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NPD verhindert Konzert

Im September kam mir nach einer Lesung in Halle die Idee, Konstantin Wecker zu fragen, ob wir, wenn wir das nächste Mal ein Vorprogramm bei ihm spielen, auf die Situation von politisch engagierten Jugendhäusern und Antifa aufmerksam machen könnten, die in manchen Gegenden die letzte Anlaufstelle gegen ein zunehmendes rechtsradikales Potential bilden, deren Arbeit aber durch Anfeindungen der Behörden und bürgerlicher Kreise vielerorts gefährdet und sehr mühselig ist. Konstantin Wecker reagierte sofort: ich solle ihm doch ein paar der Krisengegenden nennen und dann könnten wir dort zugunsten der betreffenden Einrichtungen spielen. So fassten wir den Plan, im März 2006 Konzerte in Hoyerswerda, Neustadt an der Orla, Halberstadt und Schwerin zu spielen. Das Motto sollte klar benannt sein: „Nazis, raus aus unserer Stadt“ – eine kleine Antifa-Tour. Erste Schwierigkeiten traten in Hoyerswerda auf: der Leiter der „Kulturfabrik“, ein Mann, der sich immerhin verantwortlich zeigt für Liedermacherförderung, erklärte gegenüber Konstantin Weckers Management, unter dem Motto könne er keine Veranstaltung zulassen, da es in Hoyerswerda gar keine Nazis mehr gäbe. Die Stadt hätte so viel gegen sie unternommen – nun seien keine mehr da, daher sei auch das Motto der Veranstaltung komplett deplaziert. Auf einen Kompromissversuch, die Veranstaltung mit „Nazis, raus aus unseren Köpfen“ zu betiteln, reagierte er mit der Behauptung, sie seien auch nicht mehr in den Köpfen. Mein darauf folgender Versuch, einen geeigneten anderen Veranstaltungsort in Hoyerswerda zu finden, scheiterte leider, so dass wir schweren Herzens beschlossen, den Termin in Sachsen fallen zu lassen – obwohl gerade dort nach meiner Erfahrung Handlungsbedarf besteht. Als Ersatztermin wurde das Offi in Bad Freienwalde / Brandenburg gefunden.

 

Einige Zeit später traten erste Probleme in Halberstadt auf. Auch dort, wo wir zugunsten der Zora e.V. spielen wollten, einem durch rechtsradikale Attacken schon schwer getroffenen Jugendclub, verlangte plötzlich der Landkreis, dass wir das Motto „Nazis, raus aus unserer Stadt“ auf Plakaten und Eintrittskarten schwärzen sollten. Begründung: die Veranstaltung fände in einem Gymnasium statt und zu Zeiten der Landtagswahl seien politische Aussagen in öffentlichen Gebäuden nicht zulässig. Konstantin Wecker erklärte, er werde sich nicht selbst zensieren, das Motto bleibe – woraufhin sich, auch durch das besondere Engagement eines Landrats, der Landkreis doch noch einverstanden erklärte. Dann trat plötzlich die NPD ins Spiel, die mit Protesten und Aktionen gegen die Veranstaltung drohte, notfalls mit der Klage vor Gericht, um in öffentlichen Räumen ähnliche Veranstaltung durchführen zu können. Damit wurde die Genehmigung durch den Landkreis wieder zurückgezogen. Die Zora e.V. fand nun einen Privatveranstalter, das örtliche Sportzentrum, das durch Mithilfe des Landrates und private Sponsoren bezahlbar wurde – der aber aufgrund der Drohungen der NPD sich ebenfalls wieder zurückzog. Auch auf ihrer Internetseite äußerte sich die NPD mit einer unverschämten Siegessicherheit gegen das Konzert und drohte kaum verschlüsselt mit Randalen. Zu diesem Zeitpunkt telefonierte ich mit verschiedenen Leuten in Halberstadt. Mein Bemühen, vielleicht einen Industriellen zu finden, der uns seine Betriebsräume zur Verfügung stellte, schlug fehl. Von Seiten der örtlichen Zeitung bekamen wir Rückenwind, die Feigheit der Stadt wurde dort angeprangert. In meinem Gespräch mit dem stellvertretenden Bürgermeister Hase, äußerte der sein Bedauern darüber, dass die Veranstaltung nun nicht möglich sei, ich müsse aber die Verantwortung der Stadt für die Sicherheit ihrer Bürger bedenken, außerdem sei ja die NPD eine demokratische Partei und dann bat er mich auch um Verständnis dafür, dass die Stadt und ihre Bürger sich nicht „von einem Konzert vergewaltigen lassen wollten“. Auch eine zweite, durch den DGB organisierte Veranstaltung mit dem Kabarettisten Sedan Semunco (Hitler Kebap) sollte aufgrund der NPD-Proteste ausfallen. (Mittlerweile gab es dort den Kompromiss, dass Herr Semuncu zwar auftritt, aber nur vor geladenen Gästen).

 

Der letzte Versuch, im Halberstädter Theater auftreten zu können, scheiterte letztlich an den Kosten – man hätte, damit bei den ohnehin hohen Unkosten für das Konzert und den Theaterbetrieb, noch etwas für die Zora übrig bleibt, die Eintrittspreise auf das doppelte (20.- Euro) erhöhen müssen und das hätte der Idee widersprochen, ein billiges, für jeden mögliches Konzert gegen Rechts veranstalten zu können.

 

So wurde das Konzert in Halberstadt abgesagt. Ersatzweise spielen wir für die JG Stadtmitte in Jena, im Anger-Gymnasium.

Es ist sehr traurig und bedenklich, dass in manchen Orten die NPD nur mit dem Zaunpfahl winken muß, damit ihr Wille geschehe. Es spricht auch gegen die Zivilcourage der örtlichen Politiker. In einem demokratischen Staat muß jederzeit möglich sein, ein Konzert oder eine kulturelle Veranstaltung gegen verfassungsfeindliche Gruppierungen zu machen. Und Nazis – so lehrt die Geschichte – sind ja nicht gerade eine humanitäre, demokratische Gruppe.

Wir werden uns von der NPD natürlich keinen Maulkorb anlegen lassen. Es ist geplant, im Sommer in Halberstadt ein großes Open-Air zu spielen, mit Konstantin Wecker, mit Strom & Wasser, zugunsten der Zora und unter dem Motto „Nazis, raus aus unserer Stadt“.

 

Heinz Ratz und Konstantin Wecker

 

Foto: Thomas Karsten

 

hier gibt es noch ein Radiointerview mit Heinz Ratz

hier mit Konstantin Wecker





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