.

Zivilrecht: eine Zwangslage, bei der zur Abwendung ...

5) Zivilrecht: eine Zwangslage, bei der zur Abwendung einer drohenden Gefahr folgende Einwirkungen zulässig sind: 1) auf fremde Sachen, von denen keine Gefahr ausgeht (aggressiver Notstand, § 904 BGB; z. B. Benutzung eines fremden Kahns zur Rettung eines Ertrinkenden), 2) gegen die eine Zwangslage verursachenden Sachen (Sachwehr, defensiver Notstand, § 228 BGB; z. B. Verwendung eines fremden Gegenstandes, um sich gegen einen angreifenden Hund zu wehren). – Zivilrechtliche Notstandshandlungen sind nicht rechtswidrig. Der Schaden muss in angemessenem Verhältnis zum geschützten Rechtsgut stehen; der Eigentümer der fremden Sache ist in der Regel zu entschädigen. – Ähnliche Vorschriften bestehen in Österreich und in der Schweiz.

Weiterführende Artikel aus dem Archiv der Wochenzeitung DIE ZEIT

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